Michael Buback fordert die Strafverfolgung ehemaliger RAFler, V-Leute sollen einen Freibrief für Delikte erhalten, die Post kann im Streike Beamte einsetzen und bei Wien wurde ein 14-jähriger Möchtegern-Dschihadist verurteilt.
Thema des Tages
OLG Stuttgart - Buback-Mord: Michael Buback, der Sohn des 1977 von der RAF ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, hat beim Oberlandesgericht Stuttgart einen Klageerzwingungsantrag gestellt. Das meldet der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt). Damit will Michael Buback erreichen, dass gegen die damaligen RAF-Vordenker Siegfried Haag und Roland Mayer doch noch wegen Beteiligung an der Planung des Mordes an seinem Vater ermittelt wird. Die Bundesanwaltschaft hatte jüngst alle noch laufenden Ermittlungsverfahren eingestellt. Haag und Mayer saßen zum Zeitpunkt des Anschlags allerdings bereits in Haft.
Rechtspolitik
V-Leute und Straftaten: Christian Rath (taz) kritisiert, dass V-Leute und Verdeckte Ermittler der Bundesgeheimdienste künftig einen Freibrief für bestimmte Straftaten erhalten. Dies sei weder notwendig noch sinnvoll. "Wenn zehn Leute sich vermummen und dann gegen neun ermittelt wird, nur gegen einen nicht - das fällt doch auf." Zumindest bei Gewalttaten von V-Leuten soll eine Verfahrenseinstellung ausgeschlossen werden.
Lebenspartnerschaft - Öffnung der Ehe: Am heutigen Mittwoch befasst sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzentwurf zur "Bereinigung des Rechts der Lebenspartner". Die FAZ (Günther Bannas/Eckart Lohse) beschreibt den Gesetzentwurf, der vor allem aus "Klarstellungen" bestehe. Die taz (Christian Rath) legt dar, dass das Grundgesetz einer Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare nicht entgegenstehe.
Reinhard Müller (FAZ) plädiert für die Gleichstellung eingetragener Partnerschaften, aber gegen die Öffnung der Ehe. "Die Samenbank ist nicht die Keimzelle der Gesellschaft. Ist das konservativ? Wer Fortschritt will, braucht Vater, Mutter, Kinder."
Auf verfassungsblog.de merkt die Rechtswissenschaftlerin Anna Katharina Mangoldt an, "Natürlichkeit" sei gar nicht natürlich, sie werde erst diskursiv hergestellt und nütze "hegemonialen Gruppen" ihr Selbstverständnis als Normalität zu definieren. Homosexuelle Paare bräuchten kein "Sonderrecht", sondern die Öffnung der Ehe.
Mietspiegel: Bild (Lea Fliess) erklärt den Zusammenhang zwischen Mietpreisbremse und Mietspiegel. Das Justizministerium plane zwar, Standards für die Erstellung von Mietspiegeln aufzustellen, sei damit aber erst am Anfang. Trotzdem gehe Justizminister Maas davon aus, dass es "keine Prozessflut" gegen die Mietpreisbremse geben werde.
TTIP: Am Donnerstag wird der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments über Vorgaben für das geplante Freihandelsabkommen TTIP abstimmen. Dabei wird wohl ein permanentes parlamentatisches Gremium gefordert, dass auch die Umsetzung des Abkommens beobachten soll, berichten Handelsblatt (Moritz Koch/Thomas Ludwig) und taz (Eric Bonse).
Justiz
BAG zu Anwaltsgehältern: Die Bezahlung eines angestellten Rechtsanwalts gilt nur dann als sittenwidrig, wenn sie weniger als zwei Drittel der in der Branche und Region üblichen Bezahlung beträgt. Das hat laut FAZ (Joachim Jahn) das Bundesarbeitsgericht festgestellt. Für Anwälte gälten damit die gleichen Regeln wie für andere Berufe auch.
EuGH zu Kartellschäden: Klagen gegen Kartelle können am Sitzort von einem der am Kartell beteiligten Unternehmen gebündelt werden. Dies entschied nun der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des Landgerichts Dortmund. Der Anwalt Florian C. Haus beschreibt in der FAZ die Details des Urteils.
ArbG Bonn zu Beamten als Streikbrecher: Die Post darf Beamte als Ersatz für streikende Angestellte einsetzen, wenn dieser Einsatz freiwillig erfolgt. Das Arbeitsgericht Bonn lehnte einen Unterlassungsantrag der Gewerkschaft Verdi ab. Widersprüche von Beamten müssten dabei eindeutig sein und gegenüber ihren Vorgesetzen erfolgen. Über die Entscheidung berichten die SZ (Bernd Dörries) und lto.de.
ArbG Mannheim zu rechtsradikalem Erzieher: Ein Erzieher mit rechtsradikalen Ansichen darf von einer tarifgebundenen Kommune fristlos entlassen werden, weil der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst eine Treuepflicht zur Verfassung vorsieht. Dies entschied laut spiegel.de und sueddeutsche.de das Arbeitsgericht Mannheim.
VG Greifswald zu rechtsradikalem Feuerwehrmann: Ein Feuerwehrmann, der in einer rechtsradikalen Band spielt, darf nicht Wehrführer sein. Das entschied das Verwaltungsgericht Greifswal laut taz (Astrid Geisler) und lto.de. In Mecklenburg-Vorpommen gelten Wehrführer als "Ehrenbeamte".
AG Pasewalk zu Beleidigung durch Journalisten: Das Amtsgericht Pasewalk hat einen Journalisten der Lokalzeitung Nordkurier wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt. Der Journalist hatte einen Jäger, der ein verendetes Reh an der Anhängerkupplung über eine Bundesstraße geschleift hatte, als "Rabauken-Jäger" bezeichnet. Das berichtet die FAZ (Jochen Zenthöfer).
Streitwert bei Spam-Unterlassungsklagen: Carsten Gerlt (FAZ) kritisiert, dass Gerichte bei Streitigkeiten wegen unverlangter E-Mail-Werbung (Spam) so niedrige Streitwerte festsetzen, dass Betroffene kaum einen Anwalt finden, der bereit ist, zu den daraus folgenden niedrigen Gebühren den Fall zu übernehmen. "Da – wie Spötter sagen würden – aus Sicht eines Richters ohnehin der Kläger der Störer ist, liegt in der Streitwertfestsetzung ein probates Mittel, Arbeit von den Gerichten fernzuhalten."
VG Köln - Drohnensteuerung Ramstein: Das Verwaltungsgericht Köln verhandelt am heutigen Mittwoch über eine Klage gegen die Bundesrepublik, meldet die taz. Drei jemenitische Angehörige von Drohnenopfern fordern Schadensersatz, weil Deutschland den USA die Nutzung des Stützpunkts Ramstein für die Mitwirkung an Drohenangriffen nicht verboten hat. Die Klage sei "notwendig, um die Regierung aus ihrer Geht-uns-doch-nichts-an-Haltung herauszubringen", kommentiert Bernd Pickert (taz).
LG Lüneburg - Auschwitz: Im Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning ging es um die Frage, ob die Tötung von Juden in Auschwitz "heimtückisch" und "grausam" war - ob also Mordmerkmale vorlagen. Die Staatsanwaltschaft bejaht beides, wie die FAZ (Alexander Haneke) näher ausführt.
Recht in der Welt
Österreich - 14-jähriger Dschihadist: Das Landesgericht St. Pölten verurteilte einen 14-jährigen türkischen Sonderschüler wegen Unterstützung des IS zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe, von der zwölf Monate auf Bewährung ausgesetzt sind. Der Junge hatte Kontakt zum IS aufgenommen, sich um Bombenbau-Anleitungen bemüht und auf andere Kinder werbend eingewirkt. Es berichteten spiegel.de und die taz (Ralf Leonhard).
Schweiz - Steuerpersonalien: Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Schweiz die Namen von mutmaßlichen Steuerhinterziehern regelmäßig im Internet bekannt macht. Damit will die Schweiz die Betroffenen informieren, dass in ihrem Fall ein Amtshilfe-Verfahren läuft, gegen das sie Einspruch erheben können. Über das ungewöhnliche Verfahren informiert unter anderem zeit.de (Matthias Daum).
Großbritannien - Libor-Manipulation: Am Londoner Southwark Crown Court hat der Prozess gegen den ehemaligen Händler Tom Hayes begonnen. Ihm wird achtfache Verschwörung zum Betrug vorgeworfen, weil er mit anderen Bankmitarbeitern den Referenzzins Libor manipuliert haben soll. Vom ersten Prozesstag berichten die Welt und das Handelsblatt (Carsten Herz).
Sonstiges
Thomas Fischer über Schuld: Bundesrichter Thomas Fischer schreibt in seiner zeit.de-Kolumne diesmal über Schuld - bei Affen, in alten Stammesgesellschaften und im modernen Strafrecht. Er kritisiert insbesondere die Umwandlung von Schuld in Strafe. "Auch in der zeitigen Freiheitsstrafe (erst recht in der lebenslangen) lebt ein Stück Vernichtungsstrafe fort."
Varoufakis und die Vertraulichkeit: Falls der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis auch in Deutschland vertrauliche Gespräche mit seinem Mobiltelefon aufnahm, hat er sich dabei wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 Strafgesetzbuch) strafbar gemacht, erläutert lawblog.de (Udo Vetter). Allerdings werde dies nur im Falle eines Strafantrags verfolgt.
Das Letzte zum Schluss
Russland - Entweihung der Fahne: Ein russisches Model posierte zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, eingehüllt in eine russische Fahne. Doch selbst dieser überdeutliche Patriotismus führt zu Problemen mit den Behörden. Gegen die Frau wird wegen Entweihung eines russischen Staatsymbols ermittelt, meldet spiegel.de.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 27. Mai 2015: Buback gibt nicht auf - Freibrief für V-Leute - Terrorist mit 14 . In: Legal Tribune Online, 27.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15653/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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