Welcher Stellenmarkt funktioniert am besten? Wohin fließen die HR-Budgets? Was kostet die Besetzung einer Stelle? Mehr als 100 Kanzleien und Unternehmen haben in einer LTO-Umfrage zu diesen und weiteren Fragen Stellung genommen.
Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass nicht alle Arbeitgeber gleichermaßen unter dem Fachkräftemangel leiden. Ein gutes Drittel schafft es weiterhin, ihre Vakanzen zeitnah zu besetzen. Diese Kanzleien und Unternehmen machen einige Dinge anders als die weniger erfolgreiche Konkurrenz. Welche das sind, lesen Sie in unserer Auswertung auf den folgenden Seiten. Außerdem erfahren Sie unter anderem:
- Wie lange die Besetzung einer Stelle im Durchschnitt dauert
- Welche Recruiting-Kanäle am besten funktionieren
- Welche Herausforderungen die Personalverantwortlichen als die größten einschätzen
- Welche Employer-Branding-Maßnahmen Arbeitgeber nutzen und welche für sie die wichtigsten sind
Mit den Ergebnissen dieser HR-Umfrage liefert LTO der Branche Kennzahlen, anhand derer Arbeitgeber ihre eigene Recruiting-Strategie überprüfen können. Wir haben Personalverantwortliche in 300 Kanzleien & Unternehmen eingeladen. 118 davon - und damit fast 40 Prozent - haben den Fragebogen ausgefüllt. Im Bereich der Kanzleien über 50 Berufsträger gaben sogar fast 70 Prozent der Marktteilnehmer Feedback und sorgten damit in diesem Bereich für besonders relevante Ergebnisse.
So verteilten sich die Teilnehmer auf die Kanzlei- und Unternehmensgrößen:
- 24 Kanzleien und 4 Unternehmen mit bis zu 20 Berufsträgern
- 23 Kanzleien und 1 Unternehmen mit 21 bis 50 Berufsträgern
- 59 Kanzleien und 7 Unternehmen mit mehr als 50 Berufsträgern.
Ein ausführlicheres Whitepaper werden wir in den nächsten Wochen den Teilnehmern der Umfrage zur Verfügung stellen. Sind Sie an einer erweiterten Auswertung interessiert, aber haben die Umfrage bisher nicht beantwortet? Dann füllen Sie bitte diesen Fragebogen vollständig aus. Am Ende erhalten Sie einen Code, mit dem Sie das Whitepaper anfordern können.
Die erfolgreichsten Recruiting-Kanäle
Das Feedback der Teilnehmer zeigt ein eindeutiges Bild: Persönlicher Kontakt zählt. Je direkter die Ansprache und je enger der Kontakt zwischen Arbeitgeber und Kandidaten ist, desto wahrscheinlicher ist der Recruiting-Erfolg.
Kein Wunder also, dass die Arbeitgeber am einfachsten Menschen von sich überzeugen können, die bereits als Referendare, Praktikanten und wissenschaftliche Mitarbeiter bei ihnen tätig sind und über Empfehlungen ihrer Mitarbeiter neue Berufsträger gewinnen. Der drittbeste Kanal, eigene Karriere-Events, wird von 44 Prozent der Teilnehmer bisher gar nicht genutzt. Mit dem Talentpool folgt auf Platz 4 ein weiterer Kanal, bei dem die Arbeitgeber Kandidaten direkt ohne Mittelsmann ansprechen.
An fünfter Stelle folgen Personalberater und Headhunter, bei denen ebenfalls die persönliche Ansprache den Erfolg bringt, der Arbeitgeber aber nicht direkt Kontakt aufnimmt. Von der großen Mehrheit nicht genutzt, aber erfolgreich, sind Karriere-Netzwerke.
Stellenanzeigen sind am erfolgreichsten in Branchen-Online-Stellenbörsen wie LTO Jobs, Talentrocket oder Beck Online. Abgeschlagen auf dem letzten Platz landen die Print-Stellenanzeigen - und dennoch nutzen sie immer noch 69 Prozent der Arbeitgeber.
Bei kleineren Einheiten bis 20 Berufsträger sind Mitarbeiterempfehlungen der wichtigste Kanal (Score von 3,95) vor der Übernahme von Referendaren (3,75). Nur etwas mehr als 30 Prozent der Kanzleien dieser Größe setzen auf Karriere-Events, doch auch für sie ist der Kanal vergleichsweise sehr erfolgreich (3,44). Initiativbewerbungen spielen hier eine deutlich wichtigere Rolle als bei größeren Arbeitgebern, sie belegen den vierten Platz in kleineren Kanzleien & Unternehmen.
Verteilung des Recruiting-Budgets
Das Budget der HR-Abteilungen geht vor allem an Online-Stellenbörsen. Es folgen die Ausgaben für Personalberater, die über alle Arbeitgeber-Größen bei knapp einem Viertel des Budgets liegen.
Größere Einheiten ab 50 Berufsträger stecken anteilig mehr ihres Budget in Events & Messen (19%) und weniger in Branchen-Jobbörsen.
Bei kleineren Kanzleien bis 20 Berufsträger ist das Gegenteil der Fall: Sie investieren nur 6 Prozent ihres Budget in Events und Messen, aber 28 Prozent in Branchen-Stellenbörsen. Auffällig auch: Die wenig erfolgreichen Print-Stellenanzeigen sind hier mit 15 Prozent noch der drittgrößte Ausgabeposten vor Generalisten-Jobbörsen (14%) oder Karriere-Netzwerken (13%).
Arbeitgeber, die offene Stellen innerhalb von drei Monaten besetzen können, investieren einen relevant höheren Budgetanteil (27%) in Branchenstellenmärkte als Arbeitgeber, die länger als fünf Monate für eine Besetzung benötigen (16%). Bei den Kosten für Personalberater ist die Verteilung umgekehrt: Erfolgreiche Arbeitgeber überweisen 19 Prozent ihres HR-Budget an Headhunter - gegenüber 25 Prozent bei den weniger erfolgreichen.
Die meistgenutzen Online-Stellenbörsen
Die von den Umfrage-Teilnehmern meistgenutzte Online-Stellenbörse ist LTO Jobs. Drei Viertel der Teilnehmer haben hier schon einmal eine Stellenanzeige platziert. Auf dem zweiten Platz folgen Talentrocket und Stepstone mit je 64 Prozent.
Mit etwas Abstand dahinter folgen Beck, Juve und Azur. Indeed, die größte Stellenbörse der Welt und in Deutschland insgesamt auf der Überholspur, kann die juristischen Arbeitgeber noch nicht überzeugen. Abgeschlagen sind Jobware und der ehemalige Marktführer Monster.
Große Kanzleien nutzen mehr Stellenbörsen und setzen stärker auf neuere Anbieter wie Talentrocket oder Iurratio Jobs. Kleinere Kanzleien verlassen sich eher auf bewährte Anbieter wie Beck oder Stepstone. Weniger als 25 Prozent der kleineren Kanzleien geben an, einen der neueren Anbieter zu nutzen.
Die erfolgreichsten Online-Stellenbörsen
Die Umfrageteilnehmer bewerten LTO Jobs durchweg als für sie erfolgreichsten Stellenmarkt. In dem mit fast 70 Prozent Umfrage-Beteilung besonders gut repräsentierten Bereich der Einheiten über 50 Berufsträger (BT) erhält LTO Jobs die besten Bewertungen. Auf den Plätzen folgen je nach Größenordnung häufiger Talentrocket und Stepstone, seltener Juve und vereinzelt Beck, Jobware, indeed und legalcareers. Auf den hinteren Plätzen landen über alle Größen Iurratio Jobs, Jobware und Monster.
Kosten der Stellenbesetzung
Die Kosten der Stellenbesetzung
Arbeitgeber investieren im Schnitt rund 7.000 Euro für die Besetzung einer Stelle. Die Kosten korrelieren mit der Dauer der Besetzung einer Stelle. Wer eine Vakanz in drei Monaten oder weniger besetzen kann, zahlt im Schnitt 5.300 Euro. Wer mehr als fünf Monate braucht, muss mit 8.000 Euro kalkulieren.
Dauer der Stellenbesetzung
Die Dauer der Stellenbesetzung
Die Arbeitgeber benötigen im Schnitt etwas mehr als vier Monate, um eine Stelle zu besetzen. Sie geben an, dass 43 Prozent aller Stellen für Berufsträger schwierig zu besetzen sind.
Zwischen den Arbeitgebern gibt es aber deutliche Unterschiede. 40 Prozent von ihnen genügen im Schnitt drei Monate oder weniger, um eine Stelle zu besetzen. 20 Prozent der Arbeitgeber benötigen im Schnitt fünf Monate oder länger.
Aus den Antwortdaten ergibt sich ein klarer Ansatz, wie diese Zeit reduziert werden kann: Von den betroffenen Kanzleien mit langer Besetzungsdauer bewerten 34 Prozent ihr Employer Branding als nur "ausreichend" oder "mangelhaft". Bei den Kanzleien, die zwei Monate oder weniger für die Besetzung benötigen, sagen dies nur 6 Prozent. Gleichzeit bewerten die die weniger erfolgreichen Kanzleien Employer Branding nur zu 47 Prozent als wichtigste Recruiting-Maßnahme, während es bei den erfolgreichen Kanzleien 80 Prozent sind.
Die Umfragedaten stützen also die These, dass Employer Branding die Recruiting-Kosten und die Besetzungszeit relevant senken kann. Investitionen in diesem Bereich zahlen sich offenbar aus.
Die größten Herausforderungen im Recruiting
Der Mangel an geeigneten Kandidaten und die Folgen aus dieser Marktsituation bereiten den Kanzleien die größten Kopfschmerzen. Dabei geben die Antworten der Personalverantwortlichen auf diese von uns offen gestellte Frage Einblick in die weiterhin extrem hohe Anspruchshaltung der Arbeitgeber: Doppel-VB, passende Persönlichkeit, internationale Erfahrung und unternehmerisches Denken sollten es schon sein - am besten ad-hoc verfügbar.
Ein knappes Viertel der Personaler sieht großen Nachholbedarf im HR-Marketing. Neben dem Aufbau der Arbeitgebermarke geht es darum, "die richtigen Recruitingkanäle zu finden" und - für kleinere und jüngere Kanzleien - überhaupt erst einmal von den Kandidaten wahrgenommen zu werden. Einige Arbeitgeber merken zudem deutlich, dass Millenials Kriterien wie Ethik, Glaubwürdigkeit und Transparenz hoch gewichten und sie diesen Ansprüchen zu wenig gerecht werden.
Es ist aber nicht so, dass der juristische Nachwuchs durchweg die Moral nach vorne stellt. Das Gehalt muss schon stimmen und weg von den Metropolen wollen nur wenige. Das jedenfalls legen die Antworten der Umfrageteilnehmer aus kleineren Kanzleien nahe, die aus diesen Gründen Schwierigkeiten hätten, neue Kollegen zu gewinnen.
Die wichtigsten Recruiting-Maßnahmen der nächsten drei Jahre
Die wichtigsten Recruiting-Maßnahmen der nächsten drei Jahre
Die Strategie der meisten Kanzleien zielt darauf ab - angesichts der Herausforderungen folgerichtig –, sich für Kandidaten attraktiv zu positionieren. Employer Branding wird die mit Abstand größte HR-Aufgabe der nächsten Jahre sein. Es unterstützt aber nicht nur das Recruiting, sondern auch die Mitarbeiterbindung, die zweitwichtigste Maßnahme. Hohe Fluktuationsraten zu senken und so deutlich weniger Recruiting betreiben zu müssen, ist ein ebenso naheliegender wie großer Hebel. Umso erstaunlicher, dass viele Kanzleien bisher nicht einmal Exit-Interviews durchführen, um die Gründe für den Verlust von Mitarbeitern zu verstehen.
Das dritte große Thema der nahen Zukunft ist der Aufbau eines eigenen Talentpools. Auch wenn neue Datenschutzregeln Grenzen setzen, können sich Arbeitgeber mit diesem Ansatz langfristig unabhängiger von Personalberatern und anderen Dienstleistern machen und den direkten Kontakt mit potenziellen Mitarbeitern pflegen.
Bei den kleineren Einheiten ist das Employer Branding mit 42 Prozent wesentlich weniger im Fokus, ebenso das Social Recruiting. Sie setzen weiterhin vergleichsweise stark auf Stellenanzeigen (32%) und Hochschulmarketing (32%).
Die wichtigsten Employer-Branding-Maßnahmen
Die wichtigsten Employer-Branding-Maßnahmen
Als wichtigste Employer-Branding-Maßnahme nannten rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer, eine Arbeitgebermarke überhaupt strategisch zu entwickeln. Insgesamt hat mehr als die Hälfte der Kanzleien dieses Thema auf der Agenda.
Aktuelle Arbeitgeberprofile folgen auf dem zweiten Platz. Für Kanzleien, die bei der Arbeitgebermarke bereits ihre Hausaufgaben gemacht haben, ein sinnvoller Fokus.
Auf dem dritten Rang folgen Home Office und flexible Arbeitszeiten – beides Maßnahmen, die jedoch nicht geeignet sind, sich im Wettbewerb um die besten Bewerber von der Konkurrenz abzusetzen: Rund die Hälfte der Arbeitgeber bietet flexibles Arbeiten nämlich bereits an. Das sorgt für einen gegenteiligen Effekt: Bieten Arbeitgeber flexibles Arbeiten nicht an, kann sogar zu Unzufriedenheit führen.
Die meistgenutzte Employer-Branding-Maßnahmen
Die meistgenutzten Employer-Branding-Maßnahmen
Kleinere Kanzleien setzen bisher vor allem auf Arbeitgeberprofile (41%) und Social-Media-Auftritte (36%). Flexibles Arbeiten bieten sie ihren Mitarbeitern im gleichen Maße an (49%) wie größere Arbeitgeber, jedoch deutlich seltener andere Mitarbeiterbenefits (20%).
Größere Arbeitgeber setzen stark auf Arbeitgeberprofile (65%) und sind vor allem bei Mitarbeiterbenefits (55%) und auf Karrieremessen (55%) stärker engagiert.
Kanzleien und Unternehmen, die ihre Vakanzen in bis zu drei Monaten besetzen, geben relevant mehr Employer-Branding-Aktivitäten an als Arbeitgeber, die mehr als fünf Monate benötigen. Besonders groß ist der Unterschied bei Kommunkationsstrategie und -planung (38% vs. 19%), bei der aktiven Betreuung von Karriereportalen (39% vs. 18%) und bei Videocontent bzw. Erfahrungsberichten (31% vs. 18%).
Anteil der Arbeitgeber mit Employer-Branding-Budget
Anteil der Arbeitgeber mit Employer-Branding-Budget
Immerhin 31 Prozent der Personalverantwortlichen steht für Employer Branding ein eigenes Budget zur Verfügung. Während es in Kanzleien bis 20 Berufsträgern eine absolute Ausnahme ist, haben sich bereits 40 Prozent der größeren Arbeitgeber so aufgestellt.
Bewertung des eigenen Employer Brandings
Bewertung des eigenen Employer Brandings
Arbeitgeber geben ihrem Employer Branding in der großen Mehrheit durchschnittliche Noten. Kleine Einheiten sehen sich zu fast 40 Prozent nur ausreichend oder mangelhaft aufgestellt, bei den großen sind es "nur" 15 Prozent. Als "gut" oder "sehr gut" bewerten in beiden Größengruppen knapp 20 Prozent der Arbeitgeber ihre Maßnahmen.
Die meistgenutzten Bewerbungswege
Die meistgenutzten Bewerbungswege
Die Bewerbung per Post hat fast vollständig ausgedient. Am häufigsten wird der von Bewerbern favorisierte Weg per E-Mail genutzt. Das von Kandidaten ungeliebte Online-Formular steht auf Platz zwei und kommt vor allem bei größeren Arbeitgebern zum Einsatz. Dabei entsteht hier Verlustpotenziel: Laut einer Studie der Universität Bamberg nutzen zwölf Prozent der Bewerber Online-Formulare des Arbeitgebers aus Prinzip nicht und sechs weitere Prozent sehen komplett von einer Bewerbung ab, wenn sie ein solches ausfüllen sollen.
Im Gegensatz zu den Online-Formularen ist die One-Klick-Bewerbung für Kandidaten äußerst bequem und bietet ihnen insbesondere bei der Jobsuche per Smartphone Vorteile. Bei dieser Lösung haben die Kandidaten einen Lebenslauf bei einem Online-Stellenmarkt angelegt und können ihn mit einem Klick dem Arbeitgeber übermitteln. Starke 19 Prozent erreicht die One-Klick-Bewerbung, wovon vor allem größere Arbeitgeber profitieren, während nur sieben Prozent der kleineren Einheiten angeben, darüber relevant viele Bewerbungen zu erhalten.
LTO-Umfrage zum Recruiting von Juristen: An diesen Kennzahlen müssen sich Arbeitgeber messen . In: Legal Tribune Online, 11.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40215/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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