Wie hat sich eigentlich das neue Wahlrecht gemacht? Diese und andere Fragen am Tag danach. Außerdem in der Presseschau: Überbleibsel aus der letzten Legislaturperiode, freiwillige, aber trotzdem rechtswidrige DNA-Proben, der dritte Mordfall im NSU-Prozess, wieder mal verbotene Muslimbrüder und ein Wahlpartyschlager der Toten Hosen.
Thema des Tages
Wahl und Recht: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) macht sich rechtspolitische "Gedanken am Tag nach der Bundestagswahl". Problematisch sei eine große Koalition mit fast vier Fünfteln der Abgeordneten. Die Opposition könne damit weder an Untersuchungsausschüssen teilnehmen, noch eine Normenkontrollklage vor das Verfassungsgericht bringen. Auch die künftige Besetzung des Justizministeriums mache ihm Sorgen – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger habe jedenfalls Durchhaltevermögen gegenüber dem Innenministerium gezeigt. Befürchtungen, der Bundestag werde durch die Ausgleichsmandate dramatisch aufgebläht, hätten sich dagegen als unbegründet erwiesen.
Die Wahlrechtsreform und die Details von Überhang- und Ausgleichsmandaten erklärt die SZ (Wolfgang Janisch), gibt sich dabei jedoch etwas skeptischer: Dass der Bundestag überschaubar bleibe, liege auch an den hohen Beliebtheitswerten von Angela Merkel.
Mit der Briefwahl befasst sich die FAZ (Reinhard Müller). Immer mehr Wähler würden ihre Wahlentscheidung schon vor dem Wahltag und zu Hause treffen – was vom Bundesverfassungsgericht, in früheren Entscheidungen noch skeptisch, kürzlich gebilligt wurde.
Rechtspolitik
Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftler: Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode hat der Bundesrat noch eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes gebilligt. Damit erhalten Autoren ein Zweitverwertungsrecht für wissenschaftliche Zeitschriftenbeiträge. Der Jurist und Bibliothekdirektor Eric W. Steinhauer erläutert auf lto.de das Für und Wider der Regelung, die Open Access-Anhängern zu wenig ist und den Wissenschaftsverlagen zu weit geht.
Aktienrechtsnovelle: Im Bundesrat gescheitert ist dagegen die Aktienrechtsnovelle, mit der unter anderem Managergehälter stärker von den Aktionären kontrolliert werden sollten. Davon abgesehen seien die meisten Änderungen aber unumstritten und würden in der nächsten Legislaturperiode kommen, meint Ulrich Noack (Handelsblatt Rechtsboard). Zur Frage der Managergehälter könne es zudem bald EU-Vorgaben geben.
Justiz
VG Hannover zu DNA-Probe: Die Polizei muss selbst prüfen, ob die Voraussetzungen für eine DNA-Probe vorliegen – und kann sich nicht darauf berufen, dass der Betroffene freiwillig eine Speichelprobe abgibt. Das entschied das Verwaltungsgericht Hannover, die Daten des Betroffenen in der Zentralkartei des Bundeskriminalamtes müssen nun gelöscht werden. lawblog.de (Udo Vetter) berichtet.
OLG Hamm – Dubai Fonds: Das Oberlandesgericht Hamm verhandelt am Dienstag über eine Schadensersatzklage von Anlegern der insolventen Dubai-Fonds der Alternative Capital Invest. Es geht um die Frage, ob der Verkaufsprospekt der Investmentfirma die Anleger falsch informiert hat, meldet Die Welt.
OLG München – NSU-Prozess: Vor dem Oberlandesgericht München geht es nun um den mutmaßlichen dritten Mordfall des NSU-Terrors. zeit.de (Tom Sundermann) schildert die Aussage des Zeugen Ali Tasköprü, dessen Sohn Süleyman 2001 in seinem Lebensmittelgeschäft in Hamburg erschossen wurde. Der Vater hatte wahrscheinlich die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt noch in der Nähe des Tatorts gesehen. Das warf Fragen nach den damaligen Ermittlungen auf, darauf geht die taz (Andreas Speit) ein.
Vorschuss für Pflichtverteidiger: Nachdem die Anwälte von Beate Zschäpe im NSU-Prozess erfolglos versucht hatten, einen höheren Vorschuss zu erhalten, erklärt der Rechtsanwalt Ingo E. Fromm auf lto.de die Vergütungsregeln und fordert, Pflichtverteidiger in umfangreichen Strafprozessen besser zu stellen.
Vorstände in Beugehaft?: "Häufiger als sich unser guter Glaube an den Rechtsstaat träumen lässt", versuche die Staatsanwaltschaft, Beschuldigte in Wirtschaftsstrafverfahren "weichzukochen", indem sie einen Vorstand in Untersuchungshaft bringt, so der Wirtschaftsstrafrechtler Klaus Volk im Handelsblatt. Fluchtgefahr sei dabei "leicht begründet", etwa mit Immobilien im Ausland, aber "oft nur vorgeschoben". Rechtsmittel seien selten aussichtsreich, damit lasse sich die Haft "de facto nur durch ein Geständnis beenden".
Recht in der Welt
Ägypten – Muslimbrüder verboten: Ein ägyptisches Gericht hat die islamistische Muslimbrüderschaft verboten. Der Organisation seien alle Aktivitäten untersagt, ihr Vermögen werde beschlagnahmt, berichten die FAZ (Markus Bickel) und die SZ (Sonja Zekri). Die Muslimbrüderschaft war erst im März dieses Jahres als Nichtregierungsorganisation zugelassen worden und hatte zuvor schon jahrzehntelang illegal agiert. Geklagt hatte die linke Tagammu-Partei.
China – Bo Xilai: Eine Machtdemonstration von Staats- und Parteichef Xi Jinping und eine Warnung sich den geplanten Wirtschaftsreformen entgegen zu stellen – so kommentiert Steffen Richter (zeit.de) die lebenslange Haftstrafe für den ehemaligen chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai. Wie spiegel.de meldet, habe Bo Rechtsmittel eingelegt, jedoch mit wenig Aussicht auf Erfolg.
Das Letzte zum Schluss
Wo bleibt das Urheberrecht: Dürfen eigentlich alle "Tage wie diese" singen? CDU- wie SPD-Wahlkämpfer? Und obwohl die Toten Hosen, das ausdrücklich als "unanständig" empfinden? strafakte.de (Mirko Laudon) weiß es auch nicht so richtig, ruft aber alle Urheberrechtler zum Mitdiskutieren auf.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 24. September 2013: Gedanken zur Wahl – Rechtswidrige DNA-Probe – Muslimbrüder verboten . In: Legal Tribune Online, 24.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9650/ (abgerufen am: 30.04.2024 )
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