Weder die Coronakrise noch die Sommerferien haben wechselwillige Juristen ausgebremst. Einige Kanzleien gründen neue Standorte, andere bauen ihre Partnerschaft durch Quereinsteiger aus. Ein Blick auf die spannendsten Transfers.
Scheinbar unbeeindruckt von der Pandemie expandieren viele Kanzleien weiter. Sie nehmen neue Partner an Bord oder schließen durch Standorteröffnungen weiße Flecken auf der Landkarte. So etwa Görg: Die Kanzlei ist dank eines Teamzugangs künftig in Stuttgart, Ulm und Friedrichshafen vertreten. Schalast dagegen zieht es in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt.
Andere Sozietäten wie SZA Schilling Zutt & Anschütz, Friedrich Graf von Westphalen & Partner oder Pinsent Masons konzentrieren sich indes darauf, ihre bestehenden Standorte durch sogenannte Lateral Hires, also Neuzugänge aus Partnerebene,zu erweitern.
Ebenso bemerkenswert: Auf die Frage, ob Selbstständigkeit oder Großkanzlei besser gefällt, finden eine IT-Rechtlerin und ein Gesellschaftsrechtler ganz unterschiedliche Antworten.
1/10 Pinsent Masons lässt sich auch von Corona nicht stoppen
Erst im vergangenen Jahr hat Pinsent Masons einen Standort in Frankfurt eröffnet und damals angekündigt, sich dort in den Bereichen Immobilien und Finanzdienstleistungen verstärken zu wollen. "Die vergangenen Monate haben an unseren Zielen nichts geändert; im Gegenteil", bekräftigt Deutschlandchef Rainer Kreifels.
Und nach einem Partnerzugang im Mai folgte zum August mit Dorothee Atwell ein weiterer Neuzugang. Die Juristin war zuletzt sieben Jahre lang bei der Investmentgesellschaft Universal-Investment tätig und hat dabei unter anderem Immobilientransaktionen aufsichtsrechtlich betreut. Zum August hat sich Atwell als Partnerin dem Frankfurter Büro von Pinsent Masons angeschlossen.
2/10 Zurück in die Selbstständigkeit
Die IT-Rechtlerin Nina Diercks ist seit Mitte August wieder in eigener Kanzlei tätig. Der Schritt kam überraschend, nachdem sie erst zum Januar als Partnerin bei Möhrle Happ Luther eingestiegen war. Dort sollte sie den Bereich IT- und Datenschutz leiten. Ziel war es, "neue digitale Schwerpunkte" zu setzen sowie den Ausbau des Bereichs IT und Datenschutzrecht intensiv voranzutreiben, wie Möhrle Happ Luther damals mitteilte.
Wie Diercks selbst auf ihrem Blog mitteilt, haben sie und die Kanzlei sich "im besten Einvernehmen darauf verständigt", die Zusammenarbeit zu beenden. Man wolle jedoch künftig anlassbezogen kooperieren. Diercks berät im IT- und Datenschutzrecht sowie zu angrenzenden arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Diesen Fokus will sie auch in der neuen alten, eigenen Einheit beibehalten.
3/10 Aus der Einzelkanzlei in die große Einheit
Während IT-Rechtlerin Diercks sich nach einem kurzen Zwischenspiel bei Möhrle Happ Luther wieder selbstständig gemacht hat, geht der Gesellschaftsrechtler Robert Alan Heym den umgekehrten Weg: Er hat sich als Partner dem Münchener Büro von Heussen angeschlossen, nachdem er zuletzt in eigener Kanzlei tätig war.
Heym hat langjährige Großkanzleierfahrung: Er war bis Ende 2019 Partner bei Simmons & Simmons in München, frühere Stationen seiner beruflichen Laufbahn waren unter anderem Reed Smith und GvW Graf von Westphalen. Bei Heussen gehört er dem Fachbereich Corporate an und hat damit auf einen Schlag 30 Kollegen bekommen.
4/10 Willkie wächst weiter
Willkie Farr & Gallagher hat angekündigt, sich mit einem weiteren Partner im Bereich Private Equity und M&A zu verstärken: Dr. Kamyar Abrar, derzeit Partner bei Weil Gotshal in Frankfurt, wird sich Willkie anschließen. Abrar berät Private-Equity-Investoren und Industrieunternehmen bei Transaktionen in Deutschland. Zudem leitet der 41-Jährige die Praxisgruppe für Kartellrecht von Weil Gotshal & Manges in Deutschland; er berät bei Unternehmenszusammenschlüssen auch kartellrechtlich.
Abrar ist der dritte Partnerzugang für Willkie in diesem Jahr. Zum Januar stieß bereits die bekannte Immobilienrechtlerin Cornelia Thaler hinzu, im März dieses Jahres wechselte der M&A-Anwalt Dr. Markus Lauer von Herbert Smith Freehills.
5/10 Görg zieht es gen Süden …
Der Insolvenzrechtler Dr. Holger Leichtle hat sich der Kanzlei Görg angeschlossen; er war zuvor sieben Jahre lang für Schultze & Braun tätig. Leichtle wechselte mitsamt seinem Team, dem unter anderem die Insolvenzverwalter Sebastian Krapohl und Simone Kaldenbach angehören, und er bringt die Büros in Stuttgart, Ulm und Friedrichshafen bei Görg ein.
Mit dem Zugang des Teams und den Standorten im Südwesten schließe man die Achse zwischen den Büros in Frankfurt und München und gewinne "einen angesehenen und im Markt etablierten Partner", mit dem die Sozietät ihre Insolvenzverwaltungs- und Eigenverwaltungspraxis verfestige und ausbaue, so Prof. Dr. Gerrit Hölzle, Leiter der Praxis Insolvenzrecht bei Görg.
6/10 … und Schalast nach Westen
Die Wirtschaftskanzlei Schalast hat angekündigt, in Düsseldorf ihren vierten Standort zu eröffnen. Bislang ist die Kanzlei in Frankfurt, Berlin und Hamburg vertreten.
In Düsseldorf wird mit drei Partnern von SKW Schwarz gestartet: Der Corporate-Anwalt Andreas Seidel, der Immobilienwirtschaftsrechtler Dr. Michael Berghaus und der IT/IP-Rechtler Jan Schneider steigen auch bei Schalast als Partner ein. Für den Bereich Banking & Finance werde Dr. Karsten Schaudinn von der Wuppertaler Sozietät Hopfgarten als Partner hinzukommen, kündigt die Kanzlei weiter an.
7/10 Noch mehr Partner für Lupp + Partner
Zum Oktober wird sich die Transaktionskanzlei Lupp + Partner mit zwei Neuzugängen verstärken. Es wechseln der bekannte M&A-Anwalt Dr. Nikolaus Schrader und der Private-Equity-Experte Dr. Thomas Krawitz.
Schrader ist derzeit noch Partner bei PwC Legal, wo er seit 2015 arbeitet. Davor war er lange Jahre bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Hamburg und zuletzt dort Co-Leader der weltweiten "Private M&A Group". Bei Lupp + Partner wird Schrader die Position des Head of M&A innehaben.
Neben Schrader wird sich auch Dr. Thomas Krawitz der Transaktionskanzlei anschließen. Der Private-Equity-Anwalt ist derzeit Partner bei Kirkland & Ellis.
8/10 Von CMS zu SZA
SZA Schilling Zutt & Anschütz mit Stammsitz in Mannheim hat sich im April vergangenen Jahres nach Bayern aufgemacht und einen Standort in München eröffnet. Gehörten zum Startteam zunächst drei Partner, die von den bestehenden SZA-Standorten an die Isar wechselten, kam zum August dieses Jahres mit Dr. Martin Kolbinger erstmals ein Quereinsteiger auf Partnerebene.
Der 46-jährige Transaktionsanwalt wechselte von CMS, wo er rund 16 Jahre lang arbeitete und 2011 Partner wurde. Mit der Verpflichtung Kolbingers verstärke man den Bereich Transaktionen und reagiere auf die Nachfrage der Mandanten in München, heißt es bei SZA. In Frankfurt hat die Kanzlei ihre Transaktionspraxis in diesem Jahr ebenfalls verstärkt: Dr. Oliver Schröder war im Januar von Cleary gewechselt.
9/10 FGvW baut in Berlin aus
Zu den Kanzleien, die sich inmitten der Corona-Pandemie expansiv zeigen, zählt auch Friedrich Graf von Westphalen & Partner (FGvW). Im Mai gründete die Sozietät einen Standort in Berlin, zum August ist mit dem Immobilienrechtler Jörg Michael Siecke ein weiterer Partner ins Team vor Ort gekommen.
Der 52-Jährige wechselte von BRL, wo er seit 2014 Partner war. Dort arbeitete er bereits mit Dr. Alexander Hartmann und Oliver Ehrmann zusammen, die zum Startteam des Berliner FGvW-Büros gehörten.
10/10 Dritter Partner für Re Rechtsanwälte
Bei Großkanzleien fällt der Zu- oder Weggang eines Partners nicht sehr ins Gewicht, bei Re Rechtsanwälte ist das anders: Mit ihrem Neuzugang Dr. Christian Dümke weitet die Berliner Kanzlei ihre Partnerschaft auf einen Schlag um satte 50 Prozent aus.
Dümke stößt zum Oktober von Bethge Reiman Stari zu Re Rechtsanwälte und wird dort neben den Kanzleigründern Dr. Miriam Vollmer und Dr. Olaf Dilling der dritte Partner sein. Er hat seinen Schwerpunkt im Energierecht und passt damit gut zur Ausrichtung seiner neuen Kanzlei, die Energieversorger, Industrie, Städte, Bundesländer und Verbände zu Fragen des Energie- und Umweltrechts berät.
Juristen-Transfermarkt September 2020: 10 wichtige Wechsel . In: Legal Tribune Online, 02.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42671/ (abgerufen am: 07.06.2023 )
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