Auskunftserteilungen nach dem IFG dürfen die Behörden abrechnen, allerdings maximal in Höhe von 500 Euro. Das BMI verlangte von zwei Journalisten hingegen 15.000 Euro, verteilt über 66 Gebührenbescheide. Dem schob das BVerwG nun einen Riegel vor.
§ 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) gibt jedem Bürger einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Jeder kann also verlangen, dass die Behörden ihm die gewünschten Informationen zur Verfügung stellen. Dies gilt natürlich nur für solche Informationen, die die Behörde selber hat, und bei denen kein Ausschlussgrund vorliegt. Aber auch diese Informationen muss die Behörde nicht kostenlos zugänglich machen.
Und hier entsteht die Gefahr: Verlangt die Behörde vom Bürger für den Informationszugang zu viel Geld, dann wird der Bürger möglicherweise abgeschreckt. Um das zu verhindern, bestimmt § 10 Abs. 2 Informationsfreiheitsgesetz (IFG), dass der Informationszugang trotz Gebührenerhebung noch wirksam möglich sein muss. Was das in der Praxis heißt, darüber hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gestern ein Urteil gefällt (Urt. v. 20.10.2016, Az. 7 C 6.15).
Geklagt hatten zwei Journalisten. Sie hatten im Jahre 2011 beim Bundesinnenministerium Akteneinsicht beantragt, weil sie für einen Beitrag zur Förderung deutscher Sportverbände durch den Staat recherchierten. Insgesamt ging es dabei um 66 verschiedene Themenbereiche. Nach Auffassung des Ministeriums handelte es sich deshalb auch um 66 verschiedene Anträge auf Informationszugang, für die die Behörde 66 Kostenbescheide erließ. Die festgesetzten Einzelbeträge lagen zwar nur zwischen knapp 30 und 500 Euro, doch die Gesamtsumme belief sich auf fast 15.000 Euro. Diese Praxis hat das BVerwG nun als unzulässig bezeichnet und damit ein wichtiges Zeichen gesetzt.
Besondere Gebührenregelung im IFG
Wie schon das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg als Vorinstanz hat auch das BVerwG auf das Gebot der Wirksamkeit des Informationszugangs hingewiesen. Dies hat Auswirkungen auf die Erhebung von Gebühren durch die Behörden. Nach dem sog. Äquivalenzprinzip dürfen Gebühren für Amtshandlungen allgemein nicht außer Verhältnis zu der vom Staat erbrachten Leistung stehen. Da es in dem vorliegenden Fall um sehr umfangreiche Informationen ging, wäre die Summe von 15.000 Euro mit diesem Grundsatz möglicherweise sogar noch zu vereinbaren gewesen.
Die Regelung im IFG zur Gebührenerhebung geht aber weit über das Äquivalenzprinzip hinaus. Auch wenn dem Staat noch so großer Aufwand entsteht: Der Bürger darf nicht davon abgeschreckt werden, der Behörde in die Akten zu sehen. Bei der Festsetzung der Gebühren muss die Behörde also die Sichtweise des Bürgers berücksichtigen. Deshalb setzt das Gebührenrecht eine Grenze von 500 Euro fest. Höher darf die Gebühr auch dann nicht sein, wenn der Aufwand für die Behörde sehr hoch ist.
Formal hatte sich das Bundesinnenministerium hieran gehalten. Denn in keinem der 66 Bescheide wurde eine höhere Gebühr als 500 Euro festgesetzt. Die abschreckende Höhe der Gebühren entstand erst durch die Gesamtsumme.
Keine Aushöhlung des Abschreckungsverbots
Einer solchen Aushöhlung des Verbots abschreckender Gebühren hat das BVerwG einen Riegel vorgeschoben. Das Abschreckungsverbot gelte nicht nur für die zahlenmäßige Höhe der Gebühr. Es wirke sich vielmehr auch allgemein auf den Umgang mit Informationsanträgen von Bürgern aus. Das Interesse der beiden Journalisten an der staatlichen Sportförderung erstrecke sich zwar auf 66 Themenbereiche. Dies ändere aber nichts daran, dass es sich insgesamt um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handele. In diesem Fall liege aber eben auch nur eine einzige Amtshandlung vor und es könne nur eine Gebühr fällig werden.
Die Richtigkeit dieser Entscheidung leuchtet unmittelbar ein. Es kann nicht im Sinne des Gesetzes sein, sozusagen für jeden zugänglich gemachten Aktenordner eine weitere Gebühr festzusetzen.
Das Urteil des BVerwG hat aber Bedeutung über diesen Einzelfall hinaus. Denn das Gericht zieht aus dem Verbot abschreckender Gebühren Folgerungen nicht nur für die Höhe der Gebühren. Vielmehr lässt sich aus dem Urteil der Schluss ziehen, dass die Behörden bei der Gewährung des Zugangs zu staatlichen Informationen den Geldbeutel des Bürgers möglichst schonen müssen.
Fehlende Rechtsgrundlage für die Forderung von Auslagen
Neben den Gebühren hatte das Bundesinnenministerium auch noch Auslagen von über 2.000 Euro verlangt. Dabei handelte es sich um Auslagen für Fotokopien, das Herstellen von Datenträgern und Ähnliches. Welche Auslagen die Behörde verlangen darf und wie hoch die Auslagen sein dürfen, ist in der Informationsgebührenverordnung geregelt.
Wie das BVerwG nunmehr entschieden hat, darf der einschlägige Teil dieser Verordnung nicht angewendet werden. Es fehlt die hierfür notwendige Grundlage in einem Gesetz. Auch dies gilt nicht nur für den entschiedenen Fall, sondern allgemein.
Das Urteil des BVerwG macht überzeugend deutlich, dass der Leitgedanke des freien Zugangs des Bürgers zu staatlichen Informationen nicht im Klein-Klein der täglichen Praxis verschwinden darf.
Prof. Dr. Jan Ziekow ist Direktor des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung in Speyer. Er hat im Auftrag des Deutschen Bundestags die Wirkungen des IFG in der Praxis untersucht.
Zugang zu staatlichen Informationen: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20938 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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