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Bundeskabinett verabschiedet Gesetzesentwurf: "Ups­kir­ting" und "Gaffen" werden zu Straf­taten

13.11.2019

Handyfoto von einem Unfallopfer

© RioPatuca Images - stock.adobe.com

Die Bundesregierung hat ein härteres Vorgehen gegen Upskirting und Gaffen beschlossen. Künftig macht sich strafbar, wer unter den Rock beziehungsweise in den Ausschnitt fotografiert oder Bilder von Toten, wie etwa bei Unfällen, macht.

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Fotos von Unfall-Toten sowie heimliche Aufnahmen unter Röcke und ins Dekolleté sollen härter bestraft werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschlossen. Beides soll demnach künftig als Straftat gelten.

"Früher galt: So etwas macht man nicht! Heute wird es gemacht. Das nehmen wir nicht hin", sagte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) mit Blick auf Unfallgaffer. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie am Mittwoch: "Wichtig ist das Signal. Es muss deutlich werden, dass es sich nicht um ein Kavaliersdelikt handelt." Es gehe nicht darum, möglichst viele Menschen zu verurteilen, sondern eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen.

Unfall-Tote zu filmen oder zu fotografieren soll künftig mit Geldbußen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Mit der Gesetzesänderung soll das "Herstellen und Übertragen einer Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt" als Straftat gewertet werden soll.

Auch Tote sollen vor entwürdigenden Bildern geschützt werden

Bislang schützt das Strafrecht nur lebende Menschen vor entwürdigenden Bildern. Bei Toten - etwa Opfern von Verkehrsunfällen oder Gewaltverbrechen - werden solche Aufnahmen nur als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht gewertet. Zugleich tauchen solche Bilder immer häufiger auf, weil Handykameras allgegenwärtig sind und die Anonymität des Internets die Hemmschwelle für eine Verbreitung senkt. Angehörige können lediglich die Löschung auf Internetseiten verlangen.

"Verletzte Unfallopfer oder gar Tote aus reiner Sensationsgier zu fotografieren, ist widerlich und verstößt gegen die Grundregeln menschlichen Anstands", erklärte Justizministerin Christine Lambrecht. Für Menschen, die in einem solchen Moment nichts anderes im Sinn hätten als Fotos zu schießen, fehle ihr jedes Verständnis. Dass sie für die Veröffentlichung auch noch mit Likes und Kommentaren belohnt würden, sei "einfach nur gruselig", sagte die Ministerin der NOZ.

Auch das heimliche Fotografieren und Filmen unter Rock oder Kleid - Upskirting genannt - sowie in die Bluse will Lambrecht unter Strafe stellen. "Auch das ist demütigend und verletzend", kritisierte sie in der NOZ. Die Fotos werden in Chatgruppen geteilt und sogar kommerziell vertrieben. "Es trifft Frauen sehr, wenn sie zu Objekten degradiert werden", sagte Lambrecht.

Strafe für Upskirting soll das Ansehen der Opfer schützen

Bisher gilt das Fotografieren unter den Rock meist als Ordnungswidrigkeit und wird nur dann als Straftat geahndet, wenn der Täter das Opfer berührt oder zusätzlich beleidigt und erniedrigt. Zwei junge Frauen hatten etwa eine Online-Petition gestartet, um das Upskirting unter Strafe zu stellen. Mehr als 100.000 Unterzeichner schlossen sich an. Die Initiatorinnen Hanna Seidel und Ida Marie Sassenberg berichteten, die Intimfotos landeten häufig auf Pornoseiten und anderen Online-Plattformen. Auf vielen der Bilder seien die Frauen identifizierbar. Opfer hätten ihnen von Vorfällen in der Schule, am Arbeitsplatz, in der S-Bahn, auf Konzerten oder im Supermarkt erzählt. Auch Männer in Kilts, den typischen schottischen Röcken, seien unter den Opfern - und Frauen unter den Tätern.

Anders als das Fotografieren wird das Veröffentlichen solcher Bilder schon länger als Straftat gewertet. Seit 2015 drohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren, wenn Bilder ins Internet gestellt werden, die dem Ansehen der Abgebildeten erheblich schaden können. Betroffene können zudem die sofortige Löschung, Schadenersatz und gegebenenfalls eine Geldentschädigung verlangen. Jetzt muss der Bundestag den Änderungen noch zustimmen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

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Bundeskabinett verabschiedet Gesetzesentwurf: "Upskirting" und "Gaffen" werden zu Straftaten . In: Legal Tribune Online, 13.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38693/ (abgerufen am: 21.03.2023 )

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