Druckversion
Samstag, 10.06.2023, 03:27 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bfh-urteil-ir2419-steuerliche-abzugefaehigkeit-verluste-turbo-bull-zertifikate-knock-out-fg-berlin-brandenburg-10k1023516/
Fenster schließen
Artikel drucken
48828

BFH-Urteil zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Verlusten: Knock-out-Zer­ti­fi­kate sind keine Ter­min­ge­schäfte

23.06.2022

BFH

Verluste mit Knock-Out-Zertifikaten können steuerlich voll geltend gemacht werden, so der BFH. Bild: nmann77 | stock.adobe.com

Verluste aus Investitionen in "Unlimited Turbo Bull"-Zertifikate unterfallen nicht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot für Termingeschäfte und sind steuerlich voll abzugsfähig. Zu dieser Entscheidung gelangte der BFH.

Anzeige

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich im Zuge der Revisionen der Klägerin und des Beklagten gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.02.2019, Az. 10 K 10235/16) mit der steuerrechtlichen Klassifizierung von Knock-Out-Zertifikaten, konkret mit der Variante "Unlimited Turbo Bull", befasst. Diese Zertifikate bieten Anlegern eine Möglichkeit, mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz überproportional an der Kursentwicklung eines zugrunde liegenden Basiswerts teilzuhaben.

Nach Einschätzung des Gerichts handelt es sich dabei nicht um Termingeschäfte mit der Folge, dass etwaige Verluste steuerlich voll abziehbar sind und nicht unter das Ausgleichs- und Abzugsverbot für Termingeschäfte fallen (Urt. v. 08.12.2021, Az. I R 24/19). § 15 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sieht vor, dass Verluste aus Termingeschäften grundsätzlich einem Ausgleichs- und Abzugsverbot unterliegen und nur eingeschränkt mit Gewinnen aus vergleichbaren Geschäften verrechnet werden können.

Knock-Out-Zertifikate sind Schuldverschreibungen

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Klage einer GmbH, die bei Investitionen in Turbo-Bull-Zertifikate erhebliche Verluste erlitten und realisiert hatte. Das zuständige Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zertifikatsverluste dem Ausgleichs- und Abzugsverbot unterliegen. Das FG hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben, soweit sie die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG betraf. Hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Gebühren für die verbindliche Auskunft blieb die Klage ohne Erfolg.

Der I. Senat des BFH argumentierte nun, dass die Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG entscheidend davon abhänge, ob ein Termingeschäft vorliege. Dieses sei vom sogenannten Kassageschäft abzugrenzen, bei dem der Leistungsaustausch sofort oder innerhalb einer kurzen Frist zu vollziehen sei. Bei Knock-Out-Produkten in Form von Zertifikaten handelt es sich nach Ansicht des BFH aber um gewöhnliche Schuldverschreibungen, die im Streitfall Zug um Zug gegen Bezahlung übertragen worden seien. An dem für ein Termingeschäft typischen Hinausschieben des Erfüllungszeitpunkts habe es gefehlt.

Die Gebühren für eine verbindliche Auskunft unterfallen als Kosten dem Abzugsverbot nach § 10 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG, wenn diese bei abstrakter Betrachtung auf eine der in § 10 Nr. 2 Halbsatz 1 KStG genannten Steuern entfallen, so das Gericht weiter.

Die Revisionen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des FG wurden als unbegründet zurückgewiesen.

sts/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BFH-Urteil zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Verlusten: Knock-out-Zertifikate sind keine Termingeschäfte . In: Legal Tribune Online, 23.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48828/ (abgerufen am: 10.06.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Steuerrecht
    • Bank- und Kapitalmarktrecht
    • Aktien
    • Börse
    • Bundesfinanzhof (BFH)
  • Gerichte
    • Bundesfinanzhof (BFH)
    • Finanzgericht Berlin-Brandenburg
17.01.2023
Solidaritätszuschlag

Bundesfinanzministerium erscheint nicht zur Verhandlung:

Keiner ver­tei­digt den Soli

Der Prozess vor dem Bundesfinanzhof über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags geriet zu einer überaus einseitigen Veranstaltung. Befürworter der Abgabe waren nicht zu hören, dafür sorgte Bundesfinanzminister Lindner.

Artikel lesen
16.01.2023
Solidaritätszuschlag

Bundesfinanzhof verhandelt über Solidaritätszuschlag:

Ist der Rei­chen-Soli ver­fas­sungs­widrig?

Er war 1991 zur Abfederung der Wiedervereinigung gedacht. Doch auch heute gibt es ihn noch. Inzwischen ist der Solidaritätszuschlag aber zur Reichenabgabe geworden. Über seine Verfassungsmäßigkeit verhandelt morgen der Bundesfinanzhof.

Artikel lesen
09.06.2023
Abfindung

Keine Einigung im Millionenstreit "Springer vs. Reichelt":

Sch­lechte Karten für Axel Springer

Der Springer-Verlag will zwei Millionen Euro Abfindung von seinem ehemaligen Chefredakteur Reichelt zurückerhalten, weil er vertrauliche Nachrichten weitergegeben habe. Nach einem gerichtlichen Sieg des Verlages sieht es nicht aus.  

Artikel lesen
09.06.2023
Trump (Donald)

Affäre um geheime Regierungsdokumente:

Trump nun auch vor Bun­des­ge­richt ange­klagt

Donald Trump muss sich ein weiteres Mal strafrechtlich verantworten. Er soll geheime Dokumente aus seiner Präsidentschaft später in seinem Privatanwesen gelagert haben. Die Anklage eines Ex-Präsidenten auf Bundesebene ist historisch.

Artikel lesen
08.06.2023
Medien

Schertz Bergmann übernimmt Vertretung:

Till Lin­de­mann geht in den Angriffs­modus über

Mehrere Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann. Es geht um K.O.-Tropfen, Alkohol und sexuelle Handlungen. Der Sänger kündigt nun mit Schertz Bergmann Rechtsanwälten rechtliche Schritte wegen der Vorwürfe an.

Artikel lesen
07.06.2023
Diskriminierung

Diskriminierungsvorwurf in München:

Jura­fa­kultät der LMU dis­tan­ziert sich von Semina­ran­kün­di­gung

An der LMU sorgt eine Seminarankündigung zum Arbeitsrecht für Aufsehen. Die zu diskutierenden Rechtsfragen darin seien diskriminierend und herablassend formuliert worden. Nun distanziert sich das Professorium von den Passagen seines Kollegen.

Artikel lesen
TopJOBS
Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d) - Glo­bal Mar­kets

Ashurst , Frank­furt am Main

Se­nior Di­gi­tal Pro­duct Ma­na­ger - WKO (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Chief Pro­duct Ma­na­ger - di­gi­ta­les Pro­dukt­ma­na­ge­ment WKO (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

PRAK­TI­KAN­TEN (M/​W/​D) AR­QIS SUM­MER SCHOOL 2023

ARQIS , Düs­sel­dorf

Ju­rist als Di­gi­tal Con­tent Ma­na­ger / Re­dak­teur (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Stu­den­ti­sche Aus­hil­fen (w/m/d)

Johlke Niethammer & Partner , Ham­burg

Re­fe­ren­da­re (m/w/d) - Auf­sichts­recht

Ashurst , Frank­furt am Main

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d) - Auf­sichts­recht

Ashurst , Frank­furt am Main

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Health & Law: Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen

12.06.2023, Berlin

Out & About - Ein Event mit unserem LGBTQ+-Netzwerk in Berlin

29.06.2023, Berlin

DRAFTING INTERNATIONAL CONTRACTS – ONE-DAY CRASH COURSE

27.06.2023

Masterclass with Prof. Dr. Christine Eckert: Win-Win-Situation.

12.06.2023

mach-mIT 2023 | Agilität in depth

13.06.2023, Köln

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH