Fünf (Ex-)Vorstände der Deutschen Bank wurden vom Vorwurf des Prozessbetrugs freigesprochen. Außerdem in der Presseschau: Diskussion um "Nein heißt Nein", Kritik an BGH-Urteil zur Anwaltshaftung und Lux-Leaks-Informant steht vor Gericht.
Thema des Tages
LG München I spricht Deutsche Bank-Manager frei: Das Landgericht München I hat fünf (Ex-)Vorstände der Deutschen Bank vom Vorwurf des Prozessbetrugs freigesprochen. Laut Anklage sollen sie in einem Prozess vor dem Oberlandesgericht München - es ging um Schadensersatzansprüche der Erben von Leo Kirch - versucht haben, das Gericht zu täuschen. Das Landgericht kam nun aber - anders als das OLG - zum Schluss, dass schon ursprünglich keine Schädigung von Leo Kirch vorlag. Die Deutsche Bank habe nicht absichtlich dessen Kreditwürdigkeit gefährdet, um ein Beratungsmandat zu erlangen. Es habe auch keine Beweise für Absprachen im späteren OLG-Prozess gegeben. Über das Urteil berichten spiegel.de (Gisela Friedrichsen), die FAZ (Henning Peitsmeier) und die SZ (Harald Freiberger).
Joachim Jahn (FAZ) wirft der Staatsanwaltschaft "Freiheitsberaubung" vor, weil sie verusachte, dass die Manager ein Jahr auf der Anklagebank zubringen mussten. Als Grenzüberschreitung wertet Jahn, dass die Staatsanwaltschaft erst zur Zahlung von Schadensersatz an die Kirch-Erben und zur Rücknahme des Rechtsmittels gegen das OLG-Urteil drängte, dies später jedoch als belastende Indizien wertete. Heribert Prantl (SZ) lobt dagegen das Engagement der Staatsanwälte und macht sich Sorgen, dass diese künftig einen Bogen um Wirtschaftskriminalität machen.
Das Hbl (Kerstin Leitel/Volker Votsmeier) portraitiert Hanns Feigen, den Anwalt von Jürgen Fitschen.
Rechtspolitik
Christoph Frank im Interview: Der scheidende Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Christoph Frank, spricht im Interview mit der SZ (Heribert Prantl) über den Wunsch nach Selbstverwaltung der Justiz, das hervorragende Ansehen der Justiz, deren drohende Ökonomisierung, fehlende Richter und Staatsanwälte sowie über Deals im Strafverfahren.
Sexualstrafrecht: Am kommenden Donnerstag wird der Bundestag erstmals über den Regierungsentwurf zur Verschärfung der §§ 177 und 179 Strafgesetzbuch beraten. Die taz (Simone Schmollack) berichtet über einen offenen Brief zahlreicher Frauenverbände an Kanzlerin Merkel, in dem eine große Reform des Sexualstrafrechts gefordert und der Regierungsentwurf kritisiert wird. In einem separaten Text schildert die taz (Christian Rath), dass sich inzwischen alle Fraktionen im Bundestag zum Prinzip "Nein heißt Nein" bekennen, dass dies bei Union und SPD bisher aber nicht ernst gemeint sei.
Sichere Herkunftsstaaten: Die SZ (Stefan Braun) berichtet über die kontroverse Bundestagsanhörung zur Einstufung von drei Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten. focus.de (Joseph Hausner) analysiert, dass es bei dem geplanten Schritt vor allem um ein Signal an die eigene Bevölkerung gehe.
Anti-Terror-Politik: Rechtsprofessor Matthias Bäcker kritisiert laut Welt (Manuel Bewarder), dass das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) immer noch keine gesetzliche Grundlage hat.
Justiz
BGH zu Garantenstellung von Anwälten: Der Rechtsanwalt Alexander Weinbeer bespricht auf lto.de ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus Dezember 2015. Danach haftet ein Anwalt, der im Auftrag seines Mandanten einen Dritten abmahnt, für dessen Schäden, die der Anwalt durch fahrlässig falsche Rechtsberatung verursachte. Der Anwalt habe insoweit eine Garantenstellung für den Abgemahnten, was Weinbeer jedoch ablehnt. Die Rücksichtnahme auf eigene Haftungsrisiken behindere eine pflichtgemäße Mandantenbetreuung. Außerdem könne sich ein Anwalt gegen Klagen von vermeintlich Geschädigten wegen seiner Verschwiegenheitspflicht nur schwer verteidigen.
LG Lüneburg zu Vorteilsannahme durch Staatsanwalt: Das Landgericht Lüneburg verurteilte einen Staatsanwalt wegen Vorteilsannahme, weil er von einem Dolmetscher ein zinsloses Darlehen angenommen hatte. Das berichten ndr.de und lto.de. Anfang April war der parallel erhobene Vorwurf der Verletzung von Dienstgeheimnissen eingestellt worden.
StA Dessau-Rosslau - toter 13-Jähriger: Die Staatsanwaltschaft Dessau-Rosslau hat das Ermittlungsverfahren wegen des gewaltsamen Todes eines 13-Jährigen eingestellt, da der Täter ebenfalls erst 13 Jahre alt und damit nicht strafmündig ist. Für die Beteiligung anderer Personen gebe es keine Anhaltspunkte, so mdr.de.
LG Detmold - KZ-Wachmann: Im Prozess gegen einen Wachmann des KZ Auschwitz vor dem Landgericht Detmold wurde nun die Anklage ausgeweitet, meldet wdr.de. Bisher war der Mann wegen Beihilfe zum Mord an 170.000 Juden von April bis Juni 1944 angeklagt. Nun soll der mögliche Tatzeitraum schon im Januar 1943 beginnen.
AfD-Mitglied als Staatsanwalt: In Berlin wird darüber gestritten, ob ein Staatsanwalt, der dem Brandenburger AfD-Landesvorstand angehört, zum Leitenden Oberstaatsanwalt und zum Leiter der Abteilung für Auslieferungen befördert werden durfte. Christian Bommarius (BerlZ) sieht darin kein Problem: "Dieser Beamte darf alles, was in Deutschland jeder Beamte darf." Anders wäre es nur, wenn der Verfassungsschutz die AfD beobachten oder der Staatsanwalt öffentlich gegen das beamtenrechtliche Mäßigungsgebot verstoßen würde oder wenn er im Dienst parteilich handelte.
Recht in der Welt
Österreich - Bundespräsident: Im Interview mit verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) erläutert der emeritierte Rechtsprofessor Theo Öhlinger die Stellung und Funktion des österreichischen Bundespräsidenten. Er ernenne hohe Beamte und die Bundesregierung. Den Nationalrat könne er nur auf einstimmigen Antrag der Regierung auflösen. Möglicherweise könnte er aber die bestehende Regierung entlassen, eine willfährige Regierung einsetzen, die dann sofort den Antrag auf Neuwahlen stellt.
Türkei - Beleidigung von Erdogan: Der Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet wurde zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung von Präsident Erdogan verurteilt, meldet zeit.de. Gegen den Journalisten läuft noch ein Verfahren wegen Spionage, in dem ihm lebenlange Haft droht.
Luxemburg - Whistleblower: An diesem Dienstag beginnt vor dem obersten Gerichtshof Luxemburgs der Prozess gegen einen Mitarbeiter von Pricewaterhouse-Coopers, der den Lux-Leaks-Skandal ins Rollen brachte. Ihm wird Diebstahl und Verletzung von Geschäftsgeheimnissen vorgeworfen, berichtet die SZ (Alexander Mühlauer). Aufgedeckt wurden damals enorme Steuernachlässe des luxemburgischen Fiskus für internationale Konzerne.
USA - Musikplagiat: Am 10. Mai soll ein Gericht in Los Angeles entscheiden, ob die Eingangssequenz von Led Zeppelins Song "Stairway to Heaven" ein Plagiat ist. Aus diesem Anlass philosophiert Thomas Steinfeld (SZ) im Feuilleton über das Verhältnis von Rockmusik, Urheberrecht und Kapitalismus.
Japan - Lepra: Die japanische Justiz hat sich laut FAZ für ihren Umgang mit Leprakranken entschuldigt. Bis 1996 führte sie Prozesse mit Beteiligung von Leprakranken nicht in Gerichten, sondern in deren Sanatorien durch und billigte damit die überzogene Isolation der Kranken.
Sonstiges
Integrität der Deutschen Bank: Dem Rechtsanwalt Georg Thoma, der im Aufsichtsrat der Deutschen Bank den Integritätsausschusses leitet, wird von seinen Kollegen "Übereifer" vorgeworfen. Der Ausschuss soll die rechtlichen Skandale der Bank aufarbeiten. Thoma lässt auch prüfen, ob Paul Achleitner, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Schadensersatz zahlen muss. Inzwischen wird mit Rücktrittsforderungen gegen Thoma gerechnet. Es berichten die die SZ (Meike Schreiber) und die FAZ (Markus Frühauf).
Supermärkte: Nachdem in Fürth eine Mutter wegen ihrer weinenden zweijährigen Tochter aus einem Supermarkt gewiesen worden sein soll, befasst sich focus.de (Antonia Schäfer) mit Rechtsfragen des Supermarkts. So dürfe jemand nur dann aus dem Markt geworfen werden, der den Betriebsablauf stört, weil er sich anders verhält als normale Kunden. Ob das auch für weinende Kinder gilt, sei noch nicht entschieden.
Das Letzte zum Schluss
Pfützenspritzer: Die Polizei in London sucht den Fahrer eines Geländewagens, der seit Januar immer wieder Fußgänger naßspritzt, in dem er durch Pfützen am Straßenrand fährt. Nachdem das Fahrzeug gefilmt werden konnte, bittet die Polizei jetzt um die Mithilfe der Bevölkerung, meldet spiegel.de.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 26. April 2016: Freispruch für Bankmanager / Garantenhaftung für Anwälte / Prozess für Whistleblower . In: Legal Tribune Online, 26.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19202/ (abgerufen am: 08.05.2024 )
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