Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Stuttgart hat Anklage gegen den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wegen möglicher Anlegertäuschung erhoben. Außerdem in der Presseschau: Prostitutionsgesetz, Bahn gegen Thyssen-Krupp, Altersgrenze für Bürgermeister und warum Mieter zusätzlichen Lärm aushalten müssen.
StA Stuttgart – Anklage gegen Wiedeking: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage gegen den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking erhoben. Wie die SZ (Thomas Fromm / Max Hägler / Klaus Ott) in ihrem Wirtschaftsteil berichtet, steht der Vorwurf der Marktmanipulation im Raum, von "spitzfindigen Aktiengeschäften" ist die Rede. Die FAZ (Joachim Jahn) erläutert, im Mittelpunkt stünden die fünf Dementi, mit denen Wiedeking immer wieder Übernahmeabsichten bezüglich VW zurückgewiesen habe. Nach der Darstellung von zeit.de (Dietmar H. Lamparter) geht es bei den Vorwürfen um die Frage, wie heimlich eine feindliche Übernahme geplant werden dürfe.
Die FAZ (Susanne Preuss) bringt ein Porträt von Wiedeking.
Joachim Jahn (FAZ) meint in einem Kommentar, für Wiedeking werde es ernst. Seine Selbstüberschätzung könne sich als Straftat erweisen. Frank-Thomas Wenzel (FR) bezeichnet die von Wiedeking initiierten Optionsgeschäfte, "als Deal, der auf die bislang krasseste Art und Weise die Regeln des Finanzmarktes aushebeln sollte."
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Tabak-Gesetzgebung: Die FAZ (Michael Stabenow) stellt die Rahmenbedingungen dar, unter denen der seit drei Wochen amtierende EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg an einer Neufassung der Tabakgesetzgebung auf EU-Ebene arbeitet.
Die Zeit (Claas Tatje) widmet sich speziell der Arbeitsweise der Tabak-Lobbyisten in Brüssel.
Wolfgang Reuter (Handelsblatt) kritisiert das Vorhaben, die Bürger mit brachialen Mitteln wie Fotos von verfaulten Zähnen auf Zigarettenpackungen "bekehren" zu wollen. Günther Nonnenmacher (FAZ) merkt an: "Ich fühle mich als Opfer eines Tugendterrors, der heute Raucher verdammt und morgen Weintrinker oder Schweinefleischesser treffen kann." Peter Riesbeck (FR) hält Borgs Vorschläge – Schockbilder und das geplante Verbot von tabakfremden Aromastoffen – für "in weiten Teilen vernünftig".
Prostitutionsgesetz: Die taz (Simone Schmollack) berichtet über Pläne, das Prostitutionsgesetz von 2002 zu verschärfen. Unter anderem der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl fordere die Möglichkeit, unangekündigt Razzien in Bordellen durchführen zu können. Man erhoffe sich dadurch wirksamere Maßnahmen gegen Zwangsprostitution.
Simone Schmollack (taz) meint, unangekündigte Razzien brächten wenig: "Bevor es brenzlig wird, ändern Zuhälter und Schlepper ihre Identität oder verschwinden."
EMIR-Ausführungsgesetz: Auf dem Handelsblatt-Rechtsboard stellt Rechtsanwalt Bernd Geier in einem Gastbeitrag das vom Bundestag verabschiedete Ausführungsgesetz zur European Market Infrastructure Regulation (EMIR) vor, die unter anderem verpflichte, standardisierte OTC-Derivate künftig über zentrale Gegenparteien zu clearen (Clearingpflicht). OTC-Derivate werden "over the counter", das heißt außerbörslich, gehandelt.
Kritik am Rundfunkbeitrag: Die Zeit (Alina Fichter) berichtet über die breite Kritik an den neuen Rundfunkbeiträgen. Auch Ermano Geuer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Passau, der vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen die Gebühren klagt, kommt zu Wort.
Im Leitartikel spricht Claudia Tieschky (SZ) von einem Zwangspublikum und konstatiert, die neue Pflicht für jede Wohnung und jeden Betrieb entmündige den Bürger bei der Wahl seiner Medien.
Pseudonyme bei Facebook: Unter der Überschrift "Deutscher könnte Facebooks Geschäftsmodell zerstören" berichtet welt.de (Ulrich Clauß) über das Vorhaben von Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragten in Schleswig-Holstein, gegenüber Facebook das Recht auf Anonymität seiner Benutzer durchzusetzen.
Weitere Themen – Justiz
Staatsanwälte gegen Manager: Die Zeit (Heike Buchter / Arne Storn) konstatiert, dass Staatsanwälte immer häufiger, jedoch kaum konsequent gegen Spitzenmanager vorgingen. Das Handelsblatt (Michael Brackmann / Axel Höpner) widmet seine Titelgeschichte der "Großwildjagd" der Ermittler.
Zum Titelthema im Handelsblatt gehören auch Porträts von elf Managern, gegen die strafrechtliche Vorwürfe im Raum stehen. Die SZ (Klaus Ott) berichtet, die Deutsche Bank habe die große Razzia provoziert, indem sie auf das Ersuchen der Staatsanwaltschaft bezüglich der Herausgabe von Unterlagen nicht reagiert habe. Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet, einer der vier festgenommenen Mitarbeiter der Deutschen Bank sei mittlerweile aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Michael Inacker (Handelsblatt) kritisiert den "oft unbarmherzigen Umgang" mit dem Spitzenpersonal in Deutschland, der ein Klima der Risiko- und Verantwortungsvermeidung erzeuge.
LG Frankfurt/M. – Bahn vs. Thyssen-Krupp: Die SZ (Klaus Ott) meldet, die Bahn habe beim Landgericht Frankfurt/M. Klage gegen Thyssen-Krupp und andere Unternehmen eingereicht. Wegen Kartellabsprachen verlange die Bahn 750 Millionen Euro Schadenersatz.
LG Berlin zu BT-Postbeamten: Das Landgericht Berlin hat einen Beamten der Poststelle des Bundestags zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Der 43 Jahre alte Oberamtsmeister hatte mit Hilfe fingierter Nachnahmesendungen 780.000 Euro für seine eigenen Zwecke abgezweigt. Darüber berichtet spiegel.de.
BayVGH zur Altersgrenze: Die FAZ (Albert Schäffer) stellt die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes dar, der in der Altersgrenze für Bürgermeister keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot sieht.
Heribert Prantl (SZ) meint, eine Beschränkung auf eine zweimalige Wiederwahl sei der bessere Weg als eine starre Altersgrenze, um Dauerposteninhaber zu vermeiden.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Waffenrecht: Die FR (Damir Fras) berichtet, US-Präsident Obama habe eine Kommission unter der Leitung von Vizepräsident Joe Biden eingerichtet, die Vorschläge für Veränderung im Waffenrecht bis Ende Januar 2013 vorlegen soll. Laut welt.de (Ansgar Graw) ist auch die Waffenlobby zum Umdenken bereit.
Andreas Zielcke (SZ) setzt sich in einem Beitrag im Feuilleton kritisch mit der Entscheidung des Supreme Courts aus dem Jahr 2008 auseinander, in der erstmals ein Grundrecht auf Waffenbesitz bestätigt wurde.
Hubert Wetzel (SZ) kommentiert, dass mit dem jetzt diskutierten Gesetz gegen halbautomatische Waffen, der "assault rifle ban", wenigstens der Status von 1994 bis 2004 wieder hergestellt würde.
Jugoslawien-Tribunal: Die SZ (Stefan Klein) bringt eine Reportage über das Verfahren in Den Haag und die Rezeption der juristischen Prozeduren in Sarajevo. Im Mittelpunkt steht Muhamed Kapetanovic, der 1994 als Neunjähriger beschossen wurde und als 70 Prozent Kriegsbeschädigter eine Rente von 130 Euro im Monat erhält.
UBS zahlt 1,4 Milliarden: Die SZ (Wolfgang Koydl / Andreas Oldag) berichtet, dass die Schweizer Großbank UBS zur Zahlung einer Strafe von 1,4 Milliarden Euro an verschiedene Aufsichtsbehörden, unter anderem an das US-Justizministerium verpflichtet worden sei. Grund seien Manipulationen des Referenzzinssatzes Libor gewesen.
Sonstiges
Instagram denkt um: Das Tochterunternehmen von Facebook, Instagram, wird nach Protesten im Internet davon Abstand nehmen, die von seinen Nutzern eingestellten Fotos zu verkaufen. Für lto.de erläutern in einem Gastbeitrag der Rechtsanwalt Niklas Haberkamm und Florian Wagenknecht, ein Spezialist für Online-Bildrechte, die Hintergründe.
Gustl Mollath – Lakotta antwortet Stadler: Rechtsanwalt Thomas Stadler (internet-law.de) geht auf die Reaktion der Journalistin Beate Lakotta auf seine Kritik an der Berichterstattung über Gustl Mollath ein. Nach seiner Auffassung stelle Lakotta den komplexen und facettenreichen Fall Mollath äußerst selektiv dar.
Das Letzte zum Schluss
Ein bisschen Lärm geht immer: lawblog.de (Udo Vetter) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor, derzufolge Mieter auch dann keinen Anspruch auf Mietminderung haben, wenn es aufgrund einer Umleitung für ein knappes Jahr zu erhöhtem Verkehrsaufkommen und Lärm in ihrer Straße komme. In einem Gastbeitrag für lto.de analysiert Rechtsanwalt Dominik Schüller die Entscheidung und weist darauf hin, dass der Wunsch nach größtmöglicher Ruhe für den Vermieter ausdrücklich erkennbar sein müsse, um eine Minderung durchsetzen zu können.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2012: Anklage gegen Wiedeking – US-Pläne gegen Waffenbesitz – EU-Tabakverordnung . In: Legal Tribune Online, 20.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7834/ (abgerufen am: 02.05.2024 )
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