Donald Trump reagiert wütend auf Gerichtsentscheidungen gegen den Einreisestopp. Außerdem in der Presseschau: Die Ablehnung europäischer Bürgerinitiativen muss begründet werden und der Generalbundesanwalt bittet die Länder um Unterstützung.
Thema des Tages
USA – Einreisestopp: Der von Donald Trump verfügte Einreisestopp für Staatsangehörige von sieben islamischen Ländern bleibt ausgesetzt. Nachdem ein Bundesgericht das Dekret vorläufig außer Kraft gesetzt hat, hat auch das Berufungsgericht den Widerspruch der Regierung abgelehnt. Es forderte die Parteien auf, bis Montagnachmittag weitere Argumente vorzubringen. Donald Trump hatte auf das erste Urteil wütend reagiert. Auf Twitter bezeichnete er das Urteil des "sogenannten Richters" als "lächerlich". Die Montags-SZ (Hubert Wetzel), die Montags-taz (Frank Herrmann) und die Montags-Welt (Michael Stürmer) berichten.
Klaus Hillenbrand (Montags-taz) sieht in Trumps Äußerungen eine Infragestellung der Gewaltenteilung. Es stehe jedem, auch der Regierung, frei, Urteile zu kritisieren. Indem Trump von einem "sogenannten" Richter sprach, habe er jedoch öffentlich Zweifel am Sinn der Justiz gesät. Klaus-Dieter Frankenberger (faz.net) fragt, ob Trump "Rechtstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz und Gewaltenteilung wirklich verstanden hat".
In einem (englischsprachigen) Beitrag auf verfassungsblog.de beleuchtet Rechtsprofessor Mohammad Fadel die Verfassungsmäßigkeit des Einreisestopps. Die Montags-SZ (Reymer Klüver) stellt Bundesrichter James Robart vor, der den Einreisestopp vorläufig außer Kraft gesetzt hat.
Rechtspolitik
Sammelklagen: Nach Informationen der Montags-SZ (Kristiana Ludwig) blockieren unionsgeführte Ministerien das geplante Gesetz zur Einführung einer Sammelklage. Die Verteilung eines Entwurfes an die Länder und Verbände sei vom Landwirtschafts- und vom Finanzministerium gestoppt worden. Für VW-Kunden komme das Gesetz ohnehin zu spät, weil es eine "Aufbauphase" vorsieht, die über die Verjährungsfristen im VW-Komplex hinausreiche.
Vorratsdatenspeicherung: Die deutsche Vorratsdatenspeicherung erfüllt nicht die Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof aufgestellt hat. Zu diesem Ergebnis kommt der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten, über das die MZ (Markus Decker) am Samstag zuerst berichtete.
Innere Sicherheit: Die Kriminologin Monika Frommel kritisiert in der Montags-SZ die Reaktionen auf die Kölner Silvesternacht und den Berliner Terroranschlag. Statt die Gesetze zu ändern, müssten Bund und Länder die geltenden Gesetze nur konsequent anwenden. Das gelte sowohl für das Aufenthaltsgesetz als auch für das Anti-Terror-Strafrecht.
Flüchtlingsabwehr: Nachdem die Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag verabredet hatten, Flüchtlinge in Libyen an der Weiterreise über das Mittelmeer zu hindern, sprach sich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in einem Gastbeitrag für die FAS (faz.net-Meldung) für Auffanglager in Nordafrika aus. deutschlandfunk.de (Gudula Geuther) weist darauf hin, dass die Forderung aus Reihen der SPD in dieser Deutlichkeit neu ist. Es würden jedoch auch völkerrechtliche Bedenken bestehen.
Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt: Die Bundesregierung lehnt ein Aufenthaltsrecht für Opfer rechter Gewalt ab. Das schreibt das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag, mit der sich zeit.de (Frank Jansen) beschäftigt. Dem deutschen Rechtssystem sei es "grundsätzlich fremd, ein bestimmtes Fach-Recht – hier das Aufenthaltsrecht – aus generalpräventiven Gründen gegenüber vermeintlichen Tätern und zur Wiedergutmachung gegenüber dem Opfer einzusetzen", so das Innenministerium. Zuletzt hatte Brandenburg eine entsprechende Regelung erlassen.
Justiz
EuG zu Bürgerinitiative: Wenn die EU-Kommission eine europäische Bürgerinitiative für unzulässig hält, dann muss sie die Ablehnung ausreichend begründen. Das hat das Europäische Gericht entschieden. Geklagt hatte ein Dachverband europäischer Volksgruppen, dessen Bürgerinitiative mit dem Namen "Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe" mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die Kommission nicht befugt sei, Rechtsakte zur Umsetzung der Initiative vorzuschlagen. tagesschau.de (Gigi Deppe) schildert den Fall und sonstige Probleme, die bei einer EU-Bürgerinitiative auftreten können.
BVerfG – Intersexualität: Weil sich die Regierung nicht einigen kann, verzichtet sie auf eine Stellungnahme zu einer Verfassungsbeschwerde, mit der für Intersexuelle die Einführung einer dritten Option im Personenstandsrecht gefordert wird. Während das Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD) dafür offen sei, befürchte das Innenministerium von Thomas de Maizière (CDU) juristische Komplikationen. Das meldet der Spiegel (Melanie Amann/Wolf Wiedmann-Schmidt).
BVerfG – Suizidhilfe: Der Spiegel (Cornelia Schmergal, spiegel.de-Zusammenfassung) befasst sich ausführlich mit dem vor mehr als einem Jahr eingeführten § 217 StGB, der Suizidbeihilfe in bestimmten Fällen unter Strafe stellt. Zu Wort kommt auch ein Palliativmediziner, der eine von 13 einschlägigen Verfassungsbeschwerden eingereicht hat. Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen Bundestag, Bundesrat, Bundeskanzleramt und Bundesjustizministerium aufgefordert, bis Ende Februar Stellungnahmen abzugeben.
BVerwG zu Verpflichtungserklärung: Wer sich verpflichtet hat, für einen einreisenden Flüchtling die Lebenshaltungskosten zu übernehmen, haftet nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann noch, wenn dieser als Flüchtling anerkannt wurde. Die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels führe nicht zur Änderung des Aufenthaltszwecks. lto.de (Tanja Podolski) erläutert die Entscheidung.
BVerwG – Elbvertiefung: Am Donnerstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit der geplanten Elbvertiefung, die von Umweltschutzverbänden heftig kritisiert wird. Die Samstags-taz (Sven-Michael Veit) beantwortet die wichtigsten Fragen, auch zur rechtlichen Argumentation der Parteien und zum bisherigen Verfahren.
VG Dresden zu Racial Profiling: Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung durch die Bundespolizei festgestellt, die einen in Indien geborenen Regisseur wegen seiner Hautfarbe traf. Während der Gerichtsverhandlung kam heraus, dass die Polizeibeamten sich vermutlich abgesprochen hatten und zur Vorbereitung der Verhandlung in die Bundespolizeidirektion zitiert wurden. Die Montags-taz (Hanna Voß) berichtet.
BGH zu verspäteter Wohnungsrückgabe: Wer als Mieter trotz wirksamer Kündigung nicht auszieht, muss mit hohen Nachzahlungen rechnen. Nutzungsentschädigungen richten sich in diesem Fall nach der Miethöhe bei Neuvermietung, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat. Er erteilte damit der verbreiteten Ansicht, dass die "ortsübliche Miete" anhand der üblichen Mieten der letzten vier Jahre zu berechnen sei, eine Absage. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) und lto.de stellen das Urteil vor.
LG Berlin – Leistungsschutzrecht: Am Landgericht Berlin kommt es am Dienstag zur ersten Verhandlung zum neuen Leistungsschutzrecht. Die Verwertungsgesellschaft Media verklagt den Internetkonzern Google, weil dieser nicht für die Verwendung von sogenannten Snippets, Ausschnitten aus Artikeln, etwa bei Google News, zahlt. Markus Runde, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Media, befürchtet einen langjährigen Rechtsstreit, an dessen Ende Google einen vertraulichen Vergleich eingehen wird, schreibt das Montags-Hbl (Catrin Bialek).
LG Würzburg – Fake News auf Facebook: Ein Flüchtling verklagt Facebook, weil geteilte Inhalte, in denen behauptet wird, er habe in der Berliner U-Bahn einen Wohnungslosen angezündet, nicht gelöscht werden. Die Verhandlung am Landgericht Würzburg beginnt heute, so lto.de. Das Montags-Hbl (Milena Merten) stellt den Würzburger IT-Anwalt Chan-jo Jun vor, der den Flüchtling in dem Fall vertritt.
LG Braunschweig – VW-Abgasskandal: Mit dem mittelständischen Unternehmen "Deutsche See" hat erstmals ein VW-Großkunde Klage gegen den Konzern eingereicht. Das Unternehmen, das seinen Fuhrpark vor einigen Jahren auf VW-Wagen umgestellt hat, klagt auf Rückabwicklung des Vertrags und Schadensersatz in Höhe von 11,9 Millionen Euro, so die Montags-Welt (Michael Gassmann/Philipp Vetter) und focus.de.
OLG Celle zu Blitzer-App: Der Rechtsanwalt Uwe Lenhart kritisiert in einem Beitrag für die FAS die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle, nach der ein Smartphone mit einer installierten "Biltzer-App" unter das Verbot von Radarwarngeräten nach § 23 StVO falle. Die App sei weder geeignet, die Standorte von Messanlagen zu erfassen, noch würden diese gestört. Der Rechtsstaat müsse hinnehmen, dass legal beschaffte Informationen "nicht nur mit Radio, Druckwerken und persönlichen Aufzeichnungen gespeichert wiedergegeben werden, sondern auch zeitgemäß digital".
OLG München – NSU-Prozess: Die Samstags-taz (Konrad Litschko) widmet einen ausführlichen Beitrag dem Mitangeklagten im NSU-Prozess, Ralf Wohleben. Wohleben erfahre große Unterstützung aus der rechtsextremen Szene. Sein Verteidiger, der als Szene-Anwalt gilt, hatte zuletzt beantragt, einen Demografieexperten zu laden, der nachweisen solle, dass Deutschland der "Volkstod" drohe.
LG-Berlin – Pädophilen-Netzwerk: Am Landgericht Berlin hat der Prozess gegen zwei Männer begonnen, denen vorgeworfen wird, Teil eines Pädophilen-Netzwerks gewesen zu sein, dem mehr als 400 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zur Last gelegt werden. Die Samstags-SZ (Christian Endt) und spiegel.de berichten.
Überlastung bei Bundesanwaltschaft: Der Generalbundesanwalt Peter Frank hat in einem Schreiben, das dem Spiegel (Barbara Schmid/Fidelius Schmid, spiegel.de-Meldung) vorliegt, die Justizminister der Länder eindringlich gebeten, Staatsanwälte und Richter zur Unterstützung an die Bundesanwaltschaft zu entsenden. Justizpolitiker deuteten das als Offenbarungseid der Bundespolitik. Die Montags-taz (Christian Rath) merkt an, dass es sich bei der Abordnung nach Karlsruhe um einen normalen Vorgang handele. Es gehe nicht um einen Mangel an Stellen bei der Bundesanwaltschaft, sondern um qualifizierte Juristen.
Im Interview mit der WamS (Thorsten Jungholt/Jacques Schuster, welt.de-Meldung) erklärt Generalbundesanwalt Peter Frank, dass er einige Staatsanwälte mehr "gut beschäftigen" könnte. Außerdem äußert er sich zur islamistischen Gefahr und zu den geplanten Gesetzänderungen zur inneren Sicherheit.
Bundesrichter Thomas Fischer: Der Spiegel (Thomas Darnstädt) hat sich mit Bundesrichter Thomas Fischer getroffen, um sich mit diesem über seine Kolumne, sein Verhältnis zur Juristerei, den Poeten Charles Bukowski und Karl Marx zu sprechen. Herausgekommen ist ein dreiseitiges Porträt des umstrittenen Strafrichters.
Michael Hausfeld: Im Gespräch mit dem Spiegel (Nils Klawitter) nimmt US-Anwalt Michael Hausfeld Stellung zu den von seiner Kanzlei angestrengten Klagen gegen den VW-Konzern sowie zum Vorwurf, dadurch würde die Klageindustrie Einzug erhalten. Außerdem äußert er sich zu seinem Werdegang und seinen bisherigen Fällen.
Recht in der Welt
USA – Neil Gorsuch: Die FAS (Markus Günther) analysiert die Auseinandersetzung um die Wahl des von Donald Trump nominierten Juristen Neil Gorsuch zum Richter am Supreme Court. Indem Trump einen tadellosen und gemäßigten Kandidaten gewählt habe, habe er den Demokraten die Ablehnung schwer gemacht. Deren Basis verlange jedoch nach einer Blockade. Begleitet werde das Verfahren durch aufwändige Kampagnen von Lobbygruppen.
Großbritannien – Brexit: Der Rechtsanwalt Ulrich Soltész analysiert auf lto.de das White Paper, mit dem die britische Regierung ihre Vorstellungen vom Ausscheiden aus der EU veröffentlicht hat. Das Leitmotiv des harten Brexit ziehe sich durch das gesamte Dokument. Das EU-Recht soll zunächst eingefroren werden, der EuGH die Zuständigkeit verlieren. Keine Aussage enthalte das Dokument dagegen zum Prinzip der gegenseitigen Anerkennung und zur Wettbewerbspolitik.
Großbritannien – Miller-Entscheidung: In einem ausführlichen, englischsprachigen Beitrag auf verfassungsblog.de setzt sich Rechtsanwalt Aidan O'Neill mit der Entscheidung des britischen Supreme Court in der Sache Miller und den Auswirkungen auf das Verfassungsrecht in Hinblick auf die Parlamente von Schottland und Wales auseinander.
Frankreich – Marine Le Pen: Rechtsprofessor Sébastien Platon befasst sich auf verfassungsblog.de mit Ankündigungen der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, nach einem Wahlsieg mehrere Referenden abzuhalten. Diese würden eine Kriegserklärung an die EU darstellen und manipulierend wirken.
Neuseeland – Kolonialismus: lto.de (Martin Rath) befasst sich mit der Landnahme durch britische Kolonisatoren in Neuseeland und mit der Rolle, die Gerichte dabei spielten.
Sonstiges
Juristin und Tattoo-Model: lto.de (Tanja Podolski) stellt die Juristin vor, die unter dem Namen Carlin Mimicri als Tattoo-Model unter anderem für die Kosmetikmarke Dove arbeitet. Anders als bei Twitter behauptet wurde, arbeitet sie nicht in einer Großkanzlei. Die 35-Jährige hat gerade ihr Jura-Studium abgeschlossen und beginnt das Referendariat.
Juristen im Finanzministerium: Bundesfinanziminister Wolfgang Schäuble setzt bei der Besetzung von Spitzenpositionen zunehmend auf Juristen. Wie der Spiegel (Christian Reiermann) meldet, kritisierten Mitarbeiter die Ausschreibung der Stellen, die früher von Ökonomen besetzt worden seien.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dw
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Februar 2017: Justiz vs. Trump / EuG stärkt Bürgerinitiativen / Überlastung beim GBA? . In: Legal Tribune Online, 06.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21997/ (abgerufen am: 03.05.2024 )
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