War die Entscheidung für Gorleben als einziges Endlager in Ordnung? Bei der Vernehmung von Dr. Heinrich Getz durch den Ersten Untersuchungsausschuss des Bundestags am Donnerstag gab es Erinnerungslücken und ein rechtliches Eingeständnis: Die Bürger hätten beteiligt werden müssen.
Der Gorleben-Untersuchungsausschuss prüft, ob es bei der Entscheidung der Bundesregierung aus dem Jahr 1983, sich bei der Suche nach einem Endlager für radioaktiven Abfall auf den Standort Gorleben zu beschränken, zu Einflussnahmen auf die untersuchenden Wissenschaftler gekommen ist.
Bei der Vernehmung stand die Frage im Vordergrund, wie die Entscheidung zustande gekommen war, den Salzstock nicht nach Atomrecht, sondern nach Bergrecht zu untersuchen. Bei einem atomrechtlichen Vorgehen wäre– im Gegensatz zum Bergrecht – ein Planfeststellungsverfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit notwendig.
Heinrich Getz arbeitete von 1979 bis 1982 als Referatsleiter im Bundesinnenministerium und war für Atomgesetze zuständig. Zuerst äußerte er, dass die anfängliche Erkundung über die Anfertigung von Schächten nach Bergrecht rechtlich zulässig gewesen sei. "Ich bin immer der Meinung gewesen, dass ein atomrechtliches Verfahren angewandt wird, wenn es sich um atomares Material handelt", sagte er. "Bei einem Schacht handelt es sich um ein bergrechtliches Verfahren, es entsteht ja kein neues Verfahren." Spätere Fragen der Lagerung würden dann ein viel strengeres Verfahren erfordern.
"Wenn Sie mich zitieren, dass ich meine Meinung geändert habe, wird das wohl stimmen"
Abgeordnete aus den Fraktionen der SPD, der Grünen und der Linken hielten indes im Verlauf der Vernehmung dem ehemaligen Referatsleiter Vermerke vor, aus denen andere Positionen hervorgehen. Ein Vermerk vom Juni 1981 besage, dass das Referat von Getz sich durch die Rechtsauffassung eines beauftragten Gutachters bestätigt sehe, wonach schon das Anlegen der Schächte ein atomrechtliches Verfahren erfordern würde.
Ein wenige Tage später angefertigter Vermerk weise darauf hin, dass der Getz vorsitzende Unterabteilungsleiter gefordert habe, die Rechtsmeinung des Gutachters nicht nach außen zu kommunizieren.
"Ich kann mich nicht erinnern", sagte Getz, "wenn Sie mich zitieren, dass ich meine Meinung geändert habe, wird das wohl stimmen". Auf die Frage, ob es doch eines Planfeststellungsverfahrens für Gorleben bedurft habe, antwortete Getz: "Ja. Ich bedaure, dass man meiner Rechtsauffassung nicht gefolgt ist." Allerdings habe es zum Zeitpunkt dieser Debatte keine Schächte gegeben, "da war das Atomrecht abstrakt"; die Größe der Schächte und ihre mögliche Nutzung für die Lagerung scheinen hierbei eine Rolle zu spielen.
Rivalität zwischen BMI und dem Wirtschaftsministierum
Getz berichtete, dass bei der Frage der friedlichen Nutzung von Kernenergie traditionell eine Rivalität zwischen dem Innen- und dem Wirtschaftsministerium herrsche. Das BMI habe sich immer auf seine Zuständigkeit für die Reaktorsicherheit berufen. "Wir verspürten vom Bundeswirtschaftsministerium immer den Druck, beim Erkundungsverfahren keine Probleme zu machen", sagte er. "
Offenen Streit gab es aber nicht, ich kann mich an keinen Problemfall erinnern." Er würde sich erinnern, wenn Druck ausgeübt worden wäre, den er nicht billigen würde. "Mir ist nicht bekannt, dass ein solcher Zeitdruck herrschte."
Zur Beteiligung der Öffentlichkeit sagte Getz, die Exekutive habe viel Arbeit hierfür geleistet. "Es wurde viel Mühe aufgebracht, um in Gorleben zu überzeugen." Auch habe er mit dem Regierungswechsel 1982 vom Kabinett Helmut Schmidts (SPD) hin zur Regierung Helmut Kohl (CDU) keinerlei Bruch in seiner Arbeit empfunden.
pl/LTO-Redaktion
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Ex-Referatsleiter im BMI zu Gorleben als Endlager: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3266 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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