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Strafanzeige nach NSU-Enthüllungen: Straf­ver­fol­gung könnte auch "Frag den Staat" und "ZDF-Magazin-Royale" betreffen

von Dr. Felix W. Zimmermann

31.10.2022

Der Hessische Verfassungsschutz wollte die Akten noch Jahrzehnte unter Verschluss halten Foto: ZDF

Nach Enthüllung der NSU-Berichte hat der Verfassungsschutz Strafanzeige erstattet, angeblich nur wegen der Weiterleitung. Aber auch gegen Verantwortliche von "Frag den Staat" und das "ZDF-Magazin-Royale" könnte jetzt ermittelt werden. 

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Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen hat nach der Veröffentlichung von geheimen NSU-Berichten Strafanzeige gestellt. Die Strafanzeige sei wegen der unrechtmäßigen Weitergabe von als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten gegen Unbekannt gestellt worden, teilte die Behörde am Montag in Wiesbaden mit. Das hessische Landeskriminalamt befasse sich nun mit den Ermittlungen. Die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann hatten die Dokumente veröffentlicht und ins Internet gestellt. 

Die Strafanzeige des LfV richtet sich nur gegen die "unrechtmäßigen Weitergabe" der Dokumente und nicht gegen die Veröffentlichung. Allerdings bedeutet dies nicht, dass – eine Strafbarkeit unterstellt – die Verantwortlichen bei "Frag den Staat" und beim "ZDF-Magazin-Royale" mit keinerlei Strafverfolgung rechnen müssen. So käme im Hinblick auf die Weitergabe der Dokumente theoretisch eine psychische Beihilfe oder Anstiftung zum Geheimnisverrat nach § 353b Strafgesetzbuch (StGB) in Betracht. Eine Teilnahmestrafbarkeit würde jedoch voraussetzen, dass die Person, die das Dokument weitergeleitet hat, nicht von sich aus - etwa aus eigener Überzeugung - gehandelt hat, sondern hierzu überredet worden ist. 

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Bereits in den vergangenen Tagen war über die mögliche Strafbarkeit der Enthüllungen berichtet worden. Zur Frage, ob die Veröffentlichung des Berichts rechtmäßig war, verweisen Autoren der SZ auf § 353b Abs. 3a StGB. Demnach handeln Journalist:innen nicht rechtswidrig, "wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung" eines Dienstgeheimnisses beschränken. Ob dies aber die Veröffentlichung eines ganzen Berichts rechtfertige, sei offen. Die von der FAZ befragten Rechtsprofessoren halten die Veröffentlichung für zulässig, da sie der Machtkritik diene. Auf den Aspekt der Strafbarkeit der Teilnahme an der Weiterleitung wird jedoch jeweils nicht eingegangen. 

Was den möglichen Personenkreis für die Weiterleitung angeht, betonte das Landesamt für Verfassungsschutz, dass die Dokumente zwei Untersuchungsausschüssen des hessischen Landtags vollständig vorgelegen haben. Auch die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) hätten jederzeit die Möglichkeit, die Aktenprüfungsberichte einzusehen. 

Die Dokumente seien zudem dem Bundeskriminalamt, der Generalbundesanwaltschaft sowie dem hessische Landeskriminalamt zur Verfügung gestellt worden.  Der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer der Rechtsterroristen waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin.

mit Materialien von dpa 

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Strafanzeige nach NSU-Enthüllungen: Strafverfolgung könnte auch "Frag den Staat" und "ZDF-Magazin-Royale" betreffen . In: Legal Tribune Online, 31.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50037/ (abgerufen am: 07.02.2023 )

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