Mehrere Gerichte erhielten ominöse Briefe mit weißem Pulver. Außerdem in der Presseschau: BAG lehnt Entgeltfortzahlung bei künstlicher Befruchtung ab, Landgericht München I prüft Maklerforderung gegen Jerome Boateng.
Thema des Tages
Weißes Pulver an Gerichten: Am Bundesverfassungsgericht sowie an Gerichten in Chemnitz, Coburg, Eisleben, Erfurt, Gera und Ludwigslust gingen Briefe ein, aus denen beim Öffnen ein weißes Pulver rieselte. Zumindest in Eisleben wurde inzwischen Entwarnung gegeben: Es handelte sich um Puderzucker, meldet spiegel.de.
Rechtspolitik
De Maizière und der Terror: In einem ganzseitigen Interview mit der ZEIT (Marc Brost/Mariam Lau - zeit.de-Zusammenfassung) sagt Innenminister Thomas de Maizière: "Wir müssen uns jetzt vorbereiten auf unvorhergesehene große Krisen." Er fordert erneut mehr Kompetenzen für den Bund. Das wünsche auch die Bevölkerung, die keine Sorgen vor einem zu starken Zentralstaat habe. Maßnahmen gegen Gefährder, wie Anis Amri einer war, dürften nicht im Ermessen der Bundesländer liegen. Der Minister lehnt einen Kulturkampf gegen den Islam ab, fordert die Länder aber auf, salafistische Moscheen zu schließen.
Prantl und der Terror: Heribert Prantl (SZ) schlägt einen Ein-Punkt-Plan zur Überwachung islamistischer Gefährder vor: Jenes Instrumentarium, das zusammen mit § 58a Aufenthaltsgesetz eingeführt wurde, müsse endlich angewandt werden. Entsprechende Aufenthaltsauflagen könnten durch eine elektronische Fußfessel kontrolliert werden.
Elektronische Fußfessel: Die FAZ (Eckart Lohse) erklärt, welche Anwendungen heute schon rechtlich und technisch möglich sind und was künftig geplant ist. Die im BKA-Gesetz geplante Regelung einer Fußfessel für noch nicht verurteilte Gefährder werde nur wenige Personen betreffen, weil die meisten Gefährder nach Landesrecht überwacht werden.
ePrivacy: Die EU-Kommission hat einen neuen Entwurf zur EU-ePrivacy-Verordnung vorgelegt. Der Umgang mit Cookies soll vereinfacht, die Regeln für Spam sollen verschärft werden. zeit.de (Hauke Gierow) stellt den Entwurf und erste Reaktionen vor.
Lohngleichheit: Das Bundeskabinett hat jetzt den Gesetzentwurf für ein Lohngerechtigkeitsgesetz auf den Weg gebracht, so tagesschau.de. Frauen in Firmen ab 200 Mitarbeitern sollen künftig Auskunft darüber verlangen können, was Männer in gleichwertiger Position verdienen.
Justiz
BVerfG – NPD-Verbot: Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast (Grüne) prognostiziert in der ZEIT, dass das Bundesverfassungsgericht am 17. Januar das vom Bundesrat beantragte NPD-Verbot ablehnen werde. Künast findet das richtig. Die Länder hätten den Bedeutungsverlust der NPD nicht mitbekommen. Sie lehnt Parteiverbote auch generell ab.
BAG zu künstlicher Befruchtung: Wenn eine Arbeitnehmerin wegen einer künstlichen Befruchtung an der Arbeit gehindert ist, hat sie keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das entschied das Bundesarbeitsgericht, so lto.de. Auch die Unfruchtbarkeit des Partners könne der Frau nicht als eigene Krankheit angerechnet werden.
OLG Köln zu Wucher: Ein Schlüsseldienst, der für eine schnelle Schlossöffnung 319 Euro verlangt, kann nicht wegen Wuchers bestraft werden, entschied laut lawblog.de (Udo Vetter) das Oberlandesgericht Köln. Es fehle am Ausnutzen einer Zwangslage. Der Preis könne schließlich vorab verhandelt werden. Und wenn kein Preis vereinbart wurde, könne der Dienst ohnehin nur das Ortsübliche verlangen.
OLG Oldenburg zu Auslieferung: Ein Albaner, der in seiner Heimat in Abwesenheit zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, kann nach Albanien ausgeliefert werden, entschied laut lto.de das Oberlandesgericht Oldenburg. Er habe sich dem Prozess durch Flucht entzogen, sei aber durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen.
LG Leipzig – Unister: Vor dem Landgericht Leipzig hat der Betrugs-Prozess gegen die noch lebenden Verantwortlichen des Internet-Konzerns Unister begonnen. Ihnen wird banden- und gewerbsmäßiger Computerbetrug, Steuerhinterziehung und das unerlaubte Betreiben von Versicherungsgeschäften vorgeworfen, berichtet die SZ (Klaus Ott/Uwe Ritzer). Den Kunden der Unister-Flugportale seien Preisvorteile vorenthalten worden. Außerdem soll der Konzern "Serviceentgelte" nicht korrekt versteuert haben.
LG München I – Boatengs Villa: Am Landgericht München I wurde über die Klage eines Immobilienmaklers verhandelt, der dem befreundeten Fußballprofi Jerome Boateng eine Villa besorgt hatte. Obwohl Boateng glaubte, es handele sich um einen Freundschaftsdienst, hatte er einen Maklervertrag unterschrieben, in dem ein Honorar von 250.000 Euro plus 19% Mehrwertsteuer festgeschrieben waren. Das Gericht regte laut SZ (Susi Wimmer) einen Vergleich an.
LG Würzburg – Selfie mit Merkel: Ein Anwalt hat beim Landgericht Würzburg im Namen eines syrischen Flüchtlings eine einstweilige Verfügung gegen Facebook und ein AfD-Mitglied beantragt. Das berichtet die FAZ (Alexander Haneke). Ein Pressefoto, das den Flüchtling zeigt, wie er 2015 ein Selfie mit Kanzlerin Merkel anfertigt, war auf Facebook mit dem falschen Hinweis verbreitet worden, der Flüchtling habe sich als Krimineller und Terrorist entpuppt. Eine solche Verleumdung müsse sich der Flüchtling nicht gefallen lassen.
Recht in der Welt
EuG zu Panini-Bildern: Das Europäische Gericht hat eine Klage des Sammelbild-Anbieters Topps abgelehnt. Er hatte moniert, dass die EU-Kommission seine Beschwerde gegen das Quasi-Monopol des Konkurrenten Panini auf Sammelbilder von Fußball-Welt- und Europameisterschaften nicht aufgegriffen habe. Das EuG konnte keine Fehler der Kommission erkennen. Der Anwalt Fabian Reinholz beschreibt das Urteil auf lto.de und kritisiert, dass der maßgebliche Markt durch Einbeziehung der Sammelbilder von nationalen Ligen möglicherweise zu weit definiert wurde.
USA – VW: Volkswagen und die amerikanische Regierung haben sich auf einen Vergleich geeinigt, bei dem VW 4,3 Mrd. Dollar Strafe bezahlt und damit die strafrechtlichen Verfahren gegen das Unternehmen in den Vereinigten Staaten beigelegt sind. Gegen einzelne Manager werde aber weiter ermittelt, berichtet die FAZ (Carsten Germis).
Die FAZ (Marcus Jung) beschreibt, wie die US-Justiz den VW-Manager Oliver Schmidt unter dem Vorwurf einer "Verschwörung gegen die USA" festnehmen ließ. Führungskräfte aus entsprechenden Unternehmen sollten vor Reisen in die USA klären lassen, ob sie mit einer Verhaftung rechnen müssen.
Claus Hulverscheidt (SZ) stellt in einem Kommentar fest, dass es sich hier um keinen Wirtschaftskrieg handele. VW habe sich die Strafen durch seinen Betrug selbst eingebrockt. Kritisiert wird aber die zivil- und strafrechtliche Doppelbestrafung und die überhöhten Entschädigungen der Autokäufer (geschädigt sei nämlich vor allem die Umwelt). Außerdem gehöre auch der Hauptverantwortliche, Ex-VW-Vorstands-Chef Martin Winterkorn, vor Gericht.
Polen – Verfassungsgericht: Der Rechtsprofessor und Anwalt Marcin Matczak beschreibt auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache), welche prozeduralen Einwände es gegen die Wahl eines neuen PiS-konformen Präsidenten des polnischen Verfassungsgerichts gibt. Die alten Richter des Gerichts übten keinen offiziellen, aber teilweise passiven Widerstand, indem sie keine Sitzungen mit den neuen Richtern anberaumten.
Das Letzte zum Schluss
Darth Vader am Bankautomat: bild.de berichtet über eine Straftat in Essen. Dort hatte eine Frau mit einer fremden EC-Karte einen vierstelligen Betrag abgehoben. In der Video-Aufzeichnung der Bank war zu sehen, dass sie dabei ein Darth Vader-Kostüm trug. Die Tarnung verriet sie aber auch. Als aufgrund eines Verdachts die Wohnung der Frau durchsucht wurde, fand man dort auch die Darth Vader-Verkleidung.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. Januar 2017: Weißes Pulver an Gerichten / Befruchtung ist keine Krankheit / Streit wegen Boatengs Villa . In: Legal Tribune Online, 12.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21744/ (abgerufen am: 19.05.2024 )
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