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Gekündigte Post-Unternehmer: Großbri­tan­nien leistet Wieder­gut­ma­chung im bisher größten Jus­tizskandal

11.01.2024

Ein Post Office in Großbritannien

Die britische Post sorgte mit dem Einsatz eines defekten Computersystems namens "Horizon" für einen aufsehenerregenden Justiz-Skandal, über den heute noch gesprochen wird. Foto:picture alliance / ZUMAPRESS.com | Vuk Valcic

Das mangelhafte Computersystem "Horizon" führte zum bisher größten Justizskandal in der britischen Geschichte. Die Regierung in London möchte nun zu Unrecht verurteilte Ex-Postfilialleiter möglichst schnell und umfangreich entschädigen.

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Derzeit lässt die Dramaserie "Mr Bates vs The Post Office" in Großbritannien die Debatte um den "Horizon"-Justizskandal wieder auflodern. Die Serie zeigt den Kampf zwischen der mächtigen Insitution Post Office und ehemaligen Mitarbeitern – und sie beruht auf einer wahren Geschichte. Denn auch in der Wirklichkeit waren Hunderte selbstständige Filialleiter des Staatsunternehmens Post Office im Zeitraum von 1999 bis 2015 in den Bankrott getrieben oder sogar ins Gefängnis gesteckt worden. Die britische Post hatte ein fehlerhaftes Computersystem namens "Horizon" für die Erstellung von Abrechnungen eingesetzt, das falsche Geschäftszahlen lieferte. Sowohl die Steuerbehörden als auch die Gerichte verließen sich auf diese falschen Zahlen, was über die Jahre Hunderte Selbstständige, die für die britische Post Filialleitungen übernahmen, ihre Existenz kostete und sogar Unschuldige ins Gefängnis brachte.

Diese "Horizon"-Geschädigten sollen jetzt schnell und umfangreich entschädigt werden, wie nun bekannt wurde. Der britische Premierminister Rishi Sunak äußerte sich am Mittwoch im Parlament in London so: "Dies ist einer der größten Justizirrtümer in der Geschichte unseres Landes. Die Leben und der Ruf von Menschen, die hart gearbeitet haben, um ihren Gemeinden zu dienen, wurden ohne eigenes Verschulden zerstört. Die Opfer müssen Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten." Er betonte: "Wir werden dafür sorgen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, wir das Unrecht der Vergangenheit wiedergutmachen und den Opfern die Gerechtigkeit zuteil wird, die sie verdienen". Bisherige Entschädigungszahlungen, die an wenige "Horizon"-Geschädigte geflossen sind, werden von Beobachtern als zu gering kritisiert.

Hunderte selbstständige Filialleiter des früheren Staatsunternehmens Post Office waren beschuldigt worden, sich unrechtmäßig bereichert zu haben. Steuerbehörden und Gerichte glaubten dabei den falschen "Horizon"-Zahlen. Nach dpa-Angaben wurden auf dieser Basis über 700 Menschen mutmaßlich zu Unrecht verurteilt. Dieser britische Justizirrtum ist der bisher größte in der Geschichte es Landes. Durch Ermittlungen zum Skandal stellte sich später heraus, dass das fehlerhafte Computersystem "Horizon" des Unternehmens Fujitsu für die falschen Zahlen in den Angaben verantwortlich war. Inzwischen klagen ehemalige Mitarbeiter des Post Office vor Gericht, allerdings wurden nach dpa-Angaben bislang nur etwa 90 falsche Urteile aufgehoben. Der Großteil der "Horizon"-Geschädigten wird bis dato von der britischen Regierung mit seinem Schicksal alleingelassen.

dpa/so/LTO-Redaktion

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Gekündigte Post-Unternehmer: . In: Legal Tribune Online, 11.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53609 (abgerufen am: 12.05.2025 )

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