Private-Equity-Investoren haben viel Geld zur Verfügung, finden derzeit aber kaum Möglichkeiten, dieses auch anzulegen. Deshalb rückt eine bislang eher skeptisch beäugte Option in den Fokus: Die Minderheitsbeteiligung.
Ende Mai erzielte der Finanzinvestor CVC Capital Partners einen europäischen Rekord für die Beteiligungsbranche: Zusammen mit Investments des Managements sammelte CVC 16 Milliarden Euro bei institutionellen Anlegern ein. Addiert man noch das bei Private-Equity-Transaktionen übliche Fremdkapital hinzu, kann der Fonds nach Branchenschätzungen wohl Transaktionen über 40 Milliarden Euro stemmen. Das ist reichlich Dry Powder – so nennt die Branche Geld, das sie bei professionellen Anlegern eingesammelt, aber noch nicht investiert hat.
Im Markt gibt es mehr Liquidität als Möglichkeiten, dieses Geld anzulegen. Die Folge: Der Wettbewerb zwischen den Finanzinvestoren verschärft sich. Zusätzlich erschwert werden die Bedingungen durch liquide strategische Investoren auf dem M&A-Markt: Erst vor wenigen Wochen hat etwa Linde ein Angebot für den Kauf des US-Konzerns Praxair für 60 Milliarden Euro abgegeben. Im Gegensatz zu strategisch investierenden Unternehmen können Beteiligungsgesellschaften schwieriger Synergien erzielen und sind entsprechend gezwungen, niedrigere Kaufpreise zahlen.
Wettbewerb macht erfinderisch
Der erhöhte Wettbewerb macht Finanzinvestoren erfinderisch und führt sie in unbekanntes Terrain. Im Private-Equity-Umfeld gehören dazu Minderheitsbeteiligungen, traditionell skeptisch beäugt. Lange Zeit galten diese als zu unflexibel, etwa in Bezug auf Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten und die Steuerung des Exit-Prozesses. Vielfach durften Fonds auch gemäß interner Regeln gar keine Minderheitsbeteiligungen eingehen.
Zwar sind Minderheitsbeteiligungen von Finanzinvestoren im deutschen Markt noch nicht so populär wie in den USA, doch in den letzten Jahren zeichnet sich ein Trend ab. Sind die Investoren flexibler, was die Deal-Struktur angeht, eröffnen sich dadurch freilich auch neue Möglichkeiten, um attraktive Assets außerhalb von Auktionen zu erwerben.
Verkäufer von Minderheitsbeteiligungen sind zunehmend auch Inhaber von Familienunternehmen, denen es weniger um Kapitalbeschaffung geht – das derzeitige Niedrigzinsumfeld bietet zahlreiche Alternativen. Viel wichtiger erscheint ihnen der Zugang zur Expertise des Investors in Bezug auf angrenzende Industrien, strategische Internationalisierung oder das Netzwerk für einen späteren gemeinsamen Verkauf.
Weniger Kontrolle verlangt mehr Schutz
Die Ausgestaltung einer Minderheitsbeteiligung stellt jedoch eine betriebswirtschaftlich und rechtlich komplexe Situation dar. Der Zielrendite des Finanzinvestors stehen Ungewissheit und Renditedruck gegenüber, die etwa die erstmalige Aufnahme eines familienfremden Gesellschafters mit sich bringt.
Insbesondere im Hinblick auf Minderheitenschutzrechte und Ausstiegsklauseln für den Finanzinvestor kann es daher zu aufwändigen Verhandlungen kommen. Ist sich ein Familienunternehmer seiner Sache nicht sicher oder fehlt ausreichend professionelle Beratung beim Verkaufsprozess, wird der Aufwand noch größer. Die sorgfältige Auswahl des Partners und robuste Regelungen für die Zusammenarbeit und deren zwingend bevorstehendes Ende sind daher essenziell.
2/2 Sonderrechte für den Krisenfall und Regeln für den Exit
Ein Finanzinvestor wird in der Gesellschaftervereinbarung über die gesetzliche Norm hinaus Regelungen zum Schutz des Investments verlangen. Dazu gehören neben Informationspflichten vor allem Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung. So will er sich bei wichtigen Entscheidungen zu Strategie, Budget oder Finanzierung ein Mitspracherecht sichern.
Ein gängiges Mittel sind auch Sonderrechte für den Fall einer Krise. In diesem Fall möchte der Investor beispielsweise externe Berater einsetzen oder das Management austauschen dürfen. Nicht zuletzt müssen mögliche Exit-Szenarien vertraglich abgesichert werden.
Häufig ist hier geplant, dass der Exit des Investors durch Anteilsrückkauf des anderen Gesellschafters erfolgt. Ein probates Mittel hierfür besteht darin, dass nach einer Mindesthaltedauer von etwa zwei bis drei Jahren (Lock-up Period) zunächst der Familienunternehmer für einen bestimmten Zeitraum eine Kaufoption (Call Option) auf die Anteile des Finanzinvestors hat. Nach Ablauf der Kaufoption wiederum hat der Finanzinvestor eine Verkaufsoption (Put Option).
Der Ausübungspreis der Option entspricht dabei jeweils einer bestimmten Renditeerwartung des Finanzinvestors. Im Übrigen sollten in der Gesellschaftervereinbarungen übliche Mitnahme- und Mitveräußerungsrechte vereinbart werden, sogenannte Drag- bzw. Tag-along Rights, um stets die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile sicherzustellen. Daneben sind Regeln zur Erlösverteilung notwendig.
Werden diese Grundsätze beachtet, sollte sich der Gebrauch der sogenannten Deadlock Provisions vermeiden lassen. Dies sind Klauseln, die den Fortbestand des Unternehmens trotz eines unlösbaren Konflikts zwischen den Gesellschaftern sicherstellen sollen. Spielarten dieser Klauseln haben sprechende Namen: Russian Roulette, Texas/Mexican Shoot-out. Das lässt vermuten, dass ihr Gebrauch zumindest für einen Beteiligten kein gutes Ende nimmt.
Der Autor Dirk Kramer ist Counsel bei Eversheds Sutherland Germany LLP in München. Er berät im Bereich Private Equity und M&A.
Dirk Kramer, LL.M., Private Equity: Dry Powder auf Rekordniveau . In: Legal Tribune Online, 20.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23521/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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