Rechtsprofessor Wißmann kritisiert die Abkürzung von Gesetzgebungsverfahren. Der US-Supreme Court hat weitere umstrittene Urteile verkündet. Das oberste Wahlgericht Brasiliens verbot Ex-Präsident Bolsonaro politische Kandidaturen bis 2030.
Thema des Tages
Gesetzgebung: Es "breite sich derzeit ein geradezu brutaler Zynismus gegenüber der Frage aus, wie ernst Gesetze in diesem Land nach Verfahren und Inhalt zu nehmen" seien, konstatiert Rechtsprofessor Hinnerk Wißmann in der Mo-FAZ und bezieht sich dabei insbesondere auf die anstehende Abstimmung zum Gebäudeenergiegesetz (GEG), dessen Inhalt in der Kürze der Zeit "weder fachlich, finanziell noch anwendungssystematisch bis zum Ende durchdacht" sei. Dabei werde schlicht übersehen, dass die legitime Verpflichtung aller Bürger und aller Staatsorgane auf das allgemeine Gesetz voraussetze, dass über dieses Gesetz auch in materieller Betrachtung demokratisch entschieden werde. Und das heiße, dass Parlament wie Bevölkerung überhaupt wüßten, was denn entschieden werde, welche Voraussetzungen das habe und welche Folgen damit verbunden seien. Die sachverständige Beratung und vor allem die umfassende Beteiligung des Bundesrates bildeten dabei ein tragendes, ja notwendiges Element funktionierender deutscher Gesetzgebung, gerade auch, weil Bundesministerien eben nicht Teil der ausführenden Verwaltung seien. Der Autor appelliert deshalb an Bundestag und Bundesrat, sich selbst und ihre Aufgaben ernst zu nehmen. Wer komplexe Prozesse beschleunigen wolle, sollte durchdacht und gründlich handeln.
Rechtspolitik
Suizidhilfe: Der Bundestag will am Donnerstag über Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe abstimmen. Die Sa-taz (Barbara Dribbusch) fasst die beiden Gesetzentwürfe, um die es geht, noch einmal zusammen und beleuchtet außerdem die Arbeit der Sterbehilfevereine, die sich eher für eine Beibehaltung der aktuellen Rechtslage einsetzten. Auch der Paritätische Gesamtverband lehne die Gesetzentwürfe ab, weil sie "für eine notwendige, umfassende Neuregelung … ungeeignet" seien, heißt es im Spiegel. Es gebe zu wenige Einschränkungen für profitorientierte Suizidhilfe, außerdem fehlten Maßnahmen zum Aufbau staatlicher Unterstützungsstrukturen.
Leihmutterschaft: In einem Pro & Contra wird in der Sa-SZ (Felix Hütten/Christina Berndt) das Thema Leihmutterschaft diskutiert. Felix Hütten findet, dass der Bundestag endlich Regeln für eine gerechte und zukunftsorientierte Reproduktionsmedizin auf den Weg bringen müsse. Die verstaubte Gesetzeslage hierzulande fördere das boomende Geschäft im Ausland, das nicht immer im Sinne der Leihmütter ablaufe. Christina Berndt dagegen befürchtet, dass auch bei noch so klugen gesetzlichen Vorgaben am Ende alle Beteiligten unter einer Leihmutterschaft leiden können. Die Gesellschaft müsse nicht jeden Wunsch erfüllen, wenn dessen Erfüllung mit Risiken für andere Menschen einhergingen.
Sozialisierung von Wohnungsunternehmen: Mit dem Gutachten zur Zulässigkeit einer Enteignung von Immobilienunternehmen befasst sich nun auch die Sa-taz (Jasmin Kalarickal). Eine Expertenkommission ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Vergesellschaftungsgesetz im Land Berlin "im Einklang mit den in Art. 15 GG ausdrücklich genannten Voraussetzungen" sei. Ob Berlin nach dem Kommissionsbericht allerdings tatsächlich große Wohnungsunternehmen vergesellschafte, bleibe fraglich, denn die schwarz-rote Landesregierung stehe dem Vorhaben skeptisch gegenüber.
StGB/Gefährdung durch Bannware: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer setzt in seiner spiegel.de-Kolumne seine Vorschläge für Strafrechtsnormen, die gestrichen werden können, fort. Er widmet sich dieses Mal dem kaum bekannten (und kaum verfolgten) § 297a StGB, der die Gefährdung von Schiffen, Kraft- und Luftfahrzeugen durch Bannware betrifft, und der eine "unsinnige, evident verfassungswidrige Regelung" enthalte. Manchmal sei auch im Strafrecht Reparatur sinnlos, so Fischers Resümé. Da helfe nur Streichen und Schweigen.
Künstliche Intelligenz: Die Sa-FAZ (Alexander Wulfers) stellt den derzeit auf EU-Ebene diskutierten Verordnungs-Vorschlag für einen AI-Act vor, der auf der Grundlage einer Risikoeinteilung AI-Anwendungen regeln soll. Besonders bedenkliche Anwendungen wie das in China praktizierte "Social Scoring" und (mit wenigen Ausnahmen) biometrische Gesichtserkennung in Echtzeit durch die Polizei sollen danach verboten werden. Anwendungsfelder, von denen weniger Gefahren ausgehen, sollen Transparenzstandards unterliegen. Die Entwickler generativer KI nach dem Vorbild von ChatGPT oder Stable Diffusion sollen in Zukunft unter anderem klar kennzeichnen müssen, wenn Inhalte von einer KI generiert wurden.
Unternehmenssanktionen: Deutschland brauche ein Unternehmensstrafrecht, fordert Martin Hesse (Spiegel) in seinem Leitartikel angesichts der Bewährungsstrafe für den früheren Audi-Chef Stadler. Ein klug gestaltetes Unternehmensstrafrecht könne es Staatsanwälten ermöglichen, Verdachtsmeldungen früher nachzugehen, Aufpasser in Konzerne zu entsenden – und schmerzhafte Strafen zu verhängen, ohne dass Führungskräften individuelle Vergehen nachgewiesen werden müssen. Es könne nicht sein, dass ein Konzern wie VW in den USA binnen kurzer Zeit 30 Milliarden Dollar zahlen müsse und vom US-Justizministerium kontrolliert werde, während deutsche Behörden den Betrügern nur Peanuts und einen faulen Deal abringen.
Mindestlohn: Mit der EU-Mindestlohnrichtlinie, die bis Ende 2024 in nationales Recht umgesetzt werden müsse, habe die EU wieder einmal ihre Kompetenzen überschritten, kritisiert Rechtsprofessor Arnd Diringer in seiner WamS-Kolumne. Durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werde zwar eine Unionskompetenz für den Bereich der Arbeitsbedingungen begründet, diese gelte aber ausdrücklich nicht für das Arbeitsentgelt.
Justiz
BVerfG – Legasthenie-Vermerk in Zeugnissen: Auch Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) widmet sich in einer Kolumne jetzt den in der vergangenen Woche verhandelten Verfassungsbeschwerden gegen die Eintragung von Legasthenie-Notenschutz in Zeugnissen. Eigentlich sei das Ziel Chancengleichheit, doch so stigmatisierend, wie die Hilfe gewährt werde, sei sie keine Hilfe, meint Müller-Neuhof. Auch weil viele Legastheniker deshalb bewusst auf den Notenschutz verzichten, könne es so nicht bleiben.
BGH – Due-Diligence-Pflichten: Am Freitag verhandelte der Bundesgerichtshof über die Informations- und Aufklärungspflichten im Rahmen einer sog. Due Diligence-Prüfung. Konkret geht es um den Verkauf mehrerer Gewerbeeinheiten im Ihme-Zentrum in Hannover-Linden. Die Verkäuferin hatte Unterlagen zum Objekt in einen virtuellen Datenraum gestellt, um der Käuferin deren sorgfältige Prüfung zu ermöglich. Drei Tage vor Vertragsschluss hatte sie noch das Protokoll einer Eigentümerversammlung nachgereicht, aus der sich großer Sanierungsbedarf des Zentrums ergab, darauf aber nicht gesondert hingewiesen. Ein Urteil soll am 15. September gefällt werden. WamS und LTO berichten.
BAG zu Überwachungsvideos: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass in einem Kündigungsschutzprozess Arbeitgeber Videos von offenen Überwachungskameras verwerten dürfen - auch dann, wenn die Überwachung gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstieß. Bei einer für alle erkennbaren Videoüberwachung liege keine schwerwiegende Grundrechtsverletzung vor, so das Gericht. Im konkreten Fall habe der Arbeitszeitbetrug schwerer gewogen als der Datenschutzverstoß. spiegel.de und LTO berichten über die Entscheidung.
OLG Frankfurt/M. - Folter in Syrien: Der Spiegel (Julia Jüttner) berichtet über die Bedrohung eines Zeugen im Prozess gegen, Alaa M., der als Folterarzt angeklagt ist. Der Zeuge, ein nach Deutschland geflohener ärztlicher Kollege von M., war vor seiner Aussage eingeschüchtert worden, indem sein Bruder in Syrien vom Regime vorgeladen und auf das Gerichtsverfahren angesprochen wurde. Der OLG-Senat warnte Syrien, Zeugen zu beeinflussen. Dies würde auf höchster Ebene zur Sprache kommen und die Anerkennung des Landes beeinträchtigen.
Rituale vor Gericht: Ronen Steinke (Sa-SZ) widmet sich in der Kolumne "Vor Gericht" bestimmten "Ritualen" im Strafverfahren und dem Fehlen solcher, wenn eine Strafe tatsächlich verbüßt wurde. Da komme einfach ein Mensch aus dem Gefängnistor heraus, ein Sack mit ein paar Habseligkeiten auf dem Rücken. Außerdem sinniert er über das letzte Wort des Angeklagten, das "heilig" sei, obwohl doch dann eigentlich "eh schon alles gelaufen" sei.
Fehlurteile: Die Doktorandin Katharina Reisch gibt auf LTO einen Überblick über aktuelle Forschungsprojekte und Ergebnisse der Fehlurteilsforschung und stellt fest, dass es nicht an Ideen mangele. Sie appelliert an den Gesetzgeber, die seit Jahren angemahnten Bemühungen um Fehlurteilsprävention "beherzt anzupacken".
Recht in der Welt
USA – Affirmative Action: Der US-Supreme Court hat in der vergangenen Woche die Bevorzugung von insbesondere Afroamerikanern bei der Zulassung zu amerikanischen Hochschulen für unzulässig erklärt. Über die Hintergründe und die Konsequenzen aus der Entscheidung berichten die Sa-FAZ (Winand von Petersdorff), Sa-SZ (Stefan Kornelius), WamS (Hannes Stein), spiegel.de (Sven Scharf) und LTO. So hatten ein Dutzend große amerikanische Unternehmen vor dem Supreme Court erklärt, dass eine Beendigung der Fördermaßnahmen die Rekrutierung vielfältiger, hoch qualifizierter Bewerber untergraben würde.
Für Clemens Wergin (Welt) ist schwer nachvollziehbar, warum ein weißer Schüler, der in einem Trailerpark in den Appalachen aufgewachsen ist, wegen seiner Hautfarbe schlechtere Chancen auf einen Studienplatz haben sollte als ein schwarzer Schüler aus einer Mittelschichtsfamilie in New York. Auch Nikolas Busse (Sa-FAZ) findet, dass die Leistungen eines Menschen über sein Fortkommen bestimmen sollten und nicht seine Hautfarbe; dies sei ein liberaler Gedanke, der von der amerikanischen Verfassung gedeckt sei. Ähnlich sieht es René Pfister (spiegel.de): bei Lichte betrachtet hätten "Affirmative Actions" zuletzt vor allem Leistungskriterien außer Kraft gesetzt. Dagegen meint Alisa Schellenberg (zeit.de), das Urteil des Supreme Courts werde den strukturellen Rassismus in den Vereinigten Staaten weiter fördern. Wenn weniger Schwarze, hispanische oder indigene Studierende an die Universitäten käme, würden sie systematisch und langfristig aus den Räumen ausgeschlossen, in denen gesellschaftliche Entscheidungen getroffen werden.
USA – Studiendarlehen: Der Supreme Court der Vereinigten Staaten hat einen Tag später zudem einen Erlass von US-Präsident Joe Biden aus dem August 2022 beanstandet, mit dem dieser über 40 Millionen ehemaligen Studierenden die Rückzahlung ihrer Studienkredite teilweise erlassen hat. Der Gerichtshof argumentierte, dass hierzu eine eindeutige Ermächtigung durch den Kongress erforderlich gewesen wäre. Geklagt hatten sechs republikanisch regierte Bundesstaaten (Nebraska, Missouri, Arkansas, Iowa, Kansas und South Carolina) und zwei Einzelkläger. spiegel.de berichtet.
USA - Antidiskriminierungsgesetz Colorado: In einer weiteren Entscheidung gab der Supreme Court einer evangelikalen Webdesignerin Recht, die keine Webseiten für Hochzeiten von Homosexuellen erstellen wollte, weil das ihrem Glauben widerspreche. Die konservativen Richtermehrheit am Supreme Court sieht die Weigerung von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Staat Colorado dürfe die Frau nicht mit seinem Antidiskriminierungsgesetz zwingen, Botschaften zu erstellen, mit denen sie nicht einverstanden ist. spiegel.de berichtet.
USA – US-Supreme Court: Der Supreme Court sei ein Gericht ohne historisches Bewusstsein, schreibt Christian Zaschke (Sa-SZ), ein solches Gericht, dem in der Mehrheit die Entscheidungen der Vorgängerinnen und Vorgänger gleichgültig seien, habe es noch nie gegeben. Stefan Kornelius (Mo-SZ) verteidigt dagegen den Supreme Court. Der Supreme Court sei zwar "ein aus ideologischem Antrieb besetztes Gericht". Das macht ihn aber "noch nicht zu einem ideologischen Gericht".
Brasilien – Amtsverbot für Bolsonaro: Das Oberste Wahlgericht Brasiliens hat dem früheren Präsidenten des Landes Jair Bolsonaro ein Amtsverbot bis 2030 auferlegt. Damit wäre Bolsonaro auch von der Präsidentschaftswahl 2026 ausgeschlossen, er kann allerdings gegen die Entscheidung noch Rechtsmittel zum Obersten Gerichtshof Brasiliens einlegen. Vier der sieben Richter befanden, dass Bolsonaro sein Amt missbraucht habe, indem er vor der Wahl Zweifel am elektronischen Wahlsystem säte. Mo-SZ (Christoph Gurk), Mo-taz (Niklas Franzen) und spiegel.de berichten.
Die Richter, die durch die Verurteilung Bolsonaros eigentlich die Demokratie schützen wollten, hätten ihr womöglich aber einen Bärendienst erwiesen, schreibt Tobias Käufer (WamS). Ihr Spruch bereite den juristischen Weg für mächtige Politiker, Rivalen kaltzustellen.
Russland – Gruppe Wagner: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sarah Katharina Stein erläutert im Verfassungsblog, warum die Gruppe Wagner nicht als Söldnertruppe, sondern als private military contractors (PMCs) anzusehen sei und damit eine weitaus größere Bedrohung für das Gewaltmonopol, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und den Schutz von Betroffenen darstelle. Die Autorin hofft, dass der abgebrochene Putschversuch gegen Moskau den Anstoß bieten könnte, PMCs zu regulieren.
Ungarn – neuer Justizminister: In der Mo-FAZ (Stephan Löwenstein) wird Bence Tuzson vorgestellt, der im August Justizminister werden soll, weil die bisherige Amtsinhaberin Judit Varga als Europaabgeordnete nach Straßburg wechseln will. ist Bisher sei Tuzson Staatssekretär im Kabinettsbüro des Ministerpräsidenten und scheine bislang eine Art Springerdienst bei Sonderproblemen wahrzunehmen.
Schweiz – Apple gegen Äpfel: In der Schweiz ist das US-Unternehmen Apple vor Gericht gegen den Schweizer Obstverband vor Gericht gezogen, weil es die naturgetreue Abbildung eines Apfels schützen lassen will. Sollte Apple den Rechtsstreit gewinnen, geht der Verband davon aus, dass alle, die den Apfel in ihrer Bildsprache verwenden, Änderungen vornehmen oder den Entscheid anfechten müssten. Je nach Urteil werde man "die erforderlichen Maßnahmen" einleiten, so die Sprecherin. Die Klage sei das jüngste Beispiel einer regelrechten Markenschutz-Industrie. Zahlreiche mächtige Konzerne mit großen Rechtsabteilungen nutzten geistige Eigentums- und Patentrechte mittlerweile, um Dinge schützen zu lassen, die nur entfernt mit ihren Produkten zu tun haben – eine oft erfolgreiche Strategie, um Wettbewerber auszustechen oder über Lizenzgebühren zusätzlichen Profit zu machen, heißt es in der SZ (Isabel Pfaff).
Juristische Ausbildung
Tax-Law-Clinic: Auch im Steuerrecht könnte es bald Law Clinics geben, denn das Bundesfinanzministerium stellt eine entsprechende Gesetzesänderung in Aussicht. Wie Rechtsreferendar Achim Baumeister im FAZ-Einspruch schreibt, sei eine Änderung des § 6 Steuerberatergesetz (StBerG) geplant, so dass auch Law Clinics zulässig werden, bei denen zu Ausbildungszwecken unter Anleitung einer besonders qualifizierten Person altruistische Hilfeleistung in Steuersachen angeboten werde. Der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaften an der Leibniz-Universität Hannover (VFS Hannover) kämpft seit Jahren für eine Gleichstellung von Steuerrechts-Law-Clinics mit Law-Clinics in anderen Rechtgebieten, die nach einer Ausnahmeregelung im RDG seit 2008 erlaubt sind - bisher ist der Verein allerdings an den Gerichten gescheitert.
Sonstiges
AfD-Landrat: Die Verfassungstreue-Überprüfung des kürzlich zum Landrat des thüringischen Landkreises Sonneberg gewählten AfD-Politikers Robert Sesselmann hat Landesinnenminister Georg Maier verteidigt, schreibt LTO. Das sei eben die Gesetzeslage in Thüringen, die nun angewendet werde, wird der Minister zitiert. Auch Maximilian Steinbeis im Verfassungsblog-Editorial sieht für die angekündigte Überprüfung keine rechtlichen Probleme. Er weist allerdings auf mögliche politische Konsequenzen hin: Entweder setze sich die zuständige Behörde dem Vorwurf aus, den Bestand von Wahlen von ihrem Ausgang abhängig zu machen, oder sie stelle dem AfD-Mann ein demokratisches Unbedenklichkeitszeugnis aus und setze sich womöglich auch noch dem Verdacht aus, sich für die weniger unbequeme Lösung und gegen das Recht entschieden zu haben. Ebenfalls im Verfassungsblog geht Rechtsprofessor Andreas Nitschke ausführlich auf das Prüfverfahren ein, erläutert den anzuwendenden Maßstab und erinnert dabei auch an die Diskussion der 1970er- und 1980er-Jahre über die sogenannten "Berufsverbote" für Beamt:innen beziehungsweise Bewerber:innen, die sich seinerzeit insbesondere für kommunistische Parteien engagierten.
AfD-Verbot: Heribert Prantl (Sa-SZ) hält ein Verbotsverfahren gegen die AfD auf Bundesebene nicht für den geeigneten Weg, stattdessen schlägt er vor, lediglich gegen die radikalsten Landesverbände - etwa die in Thüringen und Brandenburg - vorzugehen. Das wäre eine angemessene, vielleicht ausreichende Reaktion einer wehrhaften Demokratie.
AfD und Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Rechtsprofessor Wolfgang Schulz befasst sich auf LTO mit der Frage, inwieweit AfD-Politiker bei Talk-Sendungen insbesondere des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligt oder ausgeschlossen werden können. Erläutert wird die besondere Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der nicht nur Träger der Kommunikationsfreiheiten aus Art. 5 Abs. 1 GG, sondern auch grundrechtsgebunden ist, also auch gebunden an den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien.
Verfassungsschutz: Die Sa-taz (Till Schmidt) stellt das neue Buch von Ronen Steinke zur Funktionsweise des Verfassungsschutzes vor. Auf knapp 200 Seiten gehe Steinke mit den gewachsenen Strukturen, dem Selbstverständnis und dem konkreten Agieren der Verfassungsschutzämter ins Gericht – und das mitunter sehr hart, so der Rezensent. Als Verteidiger eines liberalen Rechtsstaates störe sich Steinke vor allem daran, wie stark mitunter an Grundrechten wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gerüttelt sowie linke und rechte Gruppierungen mit Doppelstandards beurteilt würden.
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LTO/pf/chr
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Die juristische Presseschau vom 1. bis 3. Juli 2023: . In: Legal Tribune Online, 03.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52131 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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