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1658

OLG Braunschweig: Kassenärzte als Beauftragte im Sinne des § 299 StGB

von Dr. Volker Daum, Stefan Todt

06.10.2010

Aerzte im OP

© astoria - Fotolia.com

Staatsanwaltschaften ermitteln verstäkt wegen Bestechungsdelikten im Gesundheitssektor. Das OLG Braunschweig hat nun den möglichen Täterkreis erweitert.

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Das Gericht nutzte eine Nichtzulassungbeschwerde der Staatsanwaltschaft, um sich mit der umstrittenen Frage auseinander zu setzen, ob niedergelassene Vertragsärzte auf Grund ihres Rechtsverhältnisses zu den Krankenassen als Täter  dieser Vorschrift in Betracht kommen. Der Senat kommt zu der Auffassung, dass Kassenärzte durch ihre Verordnungsentscheidungen so maßgeblich auf die betrieblichen Entscheidungen der Krankenkassen Einfluss nehmen könnten, dass ihnen als Vertreter der Krankenkassen eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne der Untreue nach § 266 StGB zukomme. Sie seien damit auch als Beauftragte zumindest im Rahmen dieses Aufgabenfeldes zu sehen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.02.2010, Aktenzeichen Ws 17/10).

Das OLG Braunschweig hat mit dieser Entscheidung den bisherigen Anwendungsbereich des § 299 StGB erweitert. Dadurch erhöht sich für Kassenärzte und ihre Kooperationspartner in der Industrie das Risiko, sich strafbar zu machen . Schon jetzt gibt es zunehmend Ermittlungsverfahren in diesem Bereich. Die neue Rechtsprechung könnte zudem auch steuerliche Konsequenzen haben, da Zuwendungen, die unter dem Aspekt des § 299 StGB rechtswidrig sind, dem Betriebsausgabenabzugsverbot unterliegen.

Für die Gesundheitsindustrie sowie die Kassenärzte bedeutet der Beschluss des OLG Braunschweig insbesondere eine verstärkte Rechtsunsicherheit. Eine Strafbarkeit der Beteiligten hängt nun letztlich davon ab, ob eine Unrechtsvereinbarung zwischen den Beteiligten angenommen werden kann. Das ist im Einzelfall aber oft nur schwer zu entscheiden. Zwar behandeln die einschlägigen Industriekodices niedergelassene und angestellte Ärzte bereits gleich und legen insoweit die selben Beurteilungsmaßstäbe an. Jedoch besteht bei niedergelassenen Ärzten das Problem, dass sie in der Regel freiberuflich tätig sind und damit weder einen Arbeitgeber noch einen Dienstherren haben, der eine Genehmigung solcher Verträge ausstellen könnte.

Die Reaktion auf den Beschluss des OLG Braunschweigs sowohl von höchstrichterlicher Seite als auch seitens der Industrieverbände und der Vereinigungen der Ärzte bleibt abzuwarten.

Der Autor Dr. Volker Daum ist General Counsel, der Autor Stefan Todt Rechtsrefendar beim Pharma- und Medizinproduktekonzern B. Braun Melsungen.

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OLG Braunschweig: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1658 (abgerufen am: 13.05.2025 )

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