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Eheverträge: Freitag oder Samstag Sex?

Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz

24.06.2011

Szenen einer Ehe

© lunaundmo - Fotolia.com

So mancher Deutsche würde sich womöglich wünschen, den Ehepartner auf die Erfüllung "ehelicher Pflichten" festnageln zu können. Anders als amerikanische regeln deutsche Eheverträge aber meist nur, wem was bei einer Scheidung gehört. Zur Lebensgestaltung, zu der auch das bisschen Haushalt gehört, verlieren sie meist kein Wort. Völlig zu Unrecht, meint Herbert Grziwotz.

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Manfred hat im Internet gelesen, dass die Deutschen im Durchschnitt 2-3mal pro Woche Sex haben. Bei ihm ist – aus seiner Sicht leider – Weihnachten häufiger. Ihn tröstet auch der Umstand nicht, dass die Gerichte zwischenzeitlich davon ausgehen, dass eine harmonische Lebensgemeinschaft auch ohne aktives Sexualleben vorliegen kann (Oberlandesgericht Zweibrücken, Urt. v. 07.11.2008 – 2 UF 102/08).

Ihm ist die alte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 02.11.1966 – IV ZR 239/65) lieber, nach welcher der Geschlechtsverkehr, sofern nicht krankheitsbedingte Hinderungsgründe ("Ich habe Kopfweh") vorliegen, "in Zuneigung und Opferbereitschaft" zu gewähren ist, ohne "Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen". Jedenfalls soll es nicht genügen, dass "die Frau … die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt."

Seine Gattin Frauke ist sauer, weil sich ihr Mann außer durch das Holen der Bierflasche aus dem Keller bei einem Fußballspiel in die "Kleinigkeiten" des Haushalts nicht einmischt. Auch die Betreuung der beiden Kinder ist weitgehend ihre Sache. Ins Theater geht Manfred mit ihr nicht, da samstagabends immer die Sportschau kommt. Solange sich dieser Zustand nicht ändert, hat sie wenig Lust auf andere Aktivitäten.

Ehevertrag nur für die Zeit nach der Ehe

Manfred und Frauke erinnern sich, dass sie doch vor der Ehe auf Anraten von Manfreds Mutter einen Ehevertrag abgeschlossen haben. Sie sehen beide – heimlich und getrennt – in ihm nach. Darin steht, wer was im Fall der Scheidung von den Vermögensgegenständen erhält beziehungsweise nicht bekommt. Auch die Zahlung nachehelichen Unterhalts ist auf bestimmte Fälle und der Höhe nach beschränkt. Schließlich wird die Durchführung des Versorgungsausgleichs auf Kindererziehungszeiten beschränkt.

Manfred schließt daraus messerscharf, dass dann die Haushaltsführung und Kinderbetreuung gewohnheitsrechtlich Frauensache sei. Frauke sieht das trotz der sogar historisch untermauerten Argumentation von Manfred nicht ein. Außerdem möchte sie wissen, wie viel Haushaltsgeld ihr Manfred geben müsse und wie hoch ihr Taschengeld zur freien Verfügung wäre.

Sie erinnert sich daran, einmal in einer Frauenzeitschrift von Eheverträgen prominenter Paare in den USA gelesen zu haben, in denen die gemeinsamen Angelegenheiten detailliert geregelt wurden. Dort wurden nicht nur allgemein die Erwerbs- und die Familienarbeit aufgeteilt, sondern auch das Reinigen der Wohnung, der Wäsche und des Geschirrs, das Kochen, Bügeln und Aufräumen und das Rasenmähen wochentäglich zugeordnet. Manfred hat nur noch im Gedächtnis, dass dort jeden Freitag Sex auf der Tagesordnung stand. Frauke weiß, dass dafür aber am Sonntag ein gemeinsamer Kulturabend angesagt war. Außerdem findet sie im Internet heraus, dass Jackie Onassis pro Monat "ehelicher Pflichterfüllung" mindestens eine Drittelmillion Dollar erhalten hat. Dafür wäre auch sie zu weiteren Konzessionen bereit.

Neue Inhalte für Eheverträge?

Der gemeinsame minderjährige Sohn hält den Hinweis seiner Mutter, dass er nicht nur sein Zimmer selbst aufräumen solle, sondern auch verpflichtet sei, im Haushalt Dienstleistungen zu erbringen (§ 1619 BGB), für einen Verstoß gegen die Charta der Kinderrechte. Sein Vater freut sich, dass über die Haushaltsmitarbeit von Ehemännern im BGB explizit nichts stünde.

Schon der Gedanke, diesbezügliche Vereinbarungen (ehe-) vertraglich zu treffen, verstieße gegen das Grundgesetz, da eine solche Vereinbarung in die persönliche Freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingriffe. Außerdem gelte seit jeher der Rechtsgrundsatz, dass sich der Richter um Kleinigkeiten nicht kümmere. Diese Regel würde durch entsprechende ehevertraglichen Vereinbarungen umgangen.

Außerdem könne es nicht angehen, dass er eine Putzfrau oder einen Putzmann bezahlen müsse, wenn er seine Haushaltsmitarbeit nicht ordnungsgemäß erfüllen würde. Schließlich sei er doch verheiratet, worauf ihn auch seine Mutter mehrfach hingewiesen habe.

Gegenseitiges kann sehr wohl auch vertragliches Einvernehmen sein

Ehegatten sind verpflichtet, die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln (§ 1356 Abs. 1 BGB). Das gilt in gleicher Weise für die weiteren Bereiche des Zusammenlebens wie die gemeinsame Wohnung, Urlaubsreisen und sonstige Freizeitaktivitäten, aber auch so gravierende Dinge wie die Erfüllung eines Kinderwunsches.

Die deutschen Juristen und Gerichte tun sich noch schwer damit, Vereinbarungen über solche für das Zusammenleben der Eheleute wichtigen Fragen Rechtsverbindlichkeit zuzubilligen, wenn sie beispielsweise zu Beginn der Ehe für das künftige gemeinsame Leben getroffen werden. Im Rahmen der sexuellen Aktivitäten mögen Verträge in der Tat eher "abtörnend" wirken - wobei auch das bei entsprechenden Gegenleistungen ein Ehepartner durchaus im Einzelfall anders sehen kann.

Bei der Haushaltsarbeit und der Familienplanung ist dies nicht einsichtig. Letztlich ist aber auch eine Vereinbarung über samstäglichen Sex besser als ein Ehevertrag mit einer schwangeren Frau, der einen Ausschluss des Zugewinnausgleichs, des nachehelichen Unterhalts und des Versorgungsausgleichs erhält.

Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel.

 

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Herbert Grziwotz, Eheverträge: Freitag oder Samstag Sex? . In: Legal Tribune Online, 24.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3574/ (abgerufen am: 30.06.2022 )

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