Das OLG Düsseldorf lässt Prozess wegen des Loveparade-Unglücks zu. Außerdem in der Presseschau: Der Prozess um den gefesselten Asylbewerber in Arnsdorf wird eingestellt und Thomas de Maizière stellt die Polizeiliche Kriminalstatistik vor.
Thema des Tages
OLG Düsseldorf – Loveparade-Unglück: Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Eröffnung eines Verfahrens wegen fahrlässiger Tötung in 21 Fällen gegen zehn Angestellte der Stadt und des Veranstalters wegen des Loveparade-Unglücks in Duisburg 2010 beschlossen. Dies berichten unter anderem SZ (Benedikt Peters), FAZ (Reiner Burger), taz (Christian Rath) und lto.de (Pia Lorenz). Das Landgericht (LG) Duisburg hatte 2016 im Zwischenverfahren die Anklage nicht zugelassen. Die dagegen gerichtete Sofortige Beschwerde von Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatte nun Erfolg. Laut OLG Düsseldorf kann ein Vorwurf von Sorgfaltspflichtverstößen insbesondere auf das umstrittene Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still gestützt werden, das vollständig verwertbar sei. Der Prozess wird nun vor einer anderen Kammer des LG Duisburg geführt.
Reinhard Müller (FAZ) begrüßt den Beschluss, warnt jedoch vor überhöhten Erwartungen an den Prozess.
Rechtspolitik
Fluggastdaten: Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hat das geplante Fluggastdatengesetz kritisiert, berichtet lto.de. Es sei fraglich, ob die geplante vorsorgliche Speicherung der Daten aller Fluggäste auf internationalen Flügen und deren Abgleich mit abstrakten Gefährderprofilen vereinbar mit der europäischen Grundrechtecharta sei. Das Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden. Voßhoff fordert den Bundestag auf, ein EuGH-Gutachten zum EU-Kanada-Abkommen abzuwarten.
Autobahnen: Ein Gutachten des Bundesrechnungshofes warnt vor der geplanten Errichtung einer Bundesfernstraßengesellschaft. Eine vollständige Privatisierung sei durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht ausgeschlossen. Es drohe die Einführung einer allgemeinen streckenbezogenen Pkw-Maut, auch die Mitwirkungsrechte des Bundestages würden nicht ausreichend gewahrt. Es berichten das Hbl (Daniel Delhaes/Donata Riedel) und die taz (Malte Kreuzfeldt).
Justiz
AG Kamenz – Gefesselter Flüchtling: Der Prozess gegen vier Mitglieder einer vermeintlichen "Bürgerwehr", die im Jahr 2016 einen Asylbewerber vor einem Supermarkt im sächsischen Arnsdorf an einen Baum gefesselt hatten, wurde vom Amtsgericht Kamens noch am ersten Prozesstag überraschend eingestellt. Grund sei die geringe zu erwartende Strafe, sagte der Richter laut spiegel.de (Peter Maxwill) und FAZ (Stefan Locke). So könne die Bildung einer "Bürgerwehr" den Männern keineswegs nachgewiesen werden. Der Flüchtling selbst war kurz vor Prozessbeginn verstorben.
LAG Hamburg – "Minusstunden": Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Anzahl von "Minusstunden" auf dem Arbeitszeitkonto kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. community.beck.de (Christian Rolfs) berichtet über einen Fall vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg, in dem ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes neben einer Vielzahl weiterer Verfehlungen das nahezu Dreifache der zulässigen "Minusstunden" angehäuft hatte.
LG Bochum – Mauss-Prozess: Im Prozess gegen den deutschen Privatagenten Werner Mauss wegen Steuerhinterziehung in mehrfacher Millionenhöhe hat die Verteidigung die Vernehmung eines Entlastungszeugen beantragt. Dieser solle bezeugen, dass das fragliche Vermögen nicht Mauss gehört, sondern dieser es lediglich treuhänderisch verwaltet habe. Der Zeuge soll einem israelischen Geheimdienst angehören, berichtet die SZ (Ralf Wiegand).
LG Hannover – Landfriedensbruch: Sechs Mitglieder und Freunde einer libanesischen Großfamilie müssen sich wegen gemeinsamer massiver Angriffe gegen Polizisten vor dem Landgericht Hannover verantworten. Hintergrund der Randale war der Tod eines verhafteten Mitglieds der Familie gewesen, das bei einem Fluchtversuch aus einem Fenster des Amtsgerichts Hameln gestürzt war. Daraufhin hatten die erbosten Familienmitglieder Polizisten und Krankenhauspersonal angegriffen. Es berichten SZ (Peter Burghardt) und focus.de.
LG Hamburg – Goretex: Der Textilhersteller Sympatex hat vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen seinen Konkurrenzen Goretex erwirkt. Dieser darf wegen des Einsatzes der Chemikalie PTFE in seinen Produkten nun bis auf weiteres nicht mehr damit werben, seine Produkte würden "umweltfreundlich" hergestellt. Es berichtet die SZ (Katharina Kutsche).
Recht in der Welt
IStGH – Philippinen: Ein philippinischer Anwalt möchte ein Verfahren gegen seinen Präsidenten Rodrigo Duterte am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen der systematischen Ermordung von Drogendealern und Kleinkriminellen erreichen. Zu diesem Zweck reichte er umfangreiche Beweismaterialien ein, wie FAZ (Till Fähnders) und taz melden.
Spanien – Verfassungsgericht: In einem englischsprachigen Beitrag kritisiert Joaquin Urias auf verfassungsblog.de die Rechtsprechung des spanischen Verfassungsgerichts zu Unabhängigkeitsbestrebungen des Regionalparlaments von Katalonien. Das Verfassungsgericht hebe selbst rein symbolische Akte des Regionalparlaments auf, die nicht mit der Verfassung in Konflikt stünden. Das Gericht werde so zum politischen Akteur.
Todesstrafe: Martin Klingst (zeit.de) kritisiert die zuletzt etwa von Marine Le Pen oder dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan erhobenen Forderungen nach der Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Praxis in den USA zeige deren Grausamkeit und die Risiken von Fehlurteilen.
"Illegale Kriege": Die FAZ (Hans-Dieter Wichter) bespricht das Buch "Illegale Kriege" des Schweizer Historikers Daniele Ganser vor, der 17 internationale Konflikte mit Beteiligung der USA untersucht. Wichter hält die völkerrechtlichen Bewertungen Gansers für nicht überzeugend.
Sonstiges
Polizeiliche Kriminalstatistik: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die neue Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) vorgestellt. Es berichtet unter anderem die BerlZ (Markus Decker). Gestiegen sei die Anzahl von Gewaltdelikten, gesunken hingegen jene der Wohnungseinbrüche. Allerdings sei der Anteil von Zuwanderern unter den Tatverdächtigen um 52,7% gestiegen. Konrad Litschko (taz) führt dies insbesondere auf die hohe Zahl von Mehrfachtätern innerhalb dieser Gruppe zurück.
Das Letzte zum Schluss
Eisbecherraub: In Berlin haben zwei Betrunkene einen Jungen am Jackenkragen festgehalten und seinen Eisbecher gefordert, meldet justillon.de. Der Junge konnte sich indes losreißen, die Männer wurden festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mps
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. April 2017: Loveparade-Verfahren / Prozess um gefesselten Asylbewerber / Polizeiliche Kriminalstatistik . In: Legal Tribune Online, 25.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22732/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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