Nicht Korruption, sondern Erpressung: Am ersten Verhandlungstag vor dem LG München liefert Bernie Ecclestone eine neue Version zu den Schmiergeldzahlungen beim Verkauf von Formel-1-Anteilen. Außerdem in der Presseschau: "Ministerprofessor" Bausback, LBBW-Verfahren gegen Geldzahlungen eingestellt, Supreme Court begrenzt Opferentschädigungen - und Heino will kein Nazi sein.
Thema des Tages
LG München – Ecclestone-Prozess: Vor dem Landgericht München hat der Prozess gegen den Formel-1-Manager Bernie Ecclestone begonnen. Er soll dem Banker Gerhard Gribkowsky 44 Millionen Dollar gezahlt haben, damit die BayernLB ihre Anteile an den britischen Finanzinvestor CVC verkauft. Gribkowsky ist bereits 2012 wegen Bestechlichkeit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden, nun wird Ecclestone Bestechung und Anstiftung zur Untreue, beides in besonderes schwerem Fall, vorgeworfen. Es berichten unter anderem SZ (Bastian Brinkmann/Christoph Giesen), FAZ (Henning Peitsmeier/Christoph Becker), Die Welt (Hannelore Crolly/Andre Tauber) und spiegel.de (Beate Lakotta). In der Verhandlung behauptete Ecclestone, er habe nur gezahlt, weil Gribkowsky ihn erpresst habe. Demnach habe Ecclestone gefürchtet, mit unsauberen Steuersachen aufzufliegen.
Die FAZ (Henning Peitsmeier/Joachim Jahn) stellt Ecclestones Anwalt Sven Thomas vor – als "imposante Gestalt" und erfahrenen Strafverteidiger, der bereits seit Jahrzehnten Prominente aus Politik und Wirtschaft verteidigt. Die Welt (Hannelore Crolly/Andre Tauber) schreibt, mit Thomas und dem Richter Peter Noll träfen "zwei Profis" aufeinander, die auch Sinn für Humor hätten.
Jörg Eigendorf (Die Welt) kommentiert, es sei schon "fast rührselig", wenn sich
Ecclestone als Opfer einer Erpressung inszeniert". Allerdings habe auch die Anklageschrift Lücken, Gribkowsky sei als Zeuge nicht unbedingt glaubhaft und fraglich sei auch, ob der Richter Peter Noll noch offen für neue Thesen sei, nachdem er bereits Gribkowsky verurteilt hat.
Rechtspolitik
Justizminister Bausback: Die FAZ (Albert Schäffer) porträtiert den "Ministerprofessor" Winfried Bausback (CSU) – der bayerische Justizminister ist seit Oktober vorigen Jahres im Amt. Er widerlege "Vorurteile über Hochschullehrer, die es in die Politik verschlägt" und komme im politischen Geschäft unter Regierungschef Horst Seehofer gut zurecht.
Vorratsdatenspeicherung: Heribert Prantl (SZ) vergleicht die Vorratsdatenspeicherung mit einem Rüttelstampfer (einem Gerät das beim Straßenbau eingesetzt wird) und kritisiert, dass CDU und CSU weiterhin ein neues Gesetz fordern, obwohl der Europäische Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung nur unter engen Einschränkungen erlaube.
Hassdelikte: Auch die FR (Mira Gajevic) berichtet über die Pläne des Bundesjustizministeriums, wonach Straftäter mit rassistischen und menschenverachtende Motiven schärfer bestraft werden sollen. Kritiker wie der Rechtsanwalt Oliver Tolmein hielten die Vorschläge jedoch für unzureichend.
Justiz
BVerfG – AfD und Europawahl: Der Freiburger Jurist Elias Mößner hält die "Alternative für Deutschland" (AfD) für undemokratisch und hat eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, um zu verhindern, dass die Partei zur Europawahl zugelassen wird. lto.de (Claudia Kornmeier) erläutert, Mößner berufe sich dabei auf die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht zum Wahlrecht bei Bundestagswahlen. Demnach müsse auch für das Europaparlament sicher gestellt werden, dass die zugelassenen Parteien demokratisch organisiert sind.
BVerfG – Missstände bei der Pflege: Nachdem der Sozialverband VdK angekündigt hat, Verfassungsbeschwerden gegen Missstände in Pflegeheimen einzureichen, kommentiert Joachim Jahn (FAZ) knapp, dem sei "kein Erfolg zu wünschen". Richter dürften der Politik keine Reformen "vorschreiben", sie könnten allenfalls an den Gesetzgeber appellieren, Mindeststandards zu wahren.
BayVfGH - Rundfunkbeitrag: Der Jurist Ermano Geuer schildert auf juwiss.de seine Klage gegen den Rundfunkbeitrag vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof und die mündliche Verhandlung, die im März stattfand. Das Urteil wird für den 15. Mai erwartet.
LG Stuttgart zu LBBW-Vorständen: Das Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart um geschönte Bilanzen bei der Landesbank Baden-Württenberg endet mit Einstellung gegen Geldzahlungen. Der ehemalige Vorsitzenden der Landesbank Baden-Württemberg, Siegfried Jaschinski, weitere ehemalige LBBW-Vorstände und die mitangeklagten Wirtschaftsprüfer akzeptierten die Geldauflagen – sie müssen zwischen 20.000 und 50.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Die FAZ (Bernd Freytag – Zusammenfassung auf faz.net) berichtet. Joachim Jahn (FAZ) kommentiert, die Zahlungen seien "lächerlich niedrig", die eigentlichen "Zockereien mit amerikanischen Ramschpapieren" nicht aufgeklärt worden. Dieser und andere Fälle zeigten, dass die "Aufarbeitung der Finanzkrise kein Fall für die Strafjustiz" sei.
LG Münster zu Schadensersatz für Lottogewinner: Die Privatbank Merck Finck soll einem Lottogewinner eine halbe Millionen Euro Schadensersatz zahlen, weil sei ihn falsch beraten hat, so das Landgericht Münster. Wie spiegel.de meldet, hatte der Familienvater 6,3 Millionen Euro im Lotto gewonnen, aber fast alles in riskanten Anlagen verloren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
LAG Bremen zu Kündigung von Sexualstraftäter: spiegel.de (Benjamin Schulz) berichtet über den Fall eines Sexualstraftäters, der von seinem Arbeitgeber bereits zum dritten Mal gekündigt wurde – stets rechtswidrig, wie das Landesarbeitsgericht Bremen nun erneut entschied. Der Mann ist als Hafenarbeiter bei dem Logistikunternehmen Eurogate angestellt. Nachdem bekannt wurde, dass er 2011 wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter verurteilt worden war, gab es heftige Proteste in der Belegschaft.
Recht in der Welt
USA – Supreme Court zu Opferentschädigung: Der US Supreme Court hat sich mit der Frage befasst, inwiefern Besitzer von Kinderpornos den Missbrauchsopfern Entschädigungen zahlen müssen. Wie spiegel.de erklärt, sieht ein Gesetz vor, Missbrauchsopfer möglichst schnell zu entschädigen – möglicherweise mit Zahlungen einzelner wohlhabender Täter, die kinderpornografisches Material mit Bildern des Opfers besitzen. Der Supreme Court forderte nun, es dürften nicht zahlreiche Täter entlastet und einige wenige zu Zahlungen verpflichtet werden. Stattdessen komme es auch darauf an, wieviel Schaden der jeweilige Täter angerichtet habe, etwa, ob er Bilder angesehen, oder auch weiter verbreitet habe.
Netzneutralität: Die taz (Andreas Behn/Martin Kaul) schildert die internationale Debatte um die Netzneutralität. Dabei geht es um das Prinzip, dass alle Daten im Internet gleich schnell verschickt werden können. Die USA planen offenbar, eine "Datenautobahn" einzurichten, die zahlungskräftige Nutzer bevorzugt. Dagegen hat Brasilien die Netzneutralität nun festgeschrieben. Das brasilianische Gesetz soll außerdem die Bürgerrechte im Netz wahren und gilt Internetaktivisten als "Internet-Verfassung". Die FAZ (Patrick Welter) und Die Welt (Benedikt Fuest) gehen ausführlicher auf die Pläne der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde FCC ein. Dazu stellt auch spiegel.de (Markus Böhm/Matthias Kremp) Fragen und Antworten zusammen.
Sonstiges
Menschenrechts-Blog: Der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck bloggt nun auf zeit.de über Menschenrechtsverletzungen. Kaleck ist Generalseketär des European Center for Constitutional and Human Rights. In seinem ersten Beitrag erklärt er den Blog-Titel "recht subversiv" – man könne juristische Verfahren nutzen, um "an vielen Orten der Welt zur Änderung der Verhältnisse beizutragen".
Strafrechtlerin Edda Weßlau: Der Strafrechtsprofessor Johannes Feest schreibt in der taz-bremen einen Nachruf für Edda Weßlau, die an der Universität Bremen Professorin für Strafrecht und Strafprozessrecht war. Neben ihrer Forschung im Strafprozessrecht, habe sie sich auch für eine progressive Juristenausbildung eingesetzt.
Verwertungsgesellschaft mit CC-Lizenzen: lto.de (Claudia Kornmeier) führt ein Interview mit dem Rechtsanwalt Michael Weller. Er gründet derzeit eine Verwertungsgesellschaft für Musiker, die den Künstlern ermöglichen soll, ihre Werke auch Creative-Commons-Lizenzen einzubringen.
Das Letzte zum Schluss
Jan Delay vs. Heino: Der Musiker Jan Delay hat seinen Kollegen Heino als "Nazi" bezeichnet – dass so einer ein Lied seiner alten Band Absolute Beginners covert, findet Delay gar nicht witzig. Nun wehrt sich der Altstar mit einer Strafanzeige. Außerdem will er eine Unterlassungserklärung und eine Entschädigung. Das meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. April 2014: Ecclestone fühlt sich erpresst – LBBW-Verfahren eingestellt – Supreme Court zu Entschädigungen . In: Legal Tribune Online, 25.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11790/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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