Dem Schwiegerkind eine Wohnung geschenkt, dann die Scheidung: Eltern können Geschenke im Einzelfall zurückfordern – bei Immobilien zehn Jahre lang, so der BGH. Außerdem in der Presseschau: Das BVerfG fordert Verhältnismäßigkeit bei der Anordnung von Abstammungsuntersuchungen, die Abschlüsse von fast 2.000 Juraabsolventen werden überprüft, wieder keine Anklage gegen Polizisten in den USA und warum ein italienischer Priester jetzt Ärger mit der Staatsanwaltschaft hat.
Thema des Tages
BGH zu Schenkungen von Schwiegereltern: Wenn Eltern den Partnern ihrer Kinder Geschenke machen, die Ehe aber in die Brüche geht – können Eltern die Geschenke dann zurückverlangen? Möglich ist es. Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das Scheitern einer Ehe kann nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage zu einer Rückabwicklung der Schenkung führen. Dies sei aber nur der Fall, wenn die Schenkung unter der für das Schwiegerkind erkennbaren Vorstellung erfolgt sei, dass die Ehe fortbestehe und daher die Schenkung auch dem eigenen Kind dauerhaft zugutekomme. Das Festhalten an der Schenkung müsse für die Eltern unzumutbar sein, so der BGH weiter. Im konkreten Fall hatte ein Vater seiner Tochter und dem damaligen Schwiegersohn eine Wohnung zu deren jeweils hälftigem Miteigentum übertragen. Die Vorinstanzen hatten die Rückforderung wegen Verjährung ausgeschlossen. Zu Unrecht: Nach Ansicht des BGH greift im konkreten Fall nicht die regelmäßige Verjährungsfrist, sondern die grundstücksbezogene nach § 196 BGB. Rückforderungen bei Immobilien sind daher zehn Jahre nach Scheidung möglich. lto.de und welt.de berichten.
Rechtspolitik
Flüchtlingsrecht: In welchen Fällen dürfen Flüchtlinge nach künftigem Recht inhaftiert werden? Nach Heribert Prantls (SZ) Interpretation "fast immer". Das neue Gesetz sei für Flüchtlinge jüngeren Datums "rasiermesserscharf" und kenne kein positives Ermessen mehr. Auch kritisiert Prantl, dass das kommende Flüchtlingsrecht "Schleuser" wie einen gängigen Rechtsbegriff verwende und dass in Haft kommt, wer für seine Flucht einen "erheblichen Betrag" aufbringen musste.
Gleichstellung in Gesetzen: Laut taz (oes) besteht in Sachen Gleichstellung ein Missstand auf gesetzgeberischer Seite. Der Beitrag weist auf aktuelle Reformen im Steuerrecht hin, die nach Einschätzung des Blattes die steuerrechtliche Lage von Frauen verschlechtert – obwohl sich Deutschland verpflichtet habe, "alle Gesetze daraufhin zu überprüfen, ob sie Gleichstellung fördern oder etwa hemmen".
Familienpflegezeitgesetz: Der Bundestag hat am gestrigen Donnerstag eine Reform des Familienpflegezeitgesetzes beschlossen. Durch Rechtsansprüche auf Jobpausen und bezahlte Auszeit für Pflege soll es einfacher werden, Job und Pflege eines Angehörigen miteinander in Einklang zu bringen. Die taz (Simone Schmollack) berichtet.
Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Einem Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium zufolge sollen Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen künftig vor außergerichtlichen Schlichtungsstellen beigelegt werden. Der Münchner Habilitand Martin Engel bespricht die geplante Regelung auf lto.de und kritisiert, dass Schlichter das geltende Recht lediglich "berücksichtigen" müssen. Engel vermutet, dass die Schlichtersprüche "mit dem materiellen Verbraucherrecht wenig zu tun haben werden". Kaum ein Verbraucher werde dann noch vor Gericht ziehen. Besser sei ein modernisierter Zivilprozess.
Justiz
BVerfG zu Abstammungsuntersuchungen: Unter welchen Bedingungen dürfen Gerichte Abstammungsuntersuchungen anordnen? Das Bundesverfassungsgericht hat hierfür die gesetzlichen Anforderungen in einem Beschluss konkretisiert. Danach muss die Klärung der Abstammung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen: Hat ein Anspruch neben der leiblichen Abstammung des Vaters noch weitere Tatbestandsvoraussetzungen, so muss ein Gericht erst diese feststellen, bevor es eine Abstammungsuntersuchung anordnen darf. Denn eine Abstammungserklärung habe oftmals gravierende familiäre Auswirkungen. lto.de berichtet über den Beschluss.
BVerfG – Richterbesoldung: Das Verfahren zur Richterbesoldung vor dem Bundesverfassungsgericht kommentiert Christian Rath (taz.de). Dass Karlsruhe angedeutet hat, Parameter zu definieren, "ab wann eine Abkoppelung der Richter von allgemeinen Lohn- und Preisentwicklungen naheliegt" und das letzte Wort wohl künftig Parlamente haben werden, findet Rath vernünftig. Einfach abnicken werde das BVerfG die Klage der Richter aber nicht – zu heikel sei es, "wenn Richter über Richter richten".
BVerfG zur Suhrkamp-Umwandlung: Das Bundesverfassungsgericht hat die Umwandlung des Suhrkamp-Verlages in eine Aktiengesellschaft vorerst gestoppt. Es untersagte dem Amtsgericht Charlottenburg vorläufig, das Insolvenzverfahren über das Suhrkamp-Vermögen aufzuheben und eine neue Rechtsform ins Handelsregister einzutragen. Das melden lto.de und die SZ (Andreas Zielcke).
OLG München – NSU-Prozess dauert länger: Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München dauert viel länger als geplant. Richter Manfred Götzl hat Verhandlungstermine bis Anfang 2016 festgelegt, wie die SZ (Annette Ramelsberger) meldet. Zu den nunmehr 170 absolvierten Verhandlungstagen kommen jetzt 56 weitere hinzu.
OLG Hamm zu Anwaltshaftung: blog.beck.de (Christian Rolfs) weist auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zur Anwaltshaftung aus diesem Oktober hin. Versäumt es ein Anwalt trotz Beauftragung, Kündigungsschutzklage zu erheben, so ist er zu Schadensersatz verpflichtet – muss also den entgangenen Arbeitslohn zahlen, hätte die Kündigungsschutzklage Erfolg gehabt. Das OLG hat zur Schadenshöhe festgestellt, dass dabei auch "erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile" nicht abzogen werden können. Geklagt hatte der ehemalige Trainer eines Fußball-Zweitligisten. Der beklagte Anwalt wandte ohne Erfolg ein, Erfolgsprämien müssten herausgerechnet werden, denn die Mannschaft wäre unter der Leitung des Klägers abgestiegen.
AG Mönchengladbach zu falschem Zahnarzt: Zu zwei Jahren Haft auf Bewährung hat das Amtsgericht Mönchengladbach einen 33-jährigen Mann verurteilt, der sich als Zahnarzt ausgegeben hatte, obwohl er über keinen Abschluss in Zahnmedizin verfügte. Der Vorwurf lautete Urkundenfälschung und gefährliche Körperverletzung in 137 Fällen. lto.de berichtet.
StA München – Haderthauer: Die Staatsanwaltschaft München hat die Ermittlungen gegen die ehemalige CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung ausgeweitet. Jetzt schreibt auch die taz (Laura Meschede) darüber.
Recht in der Welt
Italien – Schettino-Prozess: Wie spiegel.de berichtet, hat der Kapitän des Anfang 2012 havarierten Schiffs "Costa Concordia" Francesco Schettino in seinem Prozess wegen fahrlässiger Tötung Gründe für sein frühes Verlassen des Schiffs erläutert. Er sei so früh von Bord gegangen, weil sich das Schiff geneigt hatte und ihm nichts anderes übrig geblieben sei.
USA – keine Anklage gegen Polizisten: Nachdem ein Polizist in New York einen schwarzen Familienvater mutmaßlich zu Tode würgte, hat eine Jury entschieden, den Polizisten nicht anzuklagen. Erst kürzlich trug es sich ähnlich zu: Auch die Geschworenen im Fall des Fergusoner Polizisten entschieden, keine Anklage zu erheben. Das US-Justizministerium hat angegeben, den Fall zu untersuchen. Die SZ (Nikolaus Piper) und die taz (Dorothea Hahn) widmen sich dem Thema. Ein solches Justizsystem noch ernst zu nehmen, falle schwer, meint Bernd Pickert (taz).
Juristische Ausbildung
Abschlüsse werden überprüft: Etwa 200 Sonderprüfer untersuchen nachträglich die Abschlüsse von knapp 2.000 Juristen in Niedersachsen, nachdem der mutmaßlich korrupte Richter Jörg L. Juraklausuren fürs zweite Examen an Referendare verkauft haben soll. Ab dem 17. Dezember muss sich der Richter vor dem Landgericht Lüneburg (Große Strafkammer) verantworten. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall, Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchte Nötigung. Es sind mehr als fünfzig Verhandlungstage bis Sommer 2015 angesetzt. Das meldet focus.de.
Sonstiges
Düsseldorfer Tabelle: Ab 2015 gilt eine neue Düsseldorfer Tabelle. Unter anderem wird der Selbstbehalt für Unterhaltspflichtige erhöht. Die Düsseldorfer Tabelle enthält Leitlinien für den Unterhaltsbedarf von Unterhaltsberechtigten und soll die Rechtsprechung der Familiengerichte in Bezug auf den Kindesunterhalt standardisieren. lto.de stellt die Änderungen vor, ebenso die SZ (Constanze von Bullion).
Falsche Laborabrechnungen: Der bayerische Landtag untersucht in einem Untersuchungsausschuss seit Mai, inwieweit ein Netz von 10.000 Ärzten bei Abrechnungen von Laborleistungen betrogen haben soll. Das Handelsblatt (Sönke Iwersen/Jan Keuchel) berichtet nun exklusiv, die Mehrzahl der geschädigten Krankenversicherungen seien untätig geblieben seien, ebenso staatliche Beihilfestellen – trotz Alarmierung durch Ermittlungsbehörden. Im Raum stehe ein Schaden von 500 Millionen Euro und der Vorwurf der Untreue wegen des "schlampigen Umgangs mit Kundengeldern". Die Justiz habe die Ermittlungen außerdem selbst behindert: Akteneinsicht sei Geschädigten teilweise nicht gewährt worden, Verfahren reihenweise eingestellt.
Das Letzte zum Schluss
Priester schlichtet mit Pistole: Ein italienischer Gemeindepfarrer aus Sardinien soll einen Ehestreit mit einer Pistole geschlichtet haben. Ziel sei es gewesen, eine Eskalation zwischen dem Paar zu verhindern: Er "wollte helfen und Worte schienen ihm nicht mehr erfolgsversprechend". Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bedrohung und Verstoßes gegen das Waffenrecht. justillon.de berichtet.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/fr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 5. Dezember 2014: Verfehlte Schenkungen an Schwiegerkinder – fehlende Gleichstellung – keine Polizisten-Anklage in den USA . In: Legal Tribune Online, 05.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14024/ (abgerufen am: 07.05.2024 )
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