Der BGH verneint Störerhaftung bei Verwendung von werkseitigen WLAN-Passwörtern. Außerdem in der Presseschau: Klage gegen RWE wegen Erderwärmung und Antrag auf Durchsuchung bei Freshfields wegen Cum-Ex-Deals
Thema des Tages
BGH zu WLAN-Haftung: Anschlussinhaber haften nicht für Urheberrechtsverletzungen, wenn ihr WLAN-Router über die marktüblichen Sicherungsstandards verfügt und sie das Gerät mithilfe des vom Hersteller mitgelieferten, 16-stelligen Passworts vor unbefugtem Zugriff schützen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden, wie die SZ (Wolfgang Janisch), die FAZ (Marcus Jung), der Tsp (Ursula Knapp/Kurt Sagatz), tagesschau.de (Klaus Hempel) und zeit.de (Torsten Kleinz) darstellen. In dem entschiedenen Fall hatte ein Unbekannter den Anschluss der Beklagten gehackt und einen Film in eine Tauschbörse hochgeladen. Die Filmfirma mahnte daraufhin die Anschlussinhaberin im Wege der Störerhaftung ab und warf ihr eine Pflichtverletzung vor, weil sie den auf dem Router angebrachten WLAN-Schlüssel verwendet hatte, statt ihn abzuändern. Dies sah der BGH nun anders. WLAN-Inhaber dürfen die mitgelieferten Passwörter verwenden, unter der Einschränkung, dass der Schlüssel individuell vergeben wurde. Wird derselbe Schlüssel serienmäßig verwendet, muss er vom Inhaber geändert werden.
internet-law.de (Thomas Stadler) meint, dass das Urteil den Anschlussinhabern nicht helfen wird, weil sich in den allermeisten Fällen nicht darlegen lasse, unter welchen Umständen sich Dritte Zugang zum Anschluss verschaffen konnten.
Rechtspolitik
Autobahnverwaltung: Die FAZ (Manfred Schäfers) und die SZ (Markus Balser/Cerstin Gammelin) stellen den Referentenentwurf zur Neuregelung der Autobahnverwaltung vor. Der Start der geplanten Infrastrukturgesellschaft, die als GmbH die Planung, den Bau und Betrieb der Autobahnen übernehmen soll, ist auf Beginn des Jahres 2021 festgelegt worden. Die Gesellschaft soll ebenfalls unveräußerliches Eigentum des Bundes bleiben, womit eine mögliche Privatisierung erst einmal ausgeschlossen wurde. Daneben soll ein neues Fernstraßen-Bundesamt entstehen, das die Rechts- und Fachaufsicht übernimmt.
Markus Balser (SZ) begrüßt das Ende der Privatisierungspläne: Pilotprojekte mit privat gebauten Autobahnen hätten sich bisher nur für Unternehmen bezahlt gemacht. Da die Public-private-Partnerships weiterhin möglich bleiben, sieht Kai Schlieter (taz) die Privatisierung dennoch kommen.
Digitale Gewalt: Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen befasst sich die taz (Simone Schmollack) mit dem Phänomen digitaler Gewalt, von der in den überwiegenden Fällen Frauen betroffen seien. Dabei würden meist von ehemaligen Partnern private Daten ausgespäht, die Identität gestohlen und intime Dinge mit dem Ziel veröffentlicht, die betroffene Person zu degradieren, zu belästigen und zu bedrohen. Weil das Phänomen bisher juristisch schwer fassbar ist und die Polizeibehörden keine adäquate Handhabung finden, fordert die Leiterin der Fachstelle für Opferschutz in Niedersachsen, Cybermobbing explizit unter Strafe zu stellen.
Steuern: Im Interview mit dem Hbl (Jan Hildebrand/Thomas Sigmund) kündigt Volker Kauder (CDU) unter anderem an, bei Kapitalerträgen von der Form der Abgeltungsteuer abrücken und sie wie übriges Einkommen versteuern zu wollen. Des Weiteren soll der Solidaritätszuschlag ab 2020 stufenweise abgeschafft werden.
Justiz
LG Essen – RWE: Der peruanische Bauer Saúl Lliuya verklagt mithilfe von Germanwatch den Energiekonzern RWE auf Zahlung von 17.000 Euro, weil er das Unternehmen für die Bedrohung seines Hauses durch schmelzendes Gletscherwasser mitverantwortlich sieht. RWE trage als einer der größten Kohlendioxid-Emittenten zur Erderwärmung und damit zur Bedrohung seines Eigentums bei. Die taz (Christian Rath), die SZ (Michael Bauchmüller) und die Welt (Daniel Wetzel) schildern den ungewöhnlichen Fall vor dem Landgericht Essen. Es sei das erste Mal, dass eine Einzelperson gegen einen für den Klimawandel Verantwortlichen klagt.
LG Potsdam – Nauen: Am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Potsdam haben zwei Angeklagte gestanden, den Brandanschlag auf eine Sporthalle in Nauen verübt zu haben, die zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden sollte. Sie belasteten insbesondere den mitangeklagten NPD-Politiker Maik Schneider, der die Durchführung des Anschlags maßgeblich gesteuert haben soll, schildern die taz (Elisabeth Kimmerle/Konrad Litschko) und spiegel.de (Benjamin Schulz). Den insgesamt sechs Angeklagten wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, weil ihnen zahlreiche weitere Übergriffe und Anschläge zugerechnet werden.
OLG Celle – Eon: Wie faz.de (Marcus Jung) berichtet, geht der Energiekonzern Eon wegen des Atom-Moratoriums in die nächste Instanz. Eon begehrt vom Bund sowie den Bundesländern Bayern und Niedersachsen eine Entschädigung wegen der vorübergehenden Stilllegung seiner Atomkraftwerke Isar 1 und Unterweser im Jahr 2011.
BGH zu Snowden: Der Wissenschaftliche Mitarbeiter Matthias Roßbach bespricht auf verfassungsblog.de den BGH-Beschluss zur Zeugenvernehmung Edward Snowdens vor dem NSA-Untersuchungsausschuss und ordnet ihn verfassungsrechtlich ein. Zudem entwickelt er mehrere Modelle, wie mit Auslandszeugen umzugehen ist, die nur an einem bestimmten Ort zur Vernehmung bereit sind.
Die FAZ (Eckart Lohse) fasst die Reaktionen auf die Entscheidung zusammen. Der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU) habe bereits angekündigt, Beschwerde einzulegen.
Strafjustiz: Im Interview mit focus.de (Malte Arnsperger) weist der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Jens Gnisa, den Vorwurf seitens einer Polizeigewerkschaft zurück, die deutsche Strafjustiz urteile zu milde. Das Justizsystem funktioniere, denn die Kriminalitätsraten seien in fast allen Deliktsgruppen kontinuierlich gesunken. Öffentliche Aufrufe zu härteren Strafen könnten dagegen die richterliche Unabhängigkeit einschränken. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt, der die Vorwürfe erhoben hatte, distanziert sich im Interview mit spiegel.de (Ansgar Siemens). Er sei falsch verstanden worden.
Stuttgart 21: Wie die FAZ (Rüdiger Soldt) darstellt, will die Bahn gerichtlich klären lassen, wer die Mehrkosten des Projekts Stuttgart 21 tragen muss. Die Landesregierung Baden-Württembergs weigert sich bisher, sich an den zusätzlichen Kosten von zwei Milliarden Euro zu beteiligen.
LG Regensburg zu Machete-Angriff: Das Landgericht Regensburg hat einen Mann zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt, weil er mit einer Machete bewaffnet in ein von Asylbewerbern bewohntes Haus eingedrungen und mit der Waffe auf mehrere Menschen losgegangen ist, wie spiegel.de meldet.
Recht in der Welt
Rumänien – Ferrero: Nach Berichten der englischen Boulevardzeitung Sun über angebliche Kinderarbeit bei Lieferanten des Süßwarenherstellers Ferrero, hat die auf organisierte Kriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft in Bukarest Ermittlungen aufgenommen. Es geht auch um den Verdacht des Kinderhandels, berichtet die Welt (Carsten Dierig u.a.). Allerdings gebe es Zweifel am Wahrheitsgehalt des Berichts, auch die Eltern wollen gegen die Darstellung der Journalisten vorgehen.
Sonstiges
Cum-Ex-Untersuchungsausschuss: Der Untersuchungsausschuss, der für die Aufklärung der Cum-Ex-Affäre eingesetzt worden ist, will die Kanzleiräume von Freshfields Bruckhaus Deringer durchsuchen und mandatsunabhängige Unterlagen beschlagnahmen lassen, berichten die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und die SZ (Lena Kamp u.a.). Hierfür hat der Ausschuss einen Antrag beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gestellt. Die Anwaltskanzlei wird verdächtigt, an der Entwicklung der Cum-Ex-Deals beteiligt gewesen zu sein.
Black Friday: Nachdem eine Holding aus Hongkong mehrere Händler abgemahnt hat, weil sie den Sonderangebotstag im November als Black Friday bezeichnet haben, wehrt sich eine Anzahl von Händlern gegen die Eintragung der Wortmarke Black Friday, schildert lto.de (Pia Lorenz). Es sind bereits mehrere Anträge auf Löschung der Marke gestellt worden.
Informatisierung von Begriffen: Projektleiter des Projekts "IoT & eGovernment" Christian Djeffal erläutert auf juwiss.de anhand des Begriffs "eGovernment", dass die Kommunikations- und Informationstechnologie nicht nur eine Digitalisierung und Automatisierung der Verwaltung vorantreibe, sondern auch für die Informatisierung von Begriffen sorge.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. November 2016: BGH zu Störerhaftung / Klage wegen Klimawandel / Durchsuchung bei Freshfields? . In: Legal Tribune Online, 25.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21250/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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