Das BAG wird sich am heutigen Dienstag mit der chiffrierten Sprache von Arbeitszeugnissen befassen. Außerdem in der Presseschau: In einem Interview äußert sich eine Staatsanwältin zu der Novellierung des Vergewaltigungsparagrafen, Ex-Arcandor-Chef Middelhoff ist weiterhin in U-Haft, das Kindeswohl wird gesetzlich wohl nicht ausreichend berücksichtigt und ein sehr teures Parkticket.
Thema des Tages
BAG zu Arbeitszeugnis: Eine Arbeitnehmerin ist mit der Formulierung ihres Arbeitszeugnisses unzufrieden, sie vermisst das Wort "stets". Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass dieser Ausdruck eine überdurchschnittliche Leistung signalisieren würde, welche die Betroffene jedoch nicht erbracht hätte. Am heutigen Dienstag wird das Bundesarbeitsgericht sich mit diesem Fall befassen. Es sei selten, dass sich die höchsten Arbeitsrichter mit einem Streit um ein Arbeitszeugnis befassen müssen. Dies liege allerdings nicht daran, dass sich wenige Streitigkeiten um die Arbeitszeugnisse entwickelten, sondern ergebe sich daraus, dass die Parteien sich normalerweise in der ersten Instanz einigten. Von dem Verfahrensbeginn berichtet die SZ (Daniela Kuhr). In dem Artikel kommt auch der Fachanwalt für Arbeitsrecht Günter Huber zu Wort, welcher einen Einblick in die chiffrierte Sprache der Arbeitszeugnisse gibt und erklärt, weshalb es aufgrund dieser Schreiben häufig zu Meinungsverschiedenheiten kommt.
Rechtspolitik
Reform des Vergewaltigungsparagrafen: Anlässlich der Reform des Vergewaltigungsparagrafen führt die Berliner Zeitung (Mira Gajevic) ein Interview mit der Staatsanwältin und Vorsitzenden der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes Dagmar Freudenberg. Sie ist der Ansicht, dass die bisherigen Regelungen und Reformen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nur unzureichend schützten und begrüßt daher die geplante Neuregelung. Sie ist der Ansicht, dass diese nichts an den bestehenden Beweisproblemen bei Sexualdelikten ändern wird. Diese bestünden weiterhin in der gleichen Form. Ihres Erachtens sind auch die Befürchtungen ein "Nein" könne nicht als solches erkannt werden unbegründet. Es sei durchaus erkennbar, ob eine Person den Geschlechtsverkehr möchte oder nicht.
Anti-Doping-Gesetz: Der von den Bundesministern Thomas de Maizière (CDU) und Heiko Maas (SPD) vorgestellte Referentenentwurf zum Anti-Doping-Gesetz soll erstmals eine Bestrafung von Sportlern für das Nutzen leistungssteigernder Substanzen reglementieren. Für lto.de befasst sich Alexander Hettel, Doktorand an der Universität Mannheim, jetzt auch mit der geplanten Regelung. Er stellt dar, welche Handlungen künftig unter Strafe gestellt werden sollen und geht besonders auf etwaige Kollisionen von Straf- und Sportgerichtsverfahren ein. Der Entwurf zum Anti-Doping-Gesetz sieht ein Nebeneinander von strafrechtlichen Sanktionen und den Möglichkeiten der Sportverbände vor.
Legalisierung von Cannabis: Am gestrigen Montag fand in Frankfurt eine Fachtagung zur Legalisierung von Cannabis statt. Die Badische Zeitung berichtet aus diesem Anlass über den "Schildower Kreis", einen Zusammenschluss von 122 Strafrechtsprofessoren, welche sich für die Legalisierung einsetzen. Laut dem Professor für Kriminalwissenschaften Ulfrid Neumann, einem Mitglied des besagten Kreises, sei das Ziel des Cannabis-Verbots, Handel und Konsum zu unterbinden, nicht erreicht worden. Ebenso spreche die mit der Prohibition einhergehende Kriminalität für eine Legalisierung. Eine entsprechende rechtliche Freigabe müsse jedoch von Aufklärungsmaßnahmen begleitet werden.
Justiz
BGH – Revision der "Düsseldorfer Terrorzelle": Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat vergangenen Donnerstag vier Mitglieder der sogenannten "Düsseldorfer Terrorzelle" zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Drei der vier Verurteilten haben nun Revision eingelegt, meldet die SZ.
LG Essen - Middelhoff: Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff wurde am vergangenen Freitag zu drei Jahren Haft wegen Untreue und Steuerhinterziehung verurteilt. Er wurde sodann wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen. Nach dem Haftprüfungstermin am gestrigen Montag wird er zunächst in Haft bleiben. Eine Entscheidung über die Aussetzung des Haftbefehls sei noch nicht getroffen, so das Landgericht Essen. Es müssten noch weitere Unterlagen geprüft werden. Dies berichten die FAZ (Brigitte Koch), die SZ (cbu) und lawblog.de.
Das Handelsblatt (Massimo Bognanni) berichtet zudem von den weiteren Prozessen um Middelhoff. Es sei unklar wie sich die Untersuchungshaft auf verschiedene Zivilprozesse des Betroffenen auswirke. Am heutigen Dienstag wird das Verfahren von Middelhoff gegen die Bank Sal. Oppenheimer vor dem Landgericht Köln beginnen. Des Weiteren sei er Beschuldigter in verschiedenen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage.
Heribert Prantl (SZ) hält es für falsch, dass das Gericht den Vollzug des Haftbefehls nicht ausgesetzt hat. Da "nur" Fluchtgefahr, keine Verdunkelungsgefahr, die Untersuchungshaft rechtfertige, hätte das Gericht weniger einschneidende Maßnahmen, beispielsweise "Hausarrest", zur Verhinderung von Middelhoffs Flucht anordnen müssen. Seines Erachtens finde sich der Haftgrund nicht im Gesetz, sondern im "Volkszorn".
Helmut Kohl - Urteilsgründe: Die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln untersagte den Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie dem Verlag vergangenen Donnerstag die Veröffentlichung vieler Zitate des Altkanzlers. Kohl hatte einen entsprechenden Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Die SZ (Hans Leyendecker) befasst sich jetzt auch mit den Entscheidungsgründen des Gerichts. Dieses begründete nicht nur die Entscheidung selbst, sondern äußerte sich insbesondere zur Zuständigkeit der 14. Zivilkammer. Diese wurde unter anderem von den Juristen des betroffenen Verlags angezweifelt. Sie hielten die Zivilkammer für Pressesachen für zuständig. Das Gericht ist der Ansicht Schwan habe eine mit Kohl geschlossene Geheimhaltungsabrede gebrochen. Die Kammer stellte daher in vielen Punkten eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Altkanzlers fest, allerdings begründe in manchen Fällen ein besonderes öffentliches Interesse die Veröffentlichung bestimmter Zitate.
Recht in der Welt
EGMR - Angehörigenklage der MH 17-Opfer: Lto.de (Anne-Christine Herr) bringt ein Interview mit dem Anwalt Elmar Giemulla anlässlich einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er vertritt die Angehörigen von drei Deutschen, welche bei dem mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs des Flugs MH-17 über der Ukraine ums Leben gekommen sind. Es wird vermutet, dass die Maschine von "prorussischen Separatisten" abgeschossen wurde. Durch die Geltendmachung von Schadensersatz gegen die Ukraine will der Anwalt nicht nur einen Ausgleich für den Verlust der Angehörigen anstreben, er möchte vielmehr signalisieren, dass die Ukraine Verantwortung für das Ereignis trägt. Im Interview wird dargelegt, woraus sich der Schadensersatzanspruch, laut Giemulla, ergibt und welche staatlichen Schutzpflichten der Anwalt hier verletzt sieht.
Philippinen - Scheidungsrecht: Auf den Philippinen gibt es bislang keine rechtliche Möglichkeit der Scheidung. Die taz (Hilja Müller) berichtet von den wohl religiösen Gründen für das fehlende Scheidungsrecht sowie von der Initiative der Frauenpartei "Gabriela" welche regelmäßig entsprechende Gesetzesvorschläge im Kongress einbringt. Der letzte Entwurf sah beispielsweise eine vorherige Trennungszeit von fünf Jahren vor. Eine Annullierung der Ehe sei wohl mit erheblichen Kosten verbunden und somit nicht für die Allgemeinheit zugänglich.
Sonstiges
Die Rechte von Kindern: "Warum ist der absolute Vorrang des Kindeswohls gesetzgeberisch nicht präsent?". Unter anderem mit dieser Frage befasst sich die SZ (Heribert Prantl) in einem ausführlichen Artikel zu den Rechten von Kindern. So wird die fehlende Umsetzung des "Übereinkommens über die Rechte der Kinder" der Vereinten Nationen moniert. Besonders relevant sei Artikel 3 dieser "Kinderrechtskonvention". Demnach ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, "das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist". Der Artikel kritisiert ebenso das Fehlen eines "Kindergrundrechts" und bietet sogar einen Formulierungsvorschlag für eine entsprechende Neuregelung im Grundgesetz.
Auch die taz bringt eine Meldung zum Thema Kinderrechte. Demnach forderten verschiedene Kinderrechtsorganisationen die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz. Auf dem Kinder- und Jugendgipfel in Berlin überreichten circa 100 Kinder und Jugendliche ein Manifest an Staatssekretäre aus dem Familien- und Entwicklungsministerium. Dieses beinhalte 18 Forderungen unter anderem zum Thema Kinderarbeit und zur gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern.
Gurlitts Testament: Die SZ (lud) erklärt kurz die Testierfähigkeit. Anlass ist ein psychiatrisches Gutachten zum Kunstsammler Cornelius Gurlitt, welches unter anderem besagt, der Erblasser habe beim Verfassen des Testaments unter "paranoiden Wahnideen" gelitten. Gurlitt hatte vier Monate vor seinem Tod das Kunstmuseum Bern als Alleinerbe eingesetzt und somit seine Verwandten enterbt.
Die SZ schreibt in einer weiteren Meldung von den Streitigkeiten um Gurlitts Testament. So seien sich die enterbten Verwandten noch nicht sicher, ob sie dessen letztwillige Verfügung anfechten. Es sei unklar, wie sich das psychiatrische Gutachten auf das weitere Vorgehen auswirke.
Studie zur Geschichte der Menschenrechte: Die FAZ (Gregor Schöllgen) bringt anlässlich einer entsprechenden Studie des Historikers Jan Eckel eine Übersicht über die Entwicklungsgeschichte der Menschenrechte und der entsprechenden internationalen Menschenrechtspolitik.
Das Letzte zum Schluss
Teurer Dauerparkplatz: In einem Parkhaus in Birmingham steht ein Mercedes. Dies ist wohl grundsätzlich unspektakulär. Interessant ist jedoch, dass das Auto bereits vor drei Jahren dort abgestellt wurde. Die Kosten für diesen Dauerparkplatz belaufen sich mittlerweile auf 17.500 Euro. Mehrere Versuche den Halter des Fahrzeugs zu kontaktieren blieben erfolglos. Nun hat die Geduld des ausdauernden Parkhausbetreibers allerdings ihre Grenzen und er schaltete die Polizei ein. Die Abschleppkosten werden die Rechnung noch erhöhen. Der Halter wird wohl nicht sonderlich erfreut sein – sollte er denn gefunden werden. Dies berichtet bild.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. November 2014: Reform des Vergewaltigungsparagrafen – BAG zu Arbeitszeugnis – Middelhoff in U-Haft . In: Legal Tribune Online, 18.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13835/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag