Das Bundesverfassungsgericht bestätigt Regelung zu Spielhallen. Außerdem in der Presseschau: Cyber-Gefahrenabwehr soll auf den Bund übergehen, Störerhaftung wird beseitigt, toter Flüchtling in Dresden und Russland verbietet Zeugen Jehovas.
Thema des Tages
BVerfG zu Spielhallen: Rechtsprofessor Heiko Sauer bespricht auf verfassungsblog.de den Spielhallen-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von vergangener Woche. Darin hat das Gericht die Verfassungsbeschwerden gegen die neuen Spielhallen-Regelungen aus Berlin, Bayern und dem Saarland zurückgewiesen. Kernstück der Regelungen sind neue Abstandsgebote von bis zu 100 Metern zu anderen Spielhallen sowie zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Dabei sollen auch Altgenehmigungen nach höchstens fünf Jahren erlöschen und die Neuerteilung nach den neuen Vorgaben erfolgen. Der Autor kritisiert, das Gericht habe die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführer sowie die Anforderungen an die Gesetzesvorbehalts- und Vertrauensschutzprüfung nicht genügend gewürdigt.
Rechtspolitik
Cyber-Gefahrenabwehr: Nach Informationen der SZ (Ronen Steinke) plant Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Grundgesetzänderung, um die Kompetenz für die Gefahrenabwehr bei Cyber-Kriminalität auf den Bund zu übertragen. Der Autor begrüßt den Vorstoß, denn auch die Kriminellen agierten über Grenzen hinweg. Allerdings sei eine Kompetenzverschiebung auf weiteren Gebieten zu befürchten, was dem Gedanken des Föderalismus zuwiderlaufe.
Telemediengesetz: netzpolitik.org (Ingo Dachwitz) stellt den geänderten Entwurf zur Reform des Telemediengesetzes vor, der von der Bundesregierung Anfang April beschlossen worden ist. Das Gesetz sieht die Abschaffung der viel kritisierten Störerhaftung für offene WLAN-Netze vor. Die Verhängung der stark umstrittenen Netzsperre soll nicht mehr auf Routerebene, sondern nur noch gegenüber WLAN- Anbietern möglich sein. Der Verfasser befürchtet, dass eine unklare Formulierung die vorübergehende WLAN-Abschaltung durch die Polizei ermöglichen könnte.
Doppelte Staatsbürgerschaft: Angesichts des zustimmenden Votums von Deutschtürken zur Verfassungsreform in der Türkei fordert die CDU erneut eine Reform der doppelten Staatsbürgerschaft; Ziel sei die Einführung eines Generationenschnitts, berichtet die SZ.
Anna Reimann (spiegel.de) bezweifelt die Logik der Argumentation, da ein Zusammenhang zwischen Referendumsergebnis und doppelter Staatsbürgerschaft nicht nachweisbar sei. Reinhard Müller (FAZ) meint dagegen, "wer hier geboren wurde und aufgewachsen ist, sollte nicht Teil einer 'fünften Kolonne' eines auswärtigen autoritären Herrschers sein".
Justiz
Flucht Horst Mahlers: Nachdem der Rechtsextremist Horst Mahler untergetaucht ist, um seiner Reststrafe zu entgehen, widmet die SZ (Wolfgang Janisch) seinem turbulenten Leben und seinen zahlreichen Vorstrafen einen ausführlichen Bericht. Mahler habe sich nie durch Verurteilungen von weiteren Volksverhetzungsdelikten abhalten lassen, weshalb die Gerichte irgendwann jahrelange Haftstrafen verhängten. Aus diesem Grund bestand das Oberlandesgericht Brandenburg auf der Verbüßung der Reststrafe in Haft. Ob Mahler die Flucht ins Ausland gelinge, sei angesichts seines Gesundheitszustands zu bezweifeln.
OLG Braunschweig zu Leihmutterschaft: Das Oberlandesgericht Braunschweig hat einem Ehepaar die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft für in den USA von einer Leihmutter ausgetragene Zwillinge versagt, meldet unter anderem spiegel.de. Zugleich lehnte das Gericht die Anerkennung eines amerikanischen Gerichtsurteils ab, das die Elternschaft bestätigt hatte, weil dies einer Umgehung des Embryonenschutz- und des Adoptionsvermittlungsgesetzes gleichkommen würde. Die Eltern haben die in den USA zulässige kommerzielle Form der Leihmutterschaft genutzt und leben mit den Zwillingen nun in Deutschland.
LG Halle – Automatengebühren: Verbraucherschützer wollen gegen die Erhebung von Automatengebühren vor Gericht ziehen, wie unter anderem die FAZ (Markus Frühauf) und die Welt (Karsten Seibel) darstellen. Die Verbraucherzentrale Sachsen beklagt, dass die Geldinstitute die Kunden nicht ausreichend auf die Erhebung von zusätzlichen Gebühren für das Abheben von Bargeld und das bestehende Kündigungsrecht hingewiesen haben. Die Vorwürfe richten sich gegen drei Banken, unter anderem die Sparda-Bank Berlin, die nun vor dem Landgericht Halle verklagt worden ist.
StA Dresden – Toter Flüchtling: Bei einer am Montag im sächsischen Arnsdorf aufgefunden Leiche handelt es sich um jenen irakischen Flüchtling, dessen Misshandlung durch vier Männer einer selbsternannten Bürgerwehr im Mai vergangenen Jahres öffentliches Aufsehen erregt hatte. Gegen diese soll ab Montag vor dem Amtsgericht Kamenz ein Prozess wegen Freiheitsberaubung stattfinden, weil sie den Mann vor einem Supermarkt festgehalten und gefesselt hatten. Zwar gebe es keine Spuren von Fremdeinwirkung, die Staatsanwaltschaft ermittle jedoch wegen Tötungsverdachts, berichten die FAZ (Stefan Locke) und die taz (Micha Bartsch).
Cum-Ex-Geschäfte: Die Klaus Ott (SZ) befasst sich mit Cum-Ex-Geschäften, bei denen sich bis zu 100 Geldinstitute die Kapitalertragsteuer zweimal auszahlen ließen und den Fiskus so um zehn Milliarden Euro schädigten. Der Autor lobt die Spezialtruppe zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, deren Ermittlungstätigkeiten zum erfolgreichen Vorgehen gegen die Drahtzieher beigetragen haben. Erforderlich seien weiterhin mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften und mehr Ermittler.
Recht in der Welt
USA – Abgasskandal: Wie das Hbl meldet, will der im US-Strafverfahren gegen VW zuständige Richter Sean Cox in Detroit bekannt geben, ob er den Deal zwischen VW und dem amerikanischen Justizministerium billigt. VW hatte den Vorwurf des Betrugs, der Behinderung der Justiz sowie des Verkaufs von Waren unter falschen Angaben bestätigt und soll eine Strafe von 4,3 Milliarden Euro zahlen. Teil des Vergleichs ist außerdem, dass der amerikanische Jurist Larry Thompson die Aufklärung des Skandals von Wolfsburg aus übernimmt. Die SZ (Max Hägler) und das Hbl (T. Jahn, M. Murphy) porträtieren den 71-Jährigen, der sowohl als Manager bei Pepsi als auch jahrelang im US-Justizministerium tätig war.
Türkei – Metin Feyzioglu: Die FAZ (Michael Martens) interviewt den Präsidenten des Verbands türkischer Anwaltskammern, Metin Feyzioglu. Dieser hatte zusammen mit 50 weiteren Anwälten ein Wahlbeobachtungsteam bei der Abstimmung am vergangenen Sonntag gebildet und berichtet von zahlreichen Beschwerden über nicht gestempelte Wahlzettel. Zudem kritisiert der Jurist die Entscheidung der obersten Wahlkommission, die die Gültigkeit der Stimmzettel bestätigt hatte.
USA – Einreisestopp: US-amerikanische Technologiefirmen wie Google und Facebook stellen sich gegen den zweiten Einreisestopp Donald Trumps für Migranten aus muslimischen Ländern, berichten die FAZ (Roland Lindner) und Hbl (Britta Weddeling). Eine Gruppe von 162 Unternehmen reichte beim Berufungsgericht im Bundesstaat Virginia "Amicus Curiae"-Stellungnahmen ein, worin sie den Erlass scharf kritisieren. Außerdem sind den Unternehmen die geplanten Einschränkungen der Visavergabe ein Dorn im Auge, da sie einen beträchtlichen Teil der Belegschaft betreffen würden.
Italien – Costa Concordia: Vor dem Obersten Kassationsgerichtshof Italiens hat der Berufungsprozess gegen den ehemaligen Kapitän der Costa Concordia, Francesco Schettino, begonnen. Schettino muss sich für das Schiffsunglück im Jahr 2012 verantworten, bei dem 32 Menschen starben. Die Welt (Constanze Reuscher) bringt einen ausführlichen Vorbericht und stellt die Vorwürfe dar.
Russland – Zeugen Jehovas: Wie unter anderem zeit.de meldet, hat das Oberste Gericht Russlands die Zeugen Jehovas als extremistische Vereinigung verboten. Das Verbot von Bluttransfusionen für die Mitglieder der Gemeinschaft wertete das Gericht als Verstoß gegen die Menschenrechte. Die Vereinigung muss nun die Zentrale und 395 Regionalverbände schließen, das Vermögen wird beschlagnahmt.
Das Letzte zum Schluss
Polizeieinsatz wegen Attrappen: Zwei Jungen im Alter von 13 und 14 Jahren haben beim Spielen mit Waffenattrappen in einer baden-württembergischen Stadt einen Polizeieinsatz ausgelöst. Ein Zeuge rief den Notruf als die beiden in Kapuzenpullis vermummt mit täuschend echt aussehenden Pistolen hantierten. Erst nachdem die beiden sich auf den Boden legen mussten und festgenommen wurden, stellte sich deren Alter und der Hintergrund heraus. Die Polizisten entdeckten außerdem ein "umfangreiches Spielzeugwaffenarsenal", meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 21. April 2017: BVerfG zu Spielhallen / Cyber-Gefahrenabwehr / Klage gegen Automatengebühren . In: Legal Tribune Online, 21.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22677/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag