Am LG München I droht das Verfahren gegen Ex-Hypo-Real-Estate-Chef Funke zu verjähren. Außerdem in der Presseschau: Gesetz soll Scheinvätern Auskunftsrechte geben und BGH-Richter Fischer bekommt endlich ein einfühlsames Portrait.
Thema des Tages
LG München I - Hypo-Real-Estate-Funke: Der ehemalige Chef der Skandalbank Hypo Real Estate Georg Funke wartet nach acht Jahren immer noch auf seinen Prozess, berichtet die Montags-SZ (Klaus Ott). Nach langen Ermittlungen war er 2014 nur wegen Manipulation des Börsenkurses durch geschönte Geschäftsberichte angeklagt worden, nicht wegen Untreue. Das Landgericht berät noch, ob vor der Verhandlung ein Gutachten eingeholt werden muss. 2018 seien die Vorwürfe jedoch verjährt.
Rechtspolitik
Sex-Auskunftspflicht/Unterhaltsrecht: Die Montags-Bild meldet, dass Justizminister Heiko Maas einen Gesetzentwurf zum Unterhaltsrecht plane. Danach könne ein Scheinvater verlangen, dass seine Frau angibt, mit wem sie in der Empfängniszeit des Kindes Sex hatte. Stellt sich heraus, dass ein anderer Mann Vater des Kindes war, könne der Scheinvater (nur noch) für zwei Jahre den geleisteten Unterhalt ersetzt bekommen.
Sexistische Werbung: Die WamS (Olaf Gersemann/Lars-Torben Niggehoff) berichtet, dass vier Monate nach einer ersten Ankündigung noch völlig unklar sei, ob es ein gesetzliches Verbot sexistischer Werbung geben werde und wie es aussehe.
Einbruch: Unions-Fraktionschef Volker Kauder fordert, dass Einbrüche künftig als Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr eingestuft werden. Das meldet die Montags-FAZ.
Kinderehen: Jost Müller-Neuhof (Montags-Tsp) ist skeptisch, ob ein Gesetz gegen die Anerkennung von Minderjährigen-Ehen von Flüchlingen notwendig ist. Bei unter 14-Jährigen greife schon das Strafrecht, bei über 16-Jährigen gebe es auch im deutschen Eherecht Ausnahme-Regelungen. Und bei den 14-15-Jährigen entschieden die Gerichte bisher je nach Einzelfall. Bei Zwangsehen müsse der Staat eingreifen, nicht aber bei Zweckehen, wie sie auch in Deutschland üblich seien.
Die frühere Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbunds, Rechtsanwältin Jutta Wagner, hält auf lto.de eine Gesetzesänderung aus anderen Gründen für unnötig. Das deutsche Recht ermögliche heute schon, Kinderehen die Anerkennung zu verweigern. Sie verweist auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin von 2011.
Urheberrecht: Der Volkswirtschaftsprofessor Justus Haucap erläutert in der Montags-FAZ, dass die von der Bundesregierung geplante Bildungs- und Wissenschaftsschranke keine nachteiligen Folgen haben werde. Autoren publizierten Fachbücher ohnehin nicht um Einnahmen zu erzielen und die Verlage könnten ja die Preise für Bibliotheken erhöhen.
Erbschaftsteuer: Nach Information der Montags-SZ (Cerstin Gammelin) werden die Grünen in den am Mittwoch beginnenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusse nur kleinere Änderungen am Erbschaftsteuerrecht fordern. Ein Gutachten habe ergeben, dass die von den Grünen favorisierte Flat Tax vom Vermittlungsausschuss nicht vorgeschlagen werden könne, weil sie im Gesetzgebungsverfahren des Bundestags keine konkrete Rolle gespielt hatte.
Frau und Bundeswehr: Die Bundesregierung prüft, ob Frauen im Notfall auch zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden können. Im neuen Zivilschutz-Konzept findet sich eine entsprechende Überlegung, meldet der Focus (Margarete van Ackeren). Dazu müsste freilich Artikel 12a Grundgesetz geändert werden.
Justiz
Thomas Fischer: Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) verteidigt BGH-Richter Thomas Fischer gegen falsche Etikettierungen und Missverständnisse. Er könne auch freundlich sein und sei sehr sensibel, er wolle doch nur kritische Fragen stellen und meine es meist nicht persönlich. Trotz allem Mobbings wolle er nicht davonlaufen.
Justizschelte: Der Richter Lorenz Leitmeier kritisiert auf lto.de, dass häufig "Außenstehende" ohne Akteneinsicht Kommentare zu laufenden Gerichtsverfahren abgeben. Seine Beispiele: der Lohfink-Prozess, das Verfahren um einen Messereinsatz auf dem Oktoberfest und das Edathy-Verfahren. Solche Interventionen schwächten das Vertrauen in die Justiz.
LG Hannover zu Säure-Attacke: Das Landgericht Hannover hat einen 33-jährigen Mann zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, nachdem er seiner Ex-Freundin Säure ins Gesicht geschüttet hatte, um sie hässlich zu machen. spiegel.de berichtet.
LG Frankfurt zu Drogenschmuggel: Die FAS (Raquel Erdtmann) schildert einen Strafprozess am Landgericht Frankfurt/Main. Eine arme Kolumbianerin, der Kokainsäckchen in die Brüste operiert worden waren, wurde zu einer relativ milden Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt, weil Staatsanwalt und Richter Mitleid hatten.
BAG zu rauchfreiem Arbeitsplatz: Der Anwalt Alexander Kroll erinnert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard an ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Mai. Danach hat ein Arbeitnehmer nicht stets Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz. Abgelehnt wurde die Klage eines Spielbank-Croupiers.
Rechtsprechung zu subsidiärem Schutz: Die Samstags-FAZ (Julian Staib) nennt meherer Gerichtsurteile, die syrischen Flüchtlingen Asyl zusprechen, obwohl das Bundesamt ihnen nur subsidiären Schutz gewähren wollte. Folgen hat dies insbesondere für den Familiennachzug.
LG Bochum - Betrug mit Elterngeld: Der Spiegel (Julia Jüttner) schildert einen Strafprozess am Landgericht Bochum. Zwei Polizisten sind wegen gewerbsmäßigen Betrugs angeklagt. Sie sollen in 228 Fällen für erfundene Kinder Elterngeld beantragt haben. Die beiden waren wegen Angststörungen dienstunfähig.
KG Berlin - Artemis: Nachdem das Kammergericht Berlin Ende Juli die Haftbefehle gegen die zwei Hauptbeschuldigten mangels dringendem Tatverdacht aufgehoben hat, zeige sich immer mehr, dass die Durchsuchung des Bordells Artemis ein Schlag ins Wasser war. Die Aktion war im Vorfeld so geheim, dass die Polizei vorab nicht mit den Beamten sprach, die das Geschäftsmodell des Großbordells gebilligt hatten, berichtet der Spiegel (Andreas Wassermann).
3-D-Modell eines KZs: Im Verfahren gegen mehrere Mitglieder der Mannschaften des KZ-Auschwitz-Birkenau kam ein am Computer konstruiertes dreidimensionales Modell des KZ zum Einsatz. Damit konnte nachgeprüft werden, was die Angeklagten von ihrem damaligen Posten/Arbeitsplatz aus sehen konnten, erläutert die Montags-SZ (Martin Bernstein).
LKW-Kartell: Die Samstags-BadZ (Christian Rath) schildert, wie Kanzleien im Fall des LKW-Kartells ein neues Feld für massenhafte Entschädigungsforderungen gefunden haben.
Recht in der Welt
Frankreich - Burkini: Der Conseil d'Etat, das oberste französische Verwaltungsgericht, hat Burkini-Verbote an öffentlichen Stränden beanstandet. Die Begründung - Laizität und angespannte Stimmung nach den Terror-Anschlägen - genüge nicht den Anforderungen einer Störung der öffentlichen Sicherheit, meldet die Samstags-Welt (Martine Meister).
Polen - Verfassungsgericht: Der Freitag (Jan Opielka) portraitiert den Präsidenden des umkämpften polnischen Verfassungsgerichts Andrzej Rzepliński.
Spanien - Baskenwahl: Das aus der Haft entlassene ETA-Mitglied Arnaldo Otegi will für das Amt des Ministerpräsidenten des Baskenlandes kandidieren. Allerdings ist ihm die Ausübung öffentlicher Ämter bis 2021 gerichtlich untersagt. Die Wahlkommission hat ihn deshalb für nicht wählbar erklärt, wogegen Otegi nun klagt, wie die Samstags-FAZ (Leo Wieland) berichtet.
Schweiz - Whistleblower: Das Züricher Obergericht hat den Whistleblower Rudolf Elmer wegen Urkundenfälschung und Bedrohung von Mitarbeitern zu einer vierzehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, berichtet die Samstags-FAZ (NIklas Zaboji) im Feuilleton. Elmer hatte die Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Schweizer Bank Julius Bär auf den Cayman-Inseln aufgedeckt.
Argentinien - Prä-Diktatur-Verbrechen: Ein Gericht in Cordoba hat 28 Militärs und Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt, berichtet die Montags-taz (Jürgen Vogt). Ihnen wurden Menschenrechtsverletzungen in der Zeit vor der Militärdiktatur (unter der Präsidentein Isabel Peron) vorgeworfen. Die Begründung des Urteils werde erst am 14. Oktober verkündet.
Sonstiges
Widerrufsjoker bei Versicherungen: Wer seine Lebens- oder Rentenversicherung zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen hat, kann sie möglicherweise günstig wieder loswerden, berichtet die Montags-Welt (Berrit Gräber). Wer nicht ordnungsgemäß über die Widerspruchsmöglichkeit belehrt wurde, könne auch heute noch rückwirkend widersprechen. Die Rückabwicklung sei viel lukrativer als eine Kündigung.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 27. bis 29. August 2016: Ex-Banker muss auf Prozess warten / Sex-Auskunftspflicht für Mütter / Thomas Fischer kann freundlich sein . In: Legal Tribune Online, 29.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20407/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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