Der in KfW-Darlehensverträgen vereinbarte Auszahlungsabschlag ist unwirksam, wenn der Kredit nach dem 11. Juni 2010 einem Verbraucher gewährt wurde. Das entschied der BGH am Dienstag. Und enttäuschte damit Darlehensnehmer mit älteren Verträgen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am Dienstag mit der Zulässigkeit von Abschlägen bei der Auszahlung von Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) befasst. Die beklagten Banken behielten im Rahmen von Darlehen, die sie den klagenden Kreditnehmern aus Fördermitteln der KfW gewährten, einen Auszahlungsabschlag in Höhe von vier Prozent des jeweiligen Darlehensnennbetrages ein. Zur Refinanzierung hatten die Banken mit der KfW jeweils Darlehensverträge abgeschlossen, die ebenfalls Auszahlungsabschläge in Höhe von vier Prozent des Nennbetrages zugunsten der KfW vorsahen.
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat auf die Revision eines Kreditnehmers die Sache an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Es soll festestellen, ob der nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossene Darlehensvertrag ein Verbraucherdarlehen oder aber ein Förderdarlehen für gewerbliche Zwecke* betrifft.
Wäre das - nicht grundpfandrechtlich besicherte - Darlehen als Verbraucherdarlehen zu qualifizieren*, wäre die zwischen der beklagten Bank und dem Darlehensnehmer vereinbarte Abschlagsklausel unwirsam, so der BGH. Sie weicht nämlich zum Nachteil des Verbrauchers von der am 11. Juni 2010 in Kraft getretenen Regelung des § 502 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ab, nach der die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Kredits nicht höher sein darf als 1 Prozent des vorzeitig zurück gezahlten Betrags (BGH, Urt. v. 16.02.2016, Az. XI ZR 96/15).
Verträge vor 2010: Klausel benachteiligt nicht unangemessen
Das gilt aber nur für nach dem 11. Juni 2010 abgeschlossene Kreditverträge über aus Fördermitteln der KfW gewährte Darlehen. Die Revisionen dreier anderer Kreditnehmer gegen ihre Banken wies der BGH zurück, ihnen steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Auszahlungsbetrags zu. Die Klausel in dem Kreditvertrag, den sie mit ihrer jeweiligen Bank abgeschlossen hatten, sei wirksam, so der BGH (Urt. v. 16.02.2016, Az. XI ZR 454/14, XI ZR 63/15, XI ZR 73/15).
Die Vorschrift des § 592 BGB in der ab dem 11. Juni 2010 geltenden Fassung findet auf vor diesem Datum abgeschlossene Verträge keine Anwendung. Andere Gründe, warum die Vereinbarung im Vertrag zwischen Kreditinstitut und Kreditnehmer unwirksam sein sollte, sehen die Karlsruher Richter nicht. Die umstrittene Klausel lautete: "Es wird ein Disagio (Abzug vom Nennbetrag des Kredits) von 4,00 v.H. erhoben. Dieses umfasst eine Risikoprämie von 2,0 v.H. für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung d. Kredits während d. Zinsfestschreibung u. 2,0 % Bearbeitungsgebühr."
Die Risikoprämie unterstellt der Senat schon nicht der AGB-rechtlichen Kontrolle, da sie als Ausgleich für die Möglichkeit des Darlehensnehmers, ohne Vorfälligkeitsentschädigung jederzeit das Darlehen abzulösen, eine zusätzliche Leistung der Bank darstelle.
Die Bearbeitungsgebühr hingegen unterliege zwar der AGB-Kontrolle, halte ihr aber auch stand. Der bepreiste Aufwand diene der Beschaffung des Förderdarlehens und entstehe damit bei der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch das Kreditinstitut. "Dass dieser Aufwand nicht unmittelbar bei dem beklagten Kreditinstitut entstanden ist, sondern von diesem einem Dritten, hier der KfW, zu erstatten ist, ändert an der Kontrollfähigkeit der Klausel nichts", so der BGH.
Diese benachteilige Verbraucher aber nicht unangemessen, weil das Bearbeitungsentgelt Teil der vorgegebenen Förderbedingungen ist. Der Senat stellt ab auf die mit diesen verfolgten Förderungszwecke. Die KfW als staatliche Förderbank im Besitz von Bund und Ländern unterstützt Privatpersonen und Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten. In den wirtschaftlichen Vorteilen solcher Förderdarlehen gegenüber Krediten zu Marktbedingungen geht eine nach den Förderbedingungen zu erhebende, laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr nach Ansicht des Sentas auf.
*Abgrenzung Verbraucherdarlehen und Förderkredit sowie die Information, dass das Darlehen nicht durch eine Grundschuld gesichert war, zur Klarstellung eingefügt am 17.02.2016, 15:04 Uhr. (pl)
Pia Lorenz, BGH zum Auszahlungsabschlag bei KfW-Darlehen: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18479 (abgerufen am: 09.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag