Das BKartA kommt nach vorläufiger Prüfung zu dem Ergebnis, dass Condor für ihr Langstreckenangebot ein Anspruch gegen die Lufthansa auf Zugang zu Zubringerflügen zusteht. Die Lufthansa würde die Kooperation gerne beenden.
Die Lufthansa ist dabei, sich neu auszurichten und will verstärkt auch im Markt für touristische Langstreckenflüge Fuß fassen. Dass man parallel Zubringerdienste für den Wettbewerber Condor leisten soll, passt nicht zum neuen strategischen Ansatz. Die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung (Special Prorate Agreement) hatte das Unternehmen daher sowohl für die Dachmarke Lufthansa, als auch für die beiden Konzerngesellschaften Austrian Airlines und Swiss Airlines bereits mit Wirkung zum 1. Juni 2021 gekündigt.
Gegen die Kündigung hat Condor Anfang Januar 2021 Beschwerde beim Bundeskartellamt (BKartA) eingelegt, das daraufhin ein Missbrauchsverfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 19 GWB, Art. 102 AEUV sowie wegen des Verdachts verbotenen Verhaltens gemäß § 20 Abs. 1 GWB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB gegen die Lufthansa einleitete. Nach der Intervention durch das BKartA setzte die Lufthansa die Kündigung, zeitlich bis zum 10. Mai 2022 befristet, aus.
Condor ist auf die Lufthansa angewiesen
Condor betreibt bislang kein eigenes Netzwerk aus Zubringerflügen. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen des BKartA sind an den zentralen Drehkreuzen für Langstreckenflüge auch keine geeigneten Slots verfügbar, mit denen Condor ein solches Netzwerk aufbauen könnte. Die Behörde sieht auch in der Bahn oder Fernbussen keine geeigneten Alternativen zur Anreise.
Andreas Mundt, Präsident des BKartA, zum aktuellen Stand des Prüfungsverfahrens: "Nach unserem vorläufigen Prüfungsergebnis ist die Lufthansa-Gruppe auf dem Zubringermarkt, der überwiegend deutsche Flughäfen mit dem Langstreckennetz von Condor verbindet, marktbeherrschend. Keine andere Fluggesellschaft kann über Einzelflüge hinaus eine Zubringung zu den bedeutenden deutschen Drehkreuzen Frankfurt, München und Düsseldorf anbieten. Damit unterfällt Lufthansa der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und unterliegt besonderen Pflichten. Wir haben Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Kündigung der Condor-Kooperation, soweit Lufthansa dadurch ihre Wettbewerberin auf den nachgelagerten Märkten für Langstreckenflüge unbillig behindert."
Lufthansa muss nach BKartA-Ansicht keine Nachteile fürchten
Nach vorläufiger Prüfung sieht das BKartA einen kartellrechtlichen Anspruch seitens Condor auf die Fortsetzung der Zubringerflüge durch die Lufthansa. Die von der Lufthansa vorangetriebene Neuausrichtung werde durch die in Aussicht gestellte Entscheidung nicht gefährdet, so die Behörde.
Dem Unternehmen bleibe es unbenommen, nach der Konsolidierung und teilweisen Neuausrichtung des eigenen Geschäfts mit kartellrechtskonformen Mitteln in den Leistungswettbewerb zu Condor zu treten.
Vor der endgültigen Entscheidung haben die beiden Fluggesellschaften Gelegenheit, zu den vorläufigen Ergebnissen des Verfahrens Stellung zu nehmen.
sts/LTO-Redaktion
BKartA sieht kartellrechtlichen Anspruch: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47462 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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