Ein Seniorenheim kann seine abgeschlossenen Pflegevertrag auch während eines Lockdowns mit Zugangsbeschränkungen vollumfänglich erfüllen. Das Heimgeld darf etwa wegen Zugangsbeschränkungen nicht gekürzt werden, so der BGH.
Coronabedingte Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen sind nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) kein Grund, dass Heimbewohner und -bewohnerinnen Pflegeeinrichtungen weniger zahlen müssen. Die Hauptleistungen eines Pflegevertrags wie das Bereitstellen eines Zimmers als Wohnraum sowie Pflege- und Betreuungsleistungen könnten trotz des Lockdowns in vollem Umfang erbracht werden, entschied der BGH in Karlsruhe (Beschl. v. 28.04.2022, Az. III ZR 240/21).
Im konkreten Fall hatte eine Bewohnerin in einem Seniorenwohn- und Pflegeheim gelebt, bis ihr Sohn sie Mitte März 2020 wegen der Pandemie zu sich nach Hause holte. Ihr Zimmer räumte sie nicht, zahlte aber nur noch einen Teil des monatlichen Entgelts an das Heim. Der Heimbetreiber kündigte ihr den Pflegevertrag entsprechend zu Ende August 2020.
Das Landgericht Amberg in der Oberpfalz verurteilte die Frau auf Klage des Heims hin unter anderem zur Räumung des von ihr belegten Zimmers sowie zur Zahlung des noch ausstehenden Betrags von rund 8.900 Euro nebst Zinsen. Die Berufung dagegen hatte vor dem Oberlandesgericht Nürnberg keinen Erfolg.
Keine Schlechtleistung, kein Wegfall der Geschäftsgrundlage
Weil die beklagte Seniorin das "Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde" (sic!) erheben wollte, bestand sie gemäß § 78b Abs. 1 Zivilprozessordnung auf die Bestellung eines Notanwalts, da auf ihre Anfrage keiner der beim BGH zugelassenen Rechtsanwälte zu einer Vertretung bereit gewesen sei. Diesen Antrag hat der BGH nun abgelehnt und dabei auch die Frage entschieden, dass coronabedinge Einschränkungen keine Kürzung des Heimentgelts rechtfertigten.
Stattdessen betonte er, die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen hätten vor allem dem Gesundheitsschutz sowohl der (besonders vulnerablen) Heimbewohner als auch der Heimmitarbeiter gedient. Der Pflegevertrag habe in der Pandemie aber trotzdem weiterhin und auch in vollem Umfang erfüllt werden, denn die Hauptleistungen habe das klagende Seniorenheim nach wie vor erbracht bzw. erbringen könnenn, wäre die Seniorin nicht zu ihrem Sohn gezogen. Sowohl eine Nicht- als auch Schlechtleistung liege damit im Falle coronabedingter Zugangsbeschränkungen nicht vor, ebenso wenig wie eine Störung der Geschäftsgrundlage: "Ein Festhalten am unveränderten Vertrag war der Beklagten daher zumutbar, zumal die zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie angeordneten Einschränkungen sozialer Kontakte ('Lockdown') das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben, also auch Nichtheimbewohner, erfassten", heißt es in dem Beschluss.
dpa/cp/LTO-Redaktion
BGH zu Corona-Zugangsbeschränkungen in Pflegeeinrichtung: . In: Legal Tribune Online, 01.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48621 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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