Ebay-Verkäufer müssen sich bei vorzeitigem Auktionsabbruch am Höchstgebot festhalten lassen. Das entschied am gestrigen Mittwoch der BGH. Außerdem in der Presseschau: Anti-Doping-Gesetz vorgestellt, internationale Schiedsgerichte kritisiert, EuGH-Urteil zu Sozialleistungen für EU-Ausländer besprochen, BGH zu Kalkulationsfehlern im Vergabeverfahren und wie eine Hunderettung sehr teuer wurde.
Thema des Tages
BGH zu Ebay: Ein Ebay-Verkäufer hatte seinen Gebrauchtwagen im Wert von mehreren Tausend Euro für einen Euro Startpreis auf der Plattform eingestellt und die Auktion kurz darauf abgebrochen, weil er eine lukrativere Verkaufsmöglichkeit entdeckt hatte. Zwischenzeitlich hatte jedoch bereits ein Bieter ein Gebot abgegeben. Diesem muss der Anbieter nun die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Wagens und dem Gebot von einem Euro als Schadensersatz wegen Nichterfüllung zahlen. Das entschied der Bundesgerichtshof am gestrigen Mittwoch, wie die SZ (Wolfgang Janisch) und die FAZ (Joachim Jahn) berichten.
Professor Christian Wolf und sein Mitarbeiter Tim Brockmann besprechen auf lto.de das Urteil. Der Kaufvertrag zwischen Anbieter und Höchstbietendem komme zum Zeitpunkt des Auktionsendes zustande, wobei der Auktionsabbruch den Zeitpunkt lediglich vorverlagere. Der Kaufvertrag sei auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, weil es gerade den Reiz von Ebay-Auktionen ausmache, dass der Käufer auf ein Schnäppchen hoffe, während der Verkäufer die Chance wahrnehme, einen vorteilhaften Preis zu erzielen.
Rechtspolitik
Anti-Doping-Gesetz: Auch die taz (Johannes Kopp) befasst sich mit dem Entwurf des Anti-Doping-Gesetzes, der am gestrigen Mittwoch von Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellt wurde. Für Selbstdoping ist eine Höchststrafe von drei Jahren vorgesehen. Personen, die Doping-Mittel verabreichen, müssen mit bis zu zehn Jahren Haftstrafe rechnen. Zudem sollen der Besitz und Erwerb von Doping-Mitteln sanktioniert werden.
Markus Völker (taz) bemängelt in seinem Kommentar die Diskrepanz zwischen staatlicher Förderung des Leistungssports und der geplanten Bestrafung. Hendrik Buchheister (spiegel.de) begrüßt den Gesetzentwurf, verweist aber auch auf Kritik an der geplanten Datenübermittlung durch Gerichte und Staatsanwaltschaften an die Anti-Doping-Agentur.
Schiedsgerichte: Die Zeit (Petra Pinzer) schildert anhand eines Schiedsgerichtsverfahrens vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID gegen Rumänien die Problematik von Investorenschutzklauseln. lto.de (Anne-Christine Herr) führt ein Interview mit Professor Andreas Fischer-Lescano, der ein Rechtsgutachten zum Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada verfasst hat. Seiner Ansicht nach ist die Kompetenz der EU zum Abschluss der Verträge begrenzt, sodass ein Zustimmungsverfahren in den Mitgliedsstaaten erforderlich sei. Wegen der Ausweitung des Investitionsschutzes auf Finanzdienstleistungen sei mit einer Zunahme von Schadensersatzforderungen und Schiedsgerichtsverfahren gegen Deutschland zu rechnen. Der Investorenschutz wird auch im Interview der SZ (Michael Bauchmüller) mit EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zu den geplanten Abkommen TTIP und Ceta thematisiert.
Suizidhilfe: Am heutigen Donnerstag findet im Bundestag eine sogenannte Orientierungsdebatte zur rechtlichen Regelung der Suizidhilfe statt. Die FR stellt kurz die fünf eingereichten Positionspapiere vor. Während eine Abgeordnetengruppe die Sterbehilfevereine untersagen wolle, befürworten Abgeordnete der Grünen und der Linken die Schaffung eines Rechtsrahmens für die Arbeit der Vereine. Die FAZ (Heike Schmoll) stellt ebenfalls die konträren Positionen dar. Alois Glück (CSU) verteidigt in der SZ das gesetzliche Verbot der organisierten Suizidhilfe und spricht sich für einen Ausbau der Palliativmedizin aus.
Streikrecht: Professor Bernd Rüthers stellt in einem Gastbeitrag in der FAZ die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Streiks dar und diskutiert Alternativen zum geplanten Gesetz über die Tarifeinheit. Denkbar seien eine Beschränkung des Arbeitskampfes in der Daseinsvorsorge, die Einführung von staatlicher Zwangsschlichtung oder eine vereinbarte Schlichtung mit Unterwerfungszwang.
Sexualstrafrecht: Auch zeit.de (Cordula Eubel/Jost Müller-Neuhof) befasst sich mit dem geänderten Gesetzentwurf des Justizministers Heiko Maas (SPD) zur Reform des Sexualstrafrechts, der sich nun vor allem auf die Verbreitung und nicht mehr die Herstellung von Nacktaufnahmen konzentrieren soll.
Kleinanlegerschutzgesetz: Die FAZ (Joachim Jahn) informiert über das am gestrigen Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossene Kleinanlegerschutzgesetz. Vorgesehen ist unter anderem die Ausweitung der Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, die Einführung einer Laufzeit von 24 Monaten für die Finanzanlagen und eine Einschränkung der Werbemöglichkeiten.
Justiz
EuGH zu Sozialleistungen: Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Dona vom Dienstag bespricht Professor Daniel Thym auf verfassungsblog.de. Das Gericht habe unmissverständlich festgelegt, dass das Freizügigkeitsrecht nur bestehe, wenn ausreichende Existenzmittel vorhanden sind. Aus dem Tenor ergebe sich ferner, dass "ohne Freizügigkeitsrecht generell kein Gleichbehandlungsanspruch" bestehe. Die FAZ (Joachim Jahn) erläutert die Folgen des Urteils auf Grundlage eines Gesprächs mit Thym. Das Urteil erfasse lediglich den Fall, dass die Person im Einwanderungsland nicht erwerbstätig war oder arbeitssuchend ist. EU-Ausländer mit geringem Einkommen hätten beispielsweise weiterhin Ansprüche auf Sozialleistungen.
BVerfG zu Heimunterricht: Das Bundesverfassungsgericht hat am vergangenen Freitag bestätigt, dass Eltern, die ihre Kinder der staatlichen Schulpflicht entziehen und zu Hause unterrichten, strafrechtlich belangt werden dürfen. In der FAZ bespricht Professor Franz Reimer die Entscheidung und kritisiert die mangelnde Würdigung der Schuldpflicht als Grundrechtseingriff und das in dem Beschluss zum Ausdruck kommende Grundrechtsverständnis.
BGH zum Vergabeverfahren: Professor Stephan Lorenz stellt auf lto.de ein Urteil des Bundesgerichtshofs zu einem Rechenfehler im Vergabeverfahren dar. Ein Unternehmen hatte unter falscher Kalkulation ein niedriges Gebot auf eine Ausschreibung abgegeben und wurde von einem Bundesland trotz Offenlegung des Fehlers beauftragt. Der BGH habe den Fall nach allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelöst und entschieden, dass der Auftraggeber nach §§ 311 Absatz 2, 241 Absatz 2 BGB (culpa in contrahendo) hafte, wenn er die Schädlichkeit des Angebots erkennt und dieses trotzdem annimmt. Im Wege der schadensersatzrechtlichen Naturalrestitution sei er verpflichtet, den Anbieter weder auf Leistung noch auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
BGH zu Markenabkürzungen: internet-law.de (Thomas Stadler) weist auf ein nun veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs hin, das die Frage zum Gegenstand hatte, ob eine Marke bei Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft in das Markenregister eingetragen werden darf. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft komme es auf das Verkehrsverständnis an, das sich nach einem Durchschnittsverbraucher richte. Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sollen unberücksichtigt bleiben, weil sie Durchschnittsverbrauchern in der Regel unbekannt seien.
BGH zu Verständigung und Bewährungsauflagen: Findet eine Verständigung gemäß § 257c Strafprozessordnung statt, die eine Bewährungsstrafe zum Gegenstand hat, und plant das Gericht, Bewährungsauflagen zu verhängen, muss der Angeklagte auf die geplanten Bewährungsauflagen hingewiesen werden. Das hat der Bundesgerichtshof im September entschieden, meldet blog.beck.de (Carsten Krumm).
BFH zu Kindergeld: Wie lto.de meldet, hat der Bundesfinanzhof im Juli dieses Jahres entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld bei freiwilligem Wehrdienst fortbestehen kann, wenn dieser eine Maßnahme zu einer Berufsausbildung darstellt. Der Kindergeldanspruch hänge damit von der Ausgestaltung des freiwilligen Wehrdienstes im Einzelfall ab.
LVG Sachsen-Anhalt zu SOG LSA: Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt (LVG) hat zwei Regelungen des Polizeigesetzes von Sachsen-Anhalt für verfassungswidrig erklärt, meldet lto.de. Zum einen kippte es die Regelung zur Telekommunikationsüberwachung ohne Wissen der betroffenen Person. Zum anderen erklärte es eine Ermächtigung für nichtig, die den Kommunen erlaubte, den Genuss alkoholischer Getränke und das Mitführen von Glasflaschen zu bestimmten Zeiten zu untersagen.
OLG München – NSU: zeit.de (Tom Sundermann) berichtet von der Vernehmung des Zeugen Kai D. im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Er war als aktiver Neonazi zwölf Jahre lang für den Verfassungsschutz als V-Mann tätig und sagte zum "Thüringer Heimatschutz" aus, deren Mitglieder die mutmaßlichen NSU-Terroristen waren. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) schildert zudem die Vernehmung eines Beamten aus dem Bundeskriminalamt, der überwiegend aus Akten vorgelesen habe und keine eigenen Ermittlungen vorweisen konnte.
OLG Düsseldorf – Düsseldorfer Zelle: Im Prozess gegen vier Männer der "Düsseldorfer Zelle" wird das Urteil an diesem Donnerstag ergehen. Die SZ (Annette Ramelsberger) fasst in einem ausführlichen Bericht den zweijährigen Prozess und die Plädoyers von Bundesanwaltschaft und Verteidigung zusammen. Den Männern wird vorgeworfen, einen Terroranschlag in Deutschland vorbereitet zu haben.
Recht in der Welt
Ukraine – Lustrationsgesetz: Alice Bertram beschäftigt sich auf verfassungsblog.de mit dem zweiten Lustrationsgesetz der ukrainischen Regierung. Das Gesetz, mit dem der Verwaltungsapparat von Anhängern des alten Regimes "gesäubert" werden soll, erfasse mindestens eine halbe Million Beamte. Zudem fallen "besonders seine nationalistischen Tendenzen auf, das Fehlen einer unabhängigen Behörde und die Hast, mit der die 'Lustration' in der Ukraine vorangetrieben wird."
EuGH zu Bußgeld: Wie lto.de meldet hat der Europäische Gerichtshof das von der EU-Kommission gegen das Unternehmen Guardian verhängte Bußgeld wegen eines Kartells von 148 Millionen Euro auf 103,6 herabgesetzt. Bei der Bemessung des Bußgeldes hätte die Kommission nicht nur die externen, sondern auch die internen Verkäufe berücksichtigen müssen.
Sonstiges
Fritz Bauer: Der brandenburgische Generalstaatsanwalt Erardo Cristoforo Rautenberg widmet sich in einem Gastbeitrag in der Zeit der Person des ehemaligen hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer. Dieser hat in den 60er Jahren die Auschwitz-Prozesse initiiert und so zur Aufklärung der NS-Verbrechen beigetragen. Der Autor zeichnet seinen Lebensweg nach und beschreibt die Auschwitz-Prozesse.
Sonderleistungen im Arbeitsrecht: Ulf Weigelt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, beantwortet auf zeit.de die Frage, wann ein Arbeitgeber vom arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abweichen und Arbeitnehmern Sonderleistungen gewähren darf. Die unterschiedliche Behandlung könne unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund individueller Leistungen, der Betriebszugehörigkeit oder eines spezifischen Know-hows erfolgen.
Das Letzte zum Schluss
Teure Hunderettung: Die Rettung ihres Hundes kam eine Frau aus Berlin teuer zu stehen. Für den Einsatz von 23 Rettungskräften zur Rettung ihres Terrier Skipper aus einem Dachsbau muss sie nun 10.000 Euro zahlen. Auf diese Summe verständigte sie sich mit der Feuerwehr vor dem Verwaltungsgericht Berlin, meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 13. November 2014: BGH zu abgebrochener Ebay-Auktion - Anti-Doping-Gesetz - BGH zu Rechenfehlern im Vergabeverfahren . In: Legal Tribune Online, 13.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13791/ (abgerufen am: 27.04.2024 )
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