Bundesinnenminister de Mazière (CDU) prüft Vorgehen gegen Dschihad-Kämpfer mit deutscher Staatsangehörigkeit. Außerdem in der Presseschau: Reformen gegen Missbrauch der EU-Freizügigkeit sollen bald kommen, Kündigung bei Bagatelldelikten, Strafbarkeit von Schwarzfahrern, Whistleblower im öffentlichen Dienst und warum ein Spezialeinsatzkommando in Berlin erfolglos war.
Thema des Tages
Ausweisung und Passentzug für Dschihadisten: Nach Angaben des Bundesverfassungsschutzes sollen sich mehrere hundert Personen aus der Bundesrepublik als Dschihadisten im Syrienkrieg beteiligt haben und zum Teil wieder nach Deutschland eingereist sein. CDU-Politiker fordern nun die Verschärfung des Aufenthaltsgesetzes und Maßnahmen gegen Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Die FAZ (Johannes Leithäuser) und welt.de stellen die Forderungen und Reaktionen von SPD und Grünen zusammen. Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) habe von einer Arbeitsgruppe aus Innenministern von Bund und Ländern berichtet, die derzeit prüfe, unter welchen Voraussetzungen deutschen Staatsbürgern der Ausweis entzogen werden könne, um eine Einreise in die Konfliktgebiete zu verhindern. Die ausländerrechtlichen Regelungen halte er dagegen für ausreichend.
Katharina Schuler (zeit.de) meint, die Forderung nach einer Aberkennung der Staatsbürgerschaft sei "blanker Populismus", denn die Staatsangehörigkeit sei von Artikel 16 des Grundgesetzes geschützt.
Rechtspolitik
Ruhestandsalter für Beamte: Heribert Prantl (SZ) kommentiert die Angleichung des Ruhestandsalters für Beamte an das Renteneintrittalter der gesetzlichen Rentenversicherung von 67 Jahren, die vom Bund und von fast allen Bundesländern vollzogen wurde. Die "Zweiteilung des öffentlichen Dienstes" in Beamte und Angestellte sollte insgesamt überdacht werden. "Einen dem bisherigen Beamtenstatus vergleichbaren Sonderstatus brauchen nur die Beschäftigten der Justiz, des Steuerwesens sowie der inneren und äußeren Sicherheit."
EU-Freizügigkeit: Nach einem Bericht der FAZ (Dietrich Creutzburg) wird die Bundesregierung am 27. August Reformen zur Regelung des vermuteten Missbrauchs der EU-Freizügigkeit beschließen. Die Anfang des Jahres eingesetzte Staatssekretärsrunde habe in einem Abschlussbericht konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Unter anderem sollen EU-Zuwanderer bei falschen Angaben leichter ausgewiesen werden und ihnen die Wiedereinreise für eine bestimmte Zeit verboten werden können. Kommunen mit einem hohen Zuwanderungsanteil sollen Sonderzahlungen des Bundes erhalten.
Störerhaftung für WLAN: Nach Informationen der Rheinischen Post (Jan Drebes/Gregor Mayntz) will die Bundesregierung die Haftungsprivilegierung des Telemediengesetz durch eine Klarstellung auf WLAN-Betreiber ausweiten und so die Störerhaftung von Hoteliers und Cafébetreibern einschränken. Dadurch soll der offene Zugang zum WLAN erleichtert werden. zeit.de (Johannes Wendt) greift die Meldung auf und stellt die bisherige Rechtslage vor. Auch internet-law.de (Thomas Stadler) berichtet.
TTIP – Investorenschutz: Die SZ (Jannis Brühl, Informationsseite online) beschäftigt sich mit der Diskussion um Investoren-Schutzklauseln im geplanten Freihandelsabkommen TTIP, die bei Rechtsstreitigkeiten eine Klagemöglichkeit vor Schiedsgerichten vorsehen. Vorgestellt werden die Ansichten zweier Vertragsunterhändler und eines Think-Tank-Begründers, der sich für den Investorenschutz einsetzt. Außerdem geht Brühl der Frage nach, inwiefern die Schiedsgerichtsverfahren Staaten unter Druck setzten und als "Geheimgerichte" bezeichnet werden können.
Justiz
StGH Niedersachsen – Inklusion: lto.de meldet, dass beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof eine Kommunalverfassungsbeschwerde mehrerer Kommunen gegen die Einführung inklusiver Schulen erhoben wurde. Die Beschwerdeführer machen eine Verletzung des Konnexitätsgebots geltend, weil die landesrechtliche Regelung keinen finanziellen Ausgleich für die auferlegte Aufgabe vorsehe.
LAG Hamburg zu Bagatelldelikten: Durch Mitarbeiter verübte Bagatelldelikte können grundsätzlich zu einer rechtmäßigen Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Seit dem Emmely-Urteil des Bundesgerichtshofs allerdings mit der Einschränkung, dass im Einzelfall eine Abmahnung ein milderes Mittel darstellen kann. So hat nun auch das Landesarbeitsgericht Hamburg im "Krabbenbrötchenfall" entschieden und ausgeführt, dass nicht jeder Vermögensschaden zu einer fristlosen Kündigung wegen zerstörtem Vertrauensverhältnis führen dürfe. blog.beck.de (Christian Rolfs) weist auf die Entscheidung hin.
VG Berlin zu Kosten für Auskunftsersuchen: Zwei Journalisten hatten beim Bundesinnenministerium einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf Zugang zu Informationen über die staatliche Förderung von Sportverbänden gestellt und sollten für die Bearbeitung Gebühren in Höhe von über 14.000 Euro zahlen. Die Aufspaltung der Anträge durch das Bundesministerium in insgesamt 66 Bescheide wurde vom Verwaltungsgericht Berlin nun für rechtswidrig erklärt und die Höhe auf knapp 700 Euro festgelegt, berichten internet-law.de (Thomas Stadler) und lawblog.de (Udo Vetter).
StA München – Jürgen Fitschen: Die Staatsanwaltschaft München werde demnächst Anklage gegen den Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier ehemaliger Kollegen erheben, schildert die SZ (Klaus Ott). Ihm wird versuchter Prozessbetrug im Schadensersatzprozess des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Deutsche Bank vorgeworfen. Jörg Eigendorf (Die Welt) begrüßt die Entscheidung von Fitschen, das Angebot der Staatsanwaltschaft auf Einstellung des Verfahrens gegen eine Strafzahlung abzulehnen und "auf sein Recht zu pochen".
LG Bonn – Schwarzfahrer: Strafrechtsanwalt Sascha Böttner befasst sich auf lto.de mit einem Schwarzfahrerfall vor dem Landgericht Bonn. Der Angeklagte hatte einen Zettel mit der Aufschrift "ich fahre schwarz" sichtbar an seine Mütze geheftet, weshalb nun strittig sei, ob er die Beförderungsleistung gemäß § 265 a des Strafgesetzbuches "erschlichen" hat. Böttner fasst die bisherige Rechtsprechung zur umstrittenen Frage zusammen. Außerdem werde die Strafbarkeit generell in Frage gestellt und beispielsweise eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit vorgeschlagen.
LG Würzburg – Autobahnschütze: Am gestrigen Montag hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Autobahnschützen wegen versuchten Mordes begonnen, der 700 mal auf vorbeifahrende Autotransporter geschossen haben soll. In einer Erklärung der Verteidigung habe er die Schüsse zugegeben und außerdem weitere Fragen nach dem Motiv beantwortet, berichten spiegel.de (Benjamin Schulz), die FAZ (Dalia Antar) und die SZ (Hans Holzhaider).
StA Köln – Ex-Bafin-Chef: Das Handelsblatt (Massimo Bognanni/Yasmin Osman) berichtet von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln gegen den ehemaligen Präsidenten der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen Jochen Sanio. Im Fall der insolventen Bank Sal. Oppenheim werde ihm vorgeworfen, die BHF-Bank zu einem risikoreichen Kredit an die Sal.Oppenheim gedrängt zu haben. Es bestehe der Verdacht auf Beihilfe zur Untreue und versuchte Erpressung.
Recht in der Welt
Georgien – Anklage gegen Ex-Präsident: Die SZ (Julian Hans) berichtet, dass die georgische Staatsanwaltschaft den ehemaligen Präsidenten Michail Saakaschwili wegen "Amtsmissbrauch" und "gewaltsamen Vorgehen gegen die Bürger" angeklagt und einen Haftbefehl ausgestellt hat. Während seiner Amtszeit habe er eine regierungskritische Demonstration gewaltsam aufgelöst und einen Fernsehsender abschalten lassen.
USA – Militärjustiz: Amnesty International wirft der US-Militärjustiz vor, Hinweisen auf Kriegsverbrechen während des Afghanistankrieges nicht ausreichend nachgegangen zu sein. Bei mehreren untersuchten Luftangriffen mit zivilen Opfern seien nicht einmal Ermittlungen eingeleitet worden. Amnesty fordert die Einrichtung einer unabhängigen Behörde, die über die Einleitung von Verfahren entscheiden soll, meldet der Focus.
Sonstiges
Whistleblower im öffentlichen Dienst: Die SZ (Heribert Prantl) bespricht ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes beim Schleswig-Holsteinischen Landtag zur Rechtslage von Whistleblowern im öffentlichen Dienst. "Whistleblower im öffentlichen Dienst genießen keinen Schutz", ist das Resümee des Autors. Reformvorhaben, wie die Einführung eines Rechts auf Anzeige bei rechtswidrigen Diensthandlungen, seien bisher im Sande verlaufen.
Familienstiftungen: Die FAZ (Joachim Jahn) untersucht, ob die Übertragung großer Vermögen auf Stiftungen als Steuersparmodell dienen kann und welche Steuern in einem solchen Fall anfallen. Das Modell lohne sich lediglich, wenn sich die Stiftung im Ausland befindet oder wenn die Erträge dem Unterhalt engster Verwandter dienen sollen.
Das Letzte zum Schluss
Geiselnahme ohne Geisel: Mit einem Schreck dürften Mitarbeiter einer Bankfiliale in Berlin-Friedrichshagen davongekommen sein. Am Montag stürmte ein schwer bewaffnetes Spezialeinsatzkommando der Polizei das Gebäude, um vermeintliche Geiseln zu befreien, musste aber unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Den Alarm hatte eine Putzkraft versehentlich ausgelöst, meldet bild.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. August 2014: Vorgehen gegen deutsche Dschihadisten gefordert – Strafbarkeit von Schwarzfahrern – Whistleblower im öffentlichen Dienst . In: Legal Tribune Online, 12.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12865/ (abgerufen am: 03.05.2024 )
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