Eine 17-Jährige wirft einem 24-Jährigen vor, sie vergewaltigt zu haben. Der ist nicht nur Jurastudent, sondern auch Mitglied im Landesvorstand der Grünen Jugend Bayern. Und bisher ein bekennender Verfechter des neuen Sexualstrafrechts.
Ausgerechnet bei einem Seminar zum neuen Sexualstrafrecht soll Max Hieber mit der Behauptung konfrontiert worden sein, eine junge Nachwuchspolitikerin vergewaltigt zu haben.
Der 24-Jährige ist, ebenso wie die Frau, die ihm diesen Vorwurf macht, Mitglied der "Grünen Jugend Bayern". Von seinem Amt als Beisitzer im dortigen Landesvorstand ist er nach den Vorwürfen im November zurückgetreten. Nun aber hat der Jurastudent Strafanzeige erstattet wegen Verleumdung und Strafantrag gegen die 17-Jährige gestellt.
Es kam, so viel ist sicher, nach einer Partei-Veranstaltung im Juli zum Sex zwischen der jungen Frau und dem Jurastudenten. Statt fand der im Haus ihrer Eltern, in das sie Hieber zur Übernachtung eingeladen hatte. Beide hatten bei der Veranstaltung Alkohol getrunken. Einig ist man sich auch darüber, dass Hieber am folgenden Morgen noch mit der gesamten Familie frühstückte und der Vater der 17-Jährigen ihn zum Bahnhof fuhr. Was aber geschah in dieser Nacht?
Nur angetrunken oder nicht mehr einwilligungsfähig?
Glaubt man der Jungpolitikerin, deren Anwältin zwischen Weihnachten und Silvester nicht im Büro zu erreichen war, war sie zu betrunken, um in den sexuellen Kontakt einzuwilligen und dadurch widerstandlos. Mehreren Mitgliedern des Landesvorstand gegenüber sagte sie Monate später, Hieber habe sie "vergewaltigt", vor dem Sexualkontakt sei kein eindeutiges "Ja" gefallen.
Geht es nach Max Hieber, hatten die beiden, die sich zuvor bereits über ihre sexuellen Vorlieben ausgetauscht hätten, in angetrunkenem, aber nicht stark alkoholisiertem Zustand einvernehmlichen Sex in Form von gegenseitigem Oralverkehr. Sie habe "eindeutig zustimmende Laute" von sich gegeben und auf Nachfrage, ob sie "das geil finden würde", auch mit einem Ja geantwortet.
Diese Nacht habe die 17-Jährige später bereut, weil ihr "Quasi-Freund das nicht so cool fände und sie jetzt deswegen mega Stress hätte". Diese Aussage habe sie am folgenden Tag auch per Whatsapp-Chat ihm gegenüber getätigt. In diesem Kontext schrieb sie auch: "Ach Max, das hätte einfach nicht passieren dürfen und ich war einfach zu betrunken, um Nein zu sagen und es ist grad echt alles n bisschen scheiße".
2/2: Vergewaltigungsvorwurf bei Tagung zum Sexualstrafrecht
In den folgenden Monaten hatten die beiden nach Angaben von Hieber den üblichen freundschaftlichen Kontakt über soziale Netzwerke, besuchten beide eine Veranstaltung der Partei, bei der sie laut dem Jurastudenten normal miteinander umgingen und unterhielten sich auch über persönliche Themen.
Erst im Oktober wurde der Politiker von Mitgliedern des Landesvorstandes mit den Vorwürfen konfrontiert. Ihre Version von dem gemeinsamen Abend soll sie ausgerechnet bei einer von Hieber mitorganisierten Tagung zu 'Nein heißt Nein' einem Parteikollegen mitgeteilt und diesen gebeten haben, den Landesvorstand der "Grünen Jugend Bayern" zu informieren. Auch seinen Rücktritt aus dem Vorstand soll sie gefordert haben. Die Tagung beschäftigte sich mit der Reform des Seuxalstrafrechts, mit der u.a. sexuelle Handlungen mit Betrunkenen und gegen den erkennbar entgegenstehenden Willen unter Strafe gestellt wurden.
Hieber bestritt eine Vergewaltigung stets, auch gegenüber den Parteikollegen. Am 10. November gab der Jurastudent sein Amt aber tatsächlich ab, nach Angaben von Anwalt Stevens, um Schaden für den Ruf der Partei abzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt lag die Nacht im Juli schon über ein Vierteljahr zurück, noch immer hatte weder die junge Frau Strafanzeige wegen Vergewaltigung erstattet noch der Jurastudent wegen Verleumdung.
Eltern des Mädchens forderten Politiker auf zu schweigen
Zwischenzeitlich hatte Hieber aber ein anwaltliches Schreiben erreicht. Die Eltern der 17-Jährigen forderten ihn, weil er den "Vorfall" öffentlich diskutiere und jede Schuld von sich weise sowie ihrer Tochter mit Strafanzeigen drohe, dazu auf, sich nicht weiter öffentlich zu dem Vorfall zu äußern oder irgendwelche Schritte zu unternehmen. Dann seien die Eltern des Mädchens dazu bereit, "den Vorfall nicht strafrechtlich verfolgen zu lassen".
Für Max Hieber gab dieser Brief den Ausschlag, Anzeige wegen Verleumdung gegen die junge Frau zu erstatten. Laut Anwalt Stevens ist für den Grünen-Politiker "die verleumderische Bezeichnung als "Vergewaltiger" und die damit verbundene schwerste Diskreditierung nicht hinnehmbar".
Die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit von Personen jedweden Geschlechts seien ein sehr wichtiger Bestandteil seiner politischen Arbeit und seiner Grundüberzeugungen, heißt es in der Strafanzeige, die LTO vorliegt. Der Grünen-Politiker hatte sich für die Reform des Sexualstrafrechts stark gemacht. Nun vertraut Jurastudent Hieber "auf eine objektive und neutrale Bearbeitung durch die Justiz".
Pia Lorenz, Beim Seminar zum neuen Sexualstrafrecht beschuldigt: Grünen-Politiker wehrt sich gegen Vergewaltigungsvorwurf . In: Legal Tribune Online, 29.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21616/ (abgerufen am: 03.10.2023 )
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