Die Sanktionen gegen den Iran wurden tatsächlich gelockert. Allerdings ist vor allem bei einem geschäftlichen Bezug zu den USA weiterhin große Vorsicht geboten. Einen Überblick über die Veränderungen gibt Ahmad Khonsari.
Der Iran habe seine Verpflichtungen erfüllt, teilte die internationale Atomenergie Organisation (IAEO) am 16. Januar 2016 mit. Und leitete damit an dem so genannten "Implementation Day" die erste Stufe des Abbaus von Sanktionen gegen den Iran ein.
Damit wurde ein Abkommen umgesetzt, das der Iran bereits im Juli 2014 mit den P5+1-Ländern (China, Frankreich, Russland, das Vereinigte Königreich, die USA und Deutschland) sowie der Europäischen Union vereinbart hatte. Es geht um den sogenannten "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA). Darin hatte sich Iran zu einer umfangreichen Begrenzung seiner Urananreicherung verpflichtet. Im Gegenzug sollen Sanktionen gegen den Iran schrittweise aufgehoben werden. Die Kontrolle obliegt der IAEO, einer unabhängigen Organisation unter dem Dach der Vereinten Nationen. Bei der Aufhebung der Sanktionen gibt es wesentliche Unterschiede auf der Ebene der EU und den USA.
Einbindung in den internationalen Zahlungsverkehr
Auf EU-Ebene betreffen die Änderungen die Aufhebung von personen- und sektorbezogenen Verboten. So gab es bisher in der EU Listen mit Namen von iranischen Banken, Einzelpersonen und Unternehmen, denen keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden durften. Von dieser Liste wurden nun viele Namen gestrichen.
Im Finanzsektor wurden die bisherigen Verbote für Geldtransfers von und nach Iran einschließlich der früheren Anzeige- und Genehmigungspflichten aufgehoben. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass iranische Banken, soweit sie von der EU-Liste gestrichen wurden, wieder in den internationalen Zahlungsverkehr eingebunden werden dürfen – eine essenzielle Voraussetzung für internationale Transaktionen. Auch die Finanzierung von Exporten und die Bereitstellung von Sicherheiten ist nun wieder möglich. Finanz- und Kreditinstitute der EU dürfen Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Iran gründen sowie Joint Ventures mit iranischen Instituten eingehen. Umgekehrt ist dies auch iranischen Instituten in der EU gestattet.
Im Bereich von Öl, Gas und Petrochemie sind die bisherigen Verbote für die Einfuhr und Beförderung von Erdöl und -gas und petrochemischen Erzeugnissen aufgehoben worden. Auch im Schiff- und Transportsektor sind Geschäftsaktivitäten nun zulässig, wie etwa die Zurverfügungstellung von Marineschlüsselausrüstung und Öltankern und damit in Zusammenhang stehende Serviceleistungen.
Des Weiteren sind nunmehr die Ein- und Ausfuhr von Gold, Edelmetallen und Diamanten sowie die Ausfuhr von Banknoten und Münzen an die iranische Zentralbank erlaubt.
Nuklearrelevante Güter weiter genehmigungspflichtig
Jedoch ist zu beachten, dass nicht alle EU-Sanktionen aufgehoben sind. So sind weiterhin Personen gelistet, denen keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Verbote im Zusammenhang mit Rüstungsgütern und Massenvernichtungswaffen sind unverändert in Kraft. Daher dürfen die in der "EU Common Military List und der Missiles Technology Control Regime List" näher spezifizierten Waffen, Rüstungsgüter und Technologie nicht in den Iran geliefert werden. Auch die von der EU im Zusammenhang mit der Menschenrechtssituation erlassene Verordnung bleibt unverändert. Diese sieht u.a. vor, dass die Gelder der dort genannten Personen eingefroren werden, diesen Personen keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen und die Lieferung der dort aufgeführten Ausrüstung, die zur internen Repression verwendet werden könnte, an Iran verboten ist.
Für Kauf und Verkauf, Lieferung, Weitergabe oder Ausfuhr bestimmter Güter und die Erbringung bestimmter damit in Zusammenhang stehender Dienstleistungen bestehen nun Genehmigungspflichten. Dies betrifft nuklearrelevante Güter, die von dem Internationalen Exportkontrollregime der Nuclear Suppliers Group erfasst sind, und die in Anhang II der EU-Verordnung 267/2012 gelisteten Güter. Weiterhin fallen unter die Genehmigungspflichten Software für die Unternehmensressourcenplanung zur Verwendung in der Nuklear- und militärischen Industrie sowie bestimmte Grafite, Rohmetalle und Metallhalberzeugnisse.
Darüber hinaus sind die Genehmigungspflichten nach der so genannten EU-Dual-Use-Verordnung 428/2009 zu beachten. Gemeint sind damit Güter, die doppelte Zwecke - zivile und militärische - haben können. Dies umfasst die dort in Anhang I gelisteten Güter, wie z.B. Schutzanzüge zur Abwehr bestimmter Materialien oder Ventile mit bestimmten Eigenschaften. Ferner sind gemäß Art. 4 dieser Verordnung nicht gelistete Güter im Falle von möglichen militärischen Endverwendungen und Verwendungen im Zusammenhang mit ABC-Waffen/Raketen genehmigungspflichtig.
2/2: US-Personen bleibt Iran-Geschäft verboten
Auf US-Ebene beschränken sich die Änderungen im ganz Wesentlichen auf die Aufhebung der extraterritorialen, Nicht-US-Personen betreffenden Sanktionen. Für US-Personen haben sich kaum Änderungen ergeben. Zu US-Personen zählen US-Bürger, US-Gesellschaften, dauerhaft in den USA lebende Personen und solche, die eine Aufenthaltsgenehmigung (green card) für die USA haben. Diesen ist im ganz Wesentlichen weiterhin verboten, Iran-Geschäft zu betreiben. Ausnahmen betreffen den Export von Flugzeugen für zivile Zwecke sowie den Import von bestimmten iranischen Waren.
Weitgehende Änderungen haben sich dagegen für Nicht-US-Personen ergeben, denen bisher ebenfalls geschäftliche Aktivitäten mit bestimmten Iranern und in bedeutenden Sektoren des iranischen Marktes untersagt waren. Dafür hatte die USA die Liste der Specially Designated Nationals and Blocked Persons (SDN List) eingeführt. Darauf waren die Personen und Unternehmen angegeben, mit denen Geschäfte generell untersagt waren. Infolge des Implementation Day sind über 400 Personen von der SDN List entfernt worden, mit denen Nicht-US-Personen nunmehr Geschäfte abschließen dürfen. Des Weiteren sind Verbote zur Erbringung von Dienstleistungen sowie zum Verkauf und zur Ausfuhr von Gütern im Finanz-, Banken-, Versicherung-, Schiff-, Öl- und Gassektor aufgehoben worden.
Keine Geschäfte in US-Dollar
Nichtsdestotrotz gilt es im US-Kontext zahlreiche weiter bestehende Restriktionen zu beachten. Hierzu gehört das Verbot des Re-Exports von US-Gütern aus einem Drittland in den Iran. Auch ist zu berücksichtigen, dass nicht sämtliche Personen von der SDN List entfernt worden sind. Mit diesen dürfen nach wie vor keine Geschäfte betrieben werden. Weiterhin sind im Iran-Geschäft internationale Zahlungstransaktionen in US-Dollar nicht möglich. Solche müssen durch US-Banken abgewickelt werden, die dies jedoch angesichts der primary sanctions zurückweisen werden. Geschäfte mit dem Iran sind daher in einer anderen Währung als US-Dollar abzuschließen.
Zudem dürfen Nicht-US-Personen in Iran-Geschäften nicht von US-Personen unterstützt werden, wenngleich einige Ausnahmen eingeführt worden sind. Dies ist z.B. relevant, wenn das betreffende Unternehmen US-Gesellschafter, -Personal oder -Subunternehmer hat.
Wer gleichwohl gegen die weiter bestehenden Verbote verstößt, muss mit harten Sanktionen rechnen: Der Verstoß kann u.a. zur Folge haben, dass die gegen diese Bestimmungen verstoßende Person nicht mehr zum US-Banken- und Finanzsektor zugelassen und auf die SDN List gesetzt wird.
Der im JCPOA angelegte sogenannte "snap back", ein unter bestimmten Voraussetzungen mögliches Wiederinkrafttreten von aufgehobenen Sanktionen, muss in den relevanten Verträgen berücksichtigt werden.
Während der Implementation Day in manchen Sektoren und für bestimmte Transaktionen Klarheit geschaffen hat, sind bei anderen Geschäftsvorfällen, insbesondere solche mit US-Bezug, nunmehr größere Herausforderungen zur Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Handlungen zu bewältigen. Insbesondere angesichts der in der Vergangenheit von US-Behörden verhängten empfindlichen Strafzahlungen bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang sich Großbanken und international tätige Kreditinstitute im Iran-Geschäft engagieren werden. So musste z.B. die Commerzbank eine Strafe von rund EUR 1,45 Milliarden wegen Sanktionsverstößen hinnehmen.
Der Autor Dr. Ahmad Khonsari ist Rechtsanwalt und Partner in der International Corporate Group von Watson Farley & Williams (WFW) in München. Aufgrund seiner iranischen Herkunft ist er mit Sprache, Menschen und Besonderheiten des Landes bestens vertraut. Er ist Leiter der Iran-Praxis von WFW und berät zusammen mit einem interdisziplinären, internationalen Team bei allen rechtlichen Fragestellungen des Iran-Geschäfts einschließlich Sanktionen, Eintritt in den iranischen Markt, Gesellschaftsgründungen, Joint Ventures und Finanzierungen.
Dr. Ahmad Khonsari, Lockerung von Sanktionen gegen den Iran: Teheran wir kommen . In: Legal Tribune Online, 08.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18380/ (abgerufen am: 27.04.2024 )
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