Seine Mandanten kann man sich in den seltensten Fällen aussuchen. Anwälte müssen also lernen, auch mit schwierigen Persönlichkeiten klarzukommen. Carmen Schön schildert vier typische Probleme und gibt Tipps für eine gute Zusammenarbeit.
Der Unorganisierte
Daran erkennen Sie ihn: Der Unorganisierte liefert Ihnen die benötigten Unterlagen nicht zur vorgegeben Zeit. Schriftsätze und Gutachten liest er grundsätzlich erst einen Tag vor Fristablauf, will dann aber schnellstmöglich noch umfangreiche Änderungen. Mit der internen Kommunikation hapert es ebenfalls: Der Unorganisierte hat sein Team und andere Abteilungen, die in das Mandat involviert sind, nicht im Griff.
So schaffen Sie Abhilfe: Der erste Schritt ist, überhaupt wahrzunehmen, dass etwas schief läuft in der Zusammenarbeit. Oft ist man als Anwalt zu sehr in das Mandat vertieft, so dass man zwar bemerkt, dass das Mandat viel Kraft kostet und unrund läuft. Aber nicht immer kann man die Störungen auch klar benennen.
Anwälte haben häufig die Sorge, den falschen Ton zu treffen, wenn sie Probleme mit dem Mandanten ansprechen. Machen Sie sich aber klar: Als Anwalt können Sie nur so gut sein, wie Sie von Ihrem Mandanten unterstützt werden. Und es gibt auch die Fälle, in denen der unorganisierte Mandant sehr froh über Ihr kritisches Feedback sein wird, denn nur über ständige Optimierung kann man gemeinsam Höchstleistungen erbringen.
Bei unorganisierten Mandanten kann ein klares Briefing helfen. Weisen Sie auch im laufenden Mandat immer wieder auf Fristen und Zeitpläne hin, vielleicht auch mit dem Verweis darauf, dass Zeitverzögerungen teuer werden können.
Nach Abschluss des Mandats kann ein Feedback-Gespräch hilfreich sein. Falls Sie langfristig mit dem Mandanten zusammenarbeiten wollten, sollten Sie sich austauschen. Sprechen sie darüber, wo es Verbesserungspotenzial gibt, aber erwähnen Sie auch unbedingt das, was gut gelaufen ist.
Der Besserwisser
Typisches Kennzeichen: Der Mandant weiß grundsätzlich alles besser als Sie. Das kommt besonders häufig vor, wenn Ihnen Vertreter einer nicht-juristischen Abteilung, etwa aus dem Vertrieb, gegenüber sitzen.
Der Besserwisser ist narzisstisch, stolz und wirft dem Anwalt gerne vor, unwirtschaftlich zu denken und vom "Business" keine Ahnung zu haben. Vorschläge des Anwalts werden dann als unpraktikabel und praxisfern abgelehnt. Häufig zettelt der Besserwisser auch einen Streit über die Arbeitsergebnisse an.
Als Anwalt stecken Sie hier in einem Dilemma. Sie wollen den Mandanten nicht verlieren, aber eine konstruktive Zusammenarbeit - und damit auch eine echte Bearbeitung des Mandats - erscheint Ihnen unmöglich. Hier kann es helfen, wenn Sie sich auf Ihre Rolle als Dienstleister zurückziehen.
Stellen Sie sich deshalb nicht über Ihren Mandanten, sondern achten Sie darauf, dass er sein Gesicht wahrt. So grotesk Sie das im Moment finden mögen – äußern Sie Wertschätzung und schenken Sie dem Besserwisser Applaus für seine Intelligenz. Holen Sie ihn an Bord und bitten Sie ihn darum, gemeinsam zu überlegen, wie man das juristische Problem lösen könnte. Schlagen Sie ihm vor, Ihre Lösungsvorschläge gemeinsam zu diskutieren.
Der Unentschlossene
Sie machen viele Vorschläge, arbeiten Schriftsatz um Schriftsatz aus – aber Ihr Mandant will einfach keine Entscheidung treffen. Er delegiert alles weg, in Gesprächen weicht er aus, und er versucht sich immer wieder aufs Neue, gegenüber seinen Vorgesetzten abzusichern. Der Unentschlossene spricht gerne im Konjunktiv und verwendet Worte wie "eventuell" oder "möglicherweise".
Auch wenn Ihnen solche Mandanten besonders nervtötend erscheinen – die Unentschlossenen haben auch eine positive Seite. Solche Mandanten sind oft gute Teamplayer.
So schaffen Sie Abhilfe: Fragen Sie sich nicht, wann der Mandant sich endlich entscheidet. Überlegen Sie vielmehr, warum er sich nicht entscheidet und was ihm für eine Entscheidung fehlt. Welche Hindernisse und Hürden liegen dazwischen? Was braucht Ihr Mandant, um eine Entscheidung zu fällen, mit der er sich wohl fühlt? Versuchen Sie, ihm diese Argumente zu liefern.
Der Sprunghafte
Daran erkennen Sie ihn: Beim ersten Gespräch redet der Mandant pausenlos, er springt von einem Problemherd zum nächsten - und nach einer halben Stunde haben Sie immer noch keinen blassen Dunst, was er nun eigentlich von Ihnen will. Wo sein Beratungsbedarf liegt, bleibt Ihnen unklar.
Solche Mandanten können sehr ermüdend sein. Oft verfällt man als Anwalt auf die vermeintlich einfache Lösung: Sie verkaufen Ihrem Mandanten einfach irgendetwas - nur um seinem unaufhörlichen Redefluss zu entkommen.
Besser wäre es allerdings, wenn Sie versuchen, Ihren sprunghaften Mandanten sanft zu führen. Üben Sie sich in Toleranz und lassen Sie ihn unbedingt ausreden. Schaffen Sie sich während seines Monologs aber bereits eine gedankliche Struktur der Problemlage. Versuchen Sie dann, Ihren Mandanten durch "W-Fragen" auf den Punkt zu bringen. Fragen Sie ihn beispielsweise: "Was wäre der Erfolg, den Sie anstreben?" oder "Was hätte sich zum Guten verändert?"
Die Volljuristin Carmen Schön berät seit vielen Jahren Rechtsanwälte, Unternehmensjuristen und Wirtschaftskanzleien bei Fragen zur strategischen Ausrichtung, Positionierung im Markt, Akquise und Ausbau von Mandanten sowie Führung von Mitarbeitern.
Carmen Schön, Wenn der Mandant nervt: Vier Tipps für den Umgang mit schwierigen Mandanten . In: Legal Tribune Online, 24.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23018/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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