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Einigung in Kündigungsprozess vorm ArbG Heidelberg: Scho­ko­laden-Streit endet mit Ver­g­leich

26.07.2017

Hand mit Tafel Schokolade (Symbolbild)

© NorGal - stock.adobe.com

Nach mehr als 30 Dienstjahren wurde einer Heilerziehungspflegerin fristlos gekündigt - es geht unter anderem um Schokolade und eine Waschmaschine. Am Mittwoch einigte man sich nun vor dem Arbeitsgericht.

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Der Prozess um die Kündigung einer Heilerziehungspflegerin ist mit einem Vergleich zu Ende gegangen. Dabei behält die klagende Frau zwar ihre Stelle, die Kündigung wird in eine Abmahnung umgewandelt. Doch die Vorwürfe der Gegenseite, sie habe gegen die Hausordnung verstoßen, stehen weiter im Raum.

Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Mannheim ging es am Mittwoch unter anderem um den Verzehr einer Schokolade und die private Nutzung einer Dienstwaschmaschine. Dies waren die Hauptanschuldigungen gegen die Pflegerin, weswegen sie im Februar von einem Tag auf den anderen gehen musste. Der Arbeitgeber, eine Hilfseinrichtung, die unter anderem behinderte Kinder betreut, hatte der Frau nach mehr als 30 Arbeitsjahren im selben Betrieb in Neckargemünd fristlos gekündigt - wegen wiederholten Diebstahl s und mehrerer Verstöße gegen die Hausordnung.

In dem Fall ging es auch um das Schicksal einer Tasche: Diese soll einer Kollegin gehört haben, von der klagenden Frau aber an die Kindern gegeben worden sein. Der Kündigung ging keine Abmahnung voran und auch der Betriebsrat sprach sich gegen eine solche aus.

Kündigung in Abmahnung umgewandelt

Zwei konkrete Vorwürfe des Arbeitgebers ließ Richter Daniel Obst nicht gelten: Eine private Nutzung der Dienstwaschmaschine sei nicht ausdrücklich verboten gewesen und der Verbleib der Zehn-Euro-Tasche könne nicht aufgeklärt werden. Blieb noch die Anschuldigung, dass die Frau die Schokolade einer Kollegin im Wert von mehr als zwei Euro aufgegessen haben soll

Die Tafel sei zwar ersetzt worden, so der Richter. "Eigentumsbruch ist aber nicht lustig." Deswegen legte er den Parteien einen Vergleich nahe: Die fristlose Kündigung wird in eine Abmahnung umgewandelt, die Frau behält dafür ihre Stelle. Beide Seiten stimmten nach einer Beratung zu.

"Wir wollen der Frau nicht schaden", hatte Sprecher Nils Birschmann vom Arbeitgeber, der SRH-Gruppe, vor der Verhandlung gesagt. Es gehe nicht um eine Tafel Schokolade, sondern um die Vorbildfunktion für die teilweise behinderten Kinder in der Hilfseinrichtung. Gegen diese habe die zunächst gekündigte Mitarbeiterin ebenso verstoßen wie gegen die Hausordnung. Nun kehrt die 64-Jährige an ihren Arbeitsplatz zurück. "Erhobenen Hauptes", sagt sie, "ich habe nichts gemacht."

Schon am Donnerstag wird ein ähnlicher Fall verhandelt, vor dem gleichen Gericht. Dabei hat ein örtlicher Verlag einer Redakteurin fristlos gekündigt, weil die Frau Privatpost als Dienstpost ausgegeben und verschickt hatte. Dagegen wehrt sich die Journalistin, die etwa zehn Jahre lang bei dem Verlag tätig war. Dem Vernehmen nach geht es um die Portokosten. Die Höhe: 3,70 Euro.

Erinnerung an Fall "Emmely"

Arbeitsgerichtsprozesse um vermeintliche Verstöße mit geringem Wert hatten in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Besonders bekannt wurde die Berliner Kassiererin "Emmely", die 2008 wegen zweier liegengebliebener Pfandmarken im Wert von 1,30 Euro fristlos gekündigt wurde. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte die Kündigung später für unrechtmäßig.

"Das könnte man auch anders machen, zum Beispiel bei geringer Höhe mit einer Abmahnung beginnen", sagt Arbeitsrechtlerin Marta Böning vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin über Kündigungen in Bagatellfällen. "Nicht jeder, der eine Heftklammer aus dem Büro mitnimmt, wird gekündigt. Im schlechtesten Fall kann das aber zum Anlass genommen werden, gegen einen Beschäftigten vorzugehen, den der Arbeitgeber sowieso schon 'auf dem Kieker' hat."

dpa/mam/LTO-Redaktion

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Einigung in Kündigungsprozess vorm ArbG Heidelberg: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23641 (abgerufen am: 08.11.2025 )

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