Ob das ein Wahlkampfschlager wird? Die CSU fordert einen EU-Kompetenzgerichtshof. Außerdem in der Presseschau: Das KG erlaubt Pressefotos von Jürgen Trittins Frau, das LG München wird Warentests von Rucolasalat billigen, der US-Supreme Court ließ ein Verbot von affirmative actions zu - und warum die NPD eventuell einen Nazi wieder aufnehmen muss.
Thema des Tages
EU-Kompetenzgericht: Die CSU will in ihrem Programm für die Europawahl die Einführung eines europäischen Kompetenzgerichtshofs fordern. Das berichtet die Welt (Thomas Vitzthum). Das neue Gericht soll vor allem über die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips wachen, damit die EU nur dort tätig wird, wo eine nationale Regelung nicht ausreicht. Ein Klagerecht sollen neben Nationalstaaten auch "Regionen" wie Bayern haben. Der neue Gerichtshof solle mit Richtern aus den nationalen Verfassungsgerichten besetzt werden.
Rechtspolitik
Vorratsdatenspeicherung: Die FAZ (Eckart Lohse und andere) gibt einen Überblick über die SPD-Diskussionen zur Vorratsdatenspeicherung. Während sich SPD-Bundespolitiker zunehmend von der anlasslosen mehrmonatigen Speicherung aller Telefon- und Internet-Verkehrsdaten distanzieren, seien die SPD-Innenminister der Länder nach wie vor dafür.
Generalbundesanwalt - Hassverbrechen: Nun stellt auch lto.de (Annelie Kaufmann) den Gesetzentwurf des Justizministeriums zur Umsetzung von Vorschlägen des NSU-Untersuchungsausschusses vor. Maas will dabei die Rolle des Generalbundesanwalts stärken und menschenverachtende Motive bei Straftaten stärker berücksichtigen.
Justiz
KG zu Jürgen Trittins Frau: Angelika Büter, die Ehefrau von Jürgen Trittin, hatte die Zeitschrift Stern verklagt, weil diese im Wahlkampf ein Trittin-Portrait mit einem Foto illustrierte, auf dem auch sie und Trittins Mutter zu sehen waren. Das Kammergericht Berlin hielt die Nutzung des Photos für zulässig, da sich Büter auch zuvor schon öffentlich mit Trittin gezeigt hatte, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Die Richter beriefen sich dabei auf die Caroline-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
OVG Koblenz zu Uni-Mitbestimmung: Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat die Mitbestimmung von Studenten in der Universität gestärkt. Diese seien keine "bloßen Objekte der Wissensvermittlung, sondern selbständig mitarbeitende, an den wissenschaftlichen Erörterungen beteiligte Mitglieder der Hochschule". Die studentischen Mitglieder des Senats der Uni Trier konnten deshalb mit einem gesetzlich vorgesehenen suspensiven Gruppenvotum eine neue Beratung der Einrichtung des neuen Studiengangs Pflegewissenschaften erzwingen, berichtet spiegel.de.
LG Frankfurt zu Commerzbank-Entlassung: Die Commerzbank durfte ihren ehemaligen Finanzvorstand Ulrich Sieber nicht aus dem Vorstand abberufen. Das entschied nun das Landgericht Frankfurt am Main laut Handelsblatt (Elisabeth Atzler) und spiegel.de. Der Commerzbank-Aufsichtsrat hatte die Entlassung mit nur knapper Mehrheit beschlossen und mit einer Verkleinerung des Vorstandes im Zuge von Sparbemühungen begründet. Sieber waren keine Verfehlungen vorgeworfen worden.
BVerfG - Missstände bei der Pflege: Der Sozialverband VdK plant zehn Muster-Verfassungsbeschwerden gegen Missstände bei der Pflege. Diese sollen noch vor der Sommerpause eingereicht werden, berichtet die SZ (Heribert Prantl) auf der Titelseite. Gerügt werden soll ein Unterlassen des Gesetzgebers, der damit gegen seine Schutzpflichten verstoße. Unter anderem sollen so ein Mindeststandard in der Pflege und Verbesserungen für Demenzkranke erreicht werden. In einem gesonderten Kommentar schreibt Heribert Prantl (SZ): "Strafgefangene haben de facto mehr Rechte als alte Menschen." Er appelliert an die Verfassungsrichter, diese könnten "wunderbare Helfer" sein.
LG München I - Rucola-Test: Die Supermarktkette Rewe hatte gegen die Zeitschrift Ökotest geklagt. Rewe landete auf dem letzten Platz eines Rucola-Tests, weil dessen Nitratbelastung hoch war (ohne allerdings Grenzwerte zu überschreiten). Rewe sah in dem Testbericht eine unerlaubte Schmähkritik. Nach der mündlichen Verhandlung zeichnet sich eine Niederlage von Rewe ab, berichtet die SZ (Ekkehard Müller-Jentsch): Der Bericht sei eine zulässige Meinungsäußerung, das Testergebnis werde gut erklärt, kündigten die Richter an. Das Urteil soll an diesem Donnerstag verkündet werden.
LG Stade - Notwehr: Am Landgericht Stade hat der Strafprozess gegen einen inzwischen 80-jährigen Rentner begonnen. Er war 2010 von fünf jungen Männern in seinem Haus überfallen worden. Diese flüchteten als ein Alarm ausgelöst wurde. Der Rentner schoß ihnen hinterher und traf einen 16-Jährigen tödlich. Nach einigem Hin und Her wurde er nun doch wegen Totschlags angeklagt. Die Verteidigung beruft sich aber weiter auf Notwehr. Außerdem hält sie den Angeklagten aus psychischen Gründen nicht für verhandlungsfähig. Bis nächste Woche soll ein Gutachter Stellung nehmen. Es berichten unter anderem die SZ (Hans Holzhaider) und focus.de.
LG München - Ecclestone: An diesem Donnerstag beginnt am Landgericht München der Strafprozess gegen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue. Nun bringt auch die SZ (Christoph Giesen) einen Vorbericht.
Recht in der Welt
USA - Affirmative Action: Der US-Supreme Court hat eine Volksabstimmung im Bundesstaat Michigan akzeptiert, mit der affirmative actions an Universitäten verboten wurden. An Universitäten in Michigan darf nun bei der Auswahl von Studenten nicht mehr die Zugehörigkeit zu unterrepräsentierten Ethnien bevorzugend berücksichtigt werden. Die Entscheidung fiel mit sechs zu zwei Richterstimmen. Richterin Sonia Sotomayor, die dank einer affirmative action studieren konnte, gab ein langes und leidenschaftliches Minderheitsvotum ab. Es berichten spiegel.de und verfassungsblog.de (Alexandra Kemmerer).
Kosovo - Sondergericht: Der Kosovo richtet auf Druck der EU und der USA ein Sondertribunal ein, um mögliche Kriegsverbrechen der Kosovo-Befreiungsorganisation UCK in den Jahren ab 1998 zu untersuchen. Dabei geht es unter anderem um Organhandel und Folterungen, berichtet die taz (Erich Rathfelder). Das Gericht soll teilweise in Den Haag verhandeln, um Zeugen zu schützen.
Sonstiges
Vergewaltigung: Mirko Laudon (strafakte.de) kritisiert ausführlich eine vorige Woche veröffentlichte kriminologische Studie, wonach immer weniger Anzeigen wegen Vergewaltigung auch zu Verurteilungen führen. Die Studie und die nachfolgende Berichterstattung sei voreingenommen und gebe betroffenen Frauen einen falschen Eindruck.
Das Letzte zum Schluss
NPD - mit oder ohne Nazis: Am Sonntag verhandelt das Hamburger NPD-Landesschiedsgericht über den Parteiausschluss des im März gewählten NPD-Landesvorsitzenden Thomas Wulff. Dieser hatte sich als "Nationalsozialist" bezeichnet. Der NPD-Bundesvorstand sah darin eine Störung des Parteifriedens. Wulff dagegen meint, man könne "auch als Nationalsozialist in dieser Partei wirken", berichtet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 24. April 2014: CSU will EU-Kompetenzgericht – Jürgen Trittins Frau darf fotografiert werden – Kritik an Rucola erlaubt . In: Legal Tribune Online, 24.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11777/ (abgerufen am: 28.04.2024 )
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