Christkind oder Weihnachtsmann, wer bringt die Geschenke? Gegen den fröhlichen älteren Herrn wird gern die Kommerzialisierung des Weihnachtsfests eingewandt, natürlich inklusive dessen Erfindung durch Coca Cola. Historisches und Urheberrechtliches für den Talk unter dem Tannenbaum liefert dazu Niklas Haberkamm.
Woher stammt eigentlich der Weihnachtsmann? Obwohl zu dieser Frage schon viel geschrieben wurde, ist sie nicht abschließend geklärt. Die Coca Company beansprucht in der diesbezüglichen Diskussion gerne das Recht für sich, den Weihnachtsmann erfunden zu haben. Genau das gibt dessen Kritikern oft die beste Munition, um gegen die Kommerzialisierung und für das Christkind zu argumentieren. Ohne in diese Diskussion eingreifen zu wollen: Das Coca Cola-Argument gegen den Weihnachtsmann greift zu kurz.
Richtig ist, dass Coca Cola die heutige Darstellung des Weihnachtsmanns im Jahr 1931 entscheidend mitgeprägt hat. Entworfen und gemalt hat den Weihnachtsmann mit weißem Bart, dickem Bauch, gutmütigem Blick und seiner typischen rot-weißen Kleidung damals ein Cartoonist namens Haddon Sundblom. Der Sohn skandinavischer Auswanderer tat dies auch tatsächlich im Auftrag von Coca Cola. Da kam die Farbwahl bei der Bekleidung wohl nicht von ungefähr.
Angeblich hat Coca Cola auch die weiteren Vorgaben gemacht, um einen gemütlichen älteren Herrn mit vergnügtem Lächeln, roten Wangen und einem wallendem Bart und Rentierschlitten zu erschaffen. In der Version des Getränkeherstellers erfüllte ein gewisser Lou Prentiss ganz wunderbar diese Voraussetzungen. Und zu allem Überfluss war er nicht nur mit Haddon Sundblom bekannt, sondern zudem tatsächlich auch noch als Coca-Cola-Lieferant ein Mitglied der Coca Cola-Familie. Fertig war das koffeinhaltige Weihnachtsmärchen.
Der Weihnachtsmann in der Zeit vor Coca Cola
Dass Cartoonist Sundblom die graphische Ausgestaltung des Weihnachtsmanns allein aufgrund der Vorgaben des Getränkeherstellers und des passenden Antlitzes sowie des Erscheinungsbildes des Coca-Cola-Lieferanten Lou Prentiss erschuf, wird man schon deshalb hinterfragen dürfen, weil Sundblom ein Kind skandinavischer Einwanderer war.
Schon weit bevor Sundblom das Licht der Welt erblickte, war in Skandinavien zur Weihnachtszeit die Vorstellung von einem alten, äußerst sympathischen Mann mit weißem Bart weit verbreitet, der mit einem Rentierschlitten und dickem Fellmantel inklusive Kapuze den Menschen Nüsse schenkte, um sie auf die Winterzeit vorzubereiten. Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass Haddon Sundblom diese Geschichte von seinen Eltern schon als Kind hörte.
Auch Coca-Cola-Lieferant Lou Prentiss hatte ganz offensichtlich bereits einen Doppelgänger vor seiner Zeit. In einem Weihnachtsgedicht von 1823 mit dem schönen Titel "Twas the Night before Christmas" ist die Rede von einem sympathischen, rundlichen Mann mit weißem Bart und rosigen Wangen. Sogar die Tätigkeit als Lieferant dieser beiden optischen Doppelgänger stimmt irgendwie zumindest entfernt überein: Während Lou Prentiss das beliebte, süßklebrige Gesöff zu den Leuten gebracht haben soll, erzählt das Gedicht davon, wie der optische Vorgänger mit seinem Rentierschlitten unterwegs ist und den Menschen durch den Kamin Geschenke bringt. Von wem genau dieses Gedicht stammt, ist umstritten, weil es anonym veröffentlicht wurde.
2/2: Urheberrechtliche Gedanken zum Weihnachtsmann
Aber wer ist eigentlich grundsätzlich der Urheber einer solch fiktiven Figur? Mal angenommen, der Verfasser des Gedichts sei bekannt und er hätte in seinem Gedicht alle wesentlichen Merkmale des aktuell wieder omnipräsenten Weihnachtsmanns aufgegriffen, dann wäre dieser wohl seine geistige Schöpfung. Und der Schreiber des lyrischen Werks wäre damit der Urheber des Weihnachtsmanns.
Nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs sind fiktive literarische Figuren immer dann urheberrechtlich geschützt, wenn ihr Schöpfer sie sowohl in Bezug auf ihr Äußeres als auch hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Charakterzüge, Fähigkeiten und Verhaltensweisen ausreichend konkretisiert hat und sie dadurch eine schützenswerte Eigenart innehaben (BGH, Urt. v. 17.07.02013, Az. I ZR 52/12).
Die Figur muss also der Phantasie des Urhebers entsprungen sowie ausreichend individuell sein und auch außerhalb der konkreten Geschichte eine charakteristische und unverwechselbare Persönlichkeit aufweisen, wie das Landgericht Köln bereits erstinstanzlich in dem vom Bundesgerichtshof später entschiedenen Rechtsstreit treffend festgestellt hatte (LG Köln, Urt. v. 10. August 2011, Az. 28 O 117/11; bestätigt auch zweitinstanzlich vom Oberlandesgericht Köln, Urt. vom 24. Februar 2012, Az. 6 U 176/11).
Und worum es Weihnachten wirklich geht
Dann könnte die graphische Umsetzung der literarischen oder lyrischen Weihnachtsmann-Vorlage womöglich sogar Urheberrechte verletzen. Nach den Vorgaben des BGH kann ein Urheberrechtsschutz der geschaffenen Weihnachtsmannfigur nämlich gerade auch außerhalb der eigentlich geschützten Geschichte als urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk bestehen. Dabei kommt es aber immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
In einer weihnachtlichen Urheberrechtsauseinandersetzung wäre also zu prüfen, inwieweit Coca Cola die tatsächlichen literarischen Vorgaben in der konkreten Umsetzung übernommen hat. Aber es gibt ja gar keine weihnachtliche Urheberrechtsauseinandersetzung. Schließlich ist Weihnachten das Fest der Liebe. Und da ist es letztlich wohl das Beste, dass sich die genauen Umstände des Einzelfalls weder in Bezug auf das Gedicht aus dem Jahr 1823 noch im Hinblick auf die Erzählvariante der Coca Cola Company klären lassen.
Der Autor Dr. Niklas Haberkamm, LL.M. oec. ist Partner der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum in Köln. Er ist spezialisiert auf das Urheber- und das Medienrecht, dort insbesondere auf das Reputationsmanagement sowie den Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Niklas Haberkamm, Der Weihnachtsmann und Coca Cola: Wer hat's erfunden? . In: Legal Tribune Online, 23.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14192/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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