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Bundestag will Lebensmittelskandale schneller publizieren: Mindesthaltbarkeitsdatum: Bis zum nächsten Skandal

von Daniel Schneider

01.03.2013

Lasagne

© Bernd Jürgens - Fotolia.com

Pferd in der Lasagne und Bio-Eier sind nicht Bio. Unmittelbar nach den jüngsten Lebensmittelskandalen schreibt die Koalition sich nun frühere Information der Verbraucher auf die Fahnen. Und verschweigt, dass die Änderungen nicht nur keineswegs neu, sondern auch rechtlich höchst bedenklich sind. Fast schon unverschämter Aktionismus mitten im Bundestagswahlkampf, findet Daniel Schneider.

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In einer Nacht-und Nebel-Aktion hat der Bundestag am Donnerstag ein Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) beschlossen, dessen Inhalt erst einen Tag vorher feststand. Kurzfristig am 26. Februar tauchte ein Änderungsantrag der Koalition zum Änderungsgesetz auf, mit dessen Hilfe es den Betrügern nun an den Kragen gehen soll.

Als Konsequenz aus dem Pferdefleisch-Skandal sollen Behörden die Verbraucher nun schneller über Fälle von Etikettenschwindel informieren. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, auch gravierende Täuschungsfälle zu veröffentlichen, bei denen keine Gesundheitsgefahr besteht.

Etikettenschwindel soll auch dann veröffentlicht werden können, wenn dafür kein Bußgeld oder nur ein Bußgeld von weniger als 350 Euro fällig wird.

Jetzt soll es also ernst werden für Fleischpanscher und angebliche Bio-Hennenhalter. Lebensmittel-Skandale sollen schneller publik, der Verbraucher vor den Machenschaften undurchsichtiger Lebensmittelindustrien geschützt werden. Schließlich ist bald Bundestagswahl und die Regierungskoalition lässt keine Chance verstreichen, Lebensmittelskandale oder solche, die keine sind, wahlkampfstrategisch zu instrumentalisieren.

Die "neue" Norm ist nicht nur alt

Schwarz-Gelb verschweigt dabei, dass das LFGB  längst eine Norm enthält, mit deren Hilfe die Überwachungsbehörde ihre Kontrollergebnisse veröffentlichen kann, ja sogar muss.

Die seit September 2012 geltende Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB bestimmt, dass Informationen veröffentlicht werden müssen, wenn der "durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht" besteht, dass gegen Täuschungsvorschriften "in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist" und ein Bußgeld von mindestens dreihundertfünfzig Euro "erwartet" wird.

Niemand erwähnt auch, dass die angeblich neue Regelung ziemlich alter Wein ist, der im Wahlkampf passend zum medialen Lebensmittelhype in neue Schläuche gekippt wird.

Der nun neu vorgesehene Wortlaut deckt sich nämlich exakt mit der bis zum 1. September 2012 geltenden Fassung der Norm des § 40 Abs. 1 Nr. 2b LFGB. Er ermöglicht die Information auch, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften verstoßen wird, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung dienen. Diese Wortlaut wurde erst vor wenigen Monaten zugunsten  des derzeit noch geltenden Absatzes 1a aufgegeben.

Zu Recht, denn das Landgericht (LG) München hatte schon im Jahr 2011 heftige Bedenken an der Vereinbarkeit des damaligen Wortlautes mit höherrangigem Europarecht, weshalb die Richter aus Bayern diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hatten (Beschl. v. 05.12.2011, Az. 15 O 9353/09). Seine Entscheidung darüber, ob die europäischen Vorgaben zur staatlichen Warnung bei Gesundheitsgefahren abschließend sind, oder ob die Mitgliedstaaten darüber hinaus Regelungen treffen dürfen, steht noch aus.

Der Unterschied zwischen Gesundheit und Geld, Gefahr und Betrug

Es bedarf keiner Diskussion, dass die Zutatenliste der Tiefkühl-Lasagne nicht Rind ausweisen, aber Pferd enthalten darf. Das geht sogar ganz und gar nicht. Und wer ungeachtet der jeweiligen individuellen Beweggründe bereit ist, mehr für das Bio-Ei zu zahlen als der Käufer von Eiern, die aus konventioneller Bodenhaltung kommen, soll selbstverständlich auch ein Bio-Ei erhalten.

Diese Litanei ließe sich fortsetzen, denn die Liste der als solcher gehandelten Lebensmittelskandale der letzten Jahre ist lang. Dioxin im Ei, EHEC in Sprossen, Glykol im Wein. Was in scheinbarer Homogenität als Lebensmittelskandal kursiert, weist aber erhebliche Unterschiede auf: Sowohl bei EHEC, Dioxin als  auch beim Glykol-Wein stand die Gesundheit des Verbrauchers auf dem Spiel.

Von Pferdefleisch dagegen wird ebenso wenig jemand krank wie von konventionellen Nicht-Bio-Eiern. Dennoch schafft der Gesetzgeber eine neue Vorschrift, die in § 40 Abs. 1 LFGB gar nichts zu suchen hat. Dieser Abschnitt regelt nämlich die Gefahrenabwehr. Die Normen schützen das Integritätsinteresse des Verbrauchers – und gerade nicht sein Interesse daran, auch das zu erhalten, wofür er bezahlt. Allein dieses Interesse aber ist bei Täuschung und Betrug wie bei den angeblichen Bio-Eiern betroffen. Sie sind gerade nicht gefährlich.

Und während EHEC niemand in Deutschland wirklich verursacht hat, waren beim Glykol im Wein Verbrecher am Werk; Weinpanscher, die nur aufflogen, weil ein Winzer das eingesetzte Glykol steuerlich absetzen wollte.

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  • Seite 1:

    Eine neue Vorschrift, die eigentlich alt ist

  • Seite 2:

    Mittelalterliche Sanktionsmechanismen

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Daniel Schneider, Bundestag will Lebensmittelskandale schneller publizieren: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8248 (abgerufen am: 09.11.2025 )

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