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Juristenmode – Der Burberryschal: Vom Kön­igshof zum Hof­narren

von Alexander Grau

03.01.2015

David Beckhams Sohn Romeo. Kein Spaß, "Romeo". Fotos

Foto: Burberry

Nenn mir deine Marke, und ich nenne dir dein Fach. Bei keiner Gruppe von Studenten und Berufsträgern funktioniert dieses Spiel so zuverlässig wie bei Juristen. Aber woher kommen die ungeschriebenen Regeln des juristischen Dresscodes eigentlich? Welche geschichtlichen, geographischen und (pop-)kulturellen Einflüsse haben ihn geprägt? Anekdoten und Antworten liefert Alexander Grau.

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Unverkennbar: Es ist Winter. Die Bäume sind kahl, es fällt wahlweise Regen oder Schnee, es ist nass und es ist kalt. Da greift der Durchschnittsmensch zu einer wärmenden Halsbedeckung. Gerade unter Juristen trägt die häufig ein im Grundton beiges Karomuster und hat englische Wurzeln.

Diese reichen bis ins Jahr des Herrn 1856 zurück. Da eröffnete der Textilkaufmann Thomas Burberry in der Kleinstadt Basingstoke westlich von London ein Textilgeschäft. Mit Schals hatte Burberry allerdings rein gar nichts am Hut. Seine große Erfindung war der Gabardine. Der ist ein sehr robustes und wasserabweisendes Baumwollgewebe – für Freunde der Webtechnik: in Köperbindung –, dessen Garn vor dem Weben imprägniert wird. Aus ihm stellte Burberry Mäntel und andere regenfeste Oberbekleidung her. Als Logo wählte er einen heranstürmenden Ritter. Das sollte Dynamik und Sportlichkeit symbolisieren, also Modernität.

Bildergalerie: Burberry gestern und heute

Der Siegeszug des Ritters und ein Heldentod

Burberrys große Stunde schlug im Ersten Weltkrieg. Im Auftrag des britischen Kriegsministeriums entwarf er einen Offiziersmantel, der mit Schulterklappen und Ösen für Handgranaten versehen war – den Trenchcoat. Während des Kriegs verkaufte Burberry davon über 500.000 Stück.

Burberry war nicht nur ein findiger Textilfach- und Geschäftsmann, sondern hatte auch Sinn für Marketing. So lancierte das Unternehmen überaus geschickt die Behauptung, der britische Feldmarschall und Kriegsminister Lord Kitchener persönlich habe den Trenchcoat entworfen. Das war natürlich Unfug, machte sich in diesen patriotisch aufgeheizten Zeiten aber überaus gut, zumal Kitchener publikumswirksam den Heldentod fand: an Bord des auf eine deutsche Mine gefahrenen Panzerkreuzers HMS Hamphshire versank er, gehüllt in seinen Burberrys-Mantel, in den Fluten der Nordsee.

Hooligans mit dem Royal Warrant

Der Aufstieg des Labels Burberrys zu einer internationalen Marke begann nach dem Zweiten Weltkrieg. Schuld daran war auch Hollywood. Humphrey Bogart trug den Schützengrabenmantel in "Casablanca", Audrey Hepburn in "Breakfast at Tiffany’s" und Peter Sellars in "The Pink Panther".

1955 konnte Burberrys einen prestigeträchtigen Erfolg verzeichnen: Mit der Verleihung des Royal Warrant gehörte es künftig zu den offiziellen Lieferanten des britischen Königshofs. Im selben Jahr ging das Unternehmen, das bislang von den Söhnen Thomas Burberrys weitergeführt worden war, in die Hände des britischen Konzerns Great Universal Stores (GUS). Damit begann der langsame Abstieg.

Zunächst internationalisierte man die Marke, eröffnete Shops in Südeuropa, in Nordamerika, vor allem aber in Asien. Um der gestiegenen Nachfrage nachzukommen, wurde die Produktion ausgelagert, erst an seriöse europäische Partner – Eduard Dressler etwa produzierte in den 70ern für Burberrys –, später nach Asien.

Gleichzeitig wurde das Portfolio des Unternehmens konsequent erweitert: mit Schirmen und Taschen, mit Parfüms, Schlüsselanhängern und natürlich: mit Tüchern und Schals. Ergänzt wurde das Ganze durch eine Damen- und eine Herrenlinie, schließlich durch Kinderkleidung. Aus einem Unternehmen für hochwertige Regenkleidung war ein internationaler Lifestylekonzern geworden, der sein Logo auf jeden Nippes druckte, der sich irgendwie zu Geld machen ließ. Der Tiefpunkt war erreicht, als der Burberry Check die Welt der Chavs und die Hooligan-Szene erreichte.

Mit Becks und Kate

Ab 1997 versuchte Burberrys unter neuer Führung gegenzusteuern und sich wieder als Luxusmarke zu etablieren. Das war die Zeit, als David Beckham für das Londoner Unternehmen modelte und Kate Moss unvergesslich im Burberry-Bikini posierte. Gleichzeitig nannte man das Unternehmen um: aus "Burberrys" wurde "Burberry".

Doch ein einmal ruinierter Ruf ist schwer wiederherzustellen. Und ob ausgerechnet der gute Becks die ideale Besetzung war, um dem Moderunternehmen den Anstrich der Seriosität zurück zu geben, sei einmal dahingestellt. Immerhin trennte man sich umgehend von Moss, als Fotos des Supermodels auftauchten, auf denen es mit einem seltsamen weißen Pülverchen herumexperimentierte.

Der notwendige Befreiungsschlag für das gebeutelte Unternehmen gelang jedoch erst, als 2006 Angela Ahrendts die Führung übernahm: die Präsenz des Karo-Musters wurde radikal zurückgefahren, ein Drittel aller Produkte eingestellt, alle ausländischen Lizenzen gekündigt und die Produktion wieder ausschließlich nach Großbritannien verlegt.

"Made in England"

Doch aller Bemühungen zum Trotz ist Burberry das Proleten-Image nie mehr ganz losgeworden, Royal Warrant hin oder her. Das liegt auch an den unzähligen echten und unechten Schals mit Burberry Check, die überall auf der Welt die Hälse verunzieren.

Wer allerdings meint, er könne sich stattdessen kennerhaft einen Aquascutum-Schal um den Hals legen, der sei gewarnt: Aquascutums Traditionsfabrik in Corby wurde vor zwei Jahren geschlossen. Das war’s mit "Made in England". Schmeckt jetzt alles ziemlich nach Fernostware.

Richtig britisch und vor allem stilvoll geht es hingegen noch bei den Schals von Marken wie "The Merchant Fox" oder – etwas modischer – "Dents" zu. Die kennt hierzulande zwar kaum einer. Aber gerade deshalb wirken sie noch frisch und neu und nicht so – pardon – abgehangen und schal.

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Alexander Grau, Juristenmode – Der Burberryschal: Vom Königshof zum Hofnarren . In: Legal Tribune Online, 03.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14196/ (abgerufen am: 18.08.2022 )

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