Nach einer Niederlage beim Bundesgerichtshof droht dem thailändischen König jetzt auch ein Steuerbescheid. Außerdem in der Presseschau: Gina-Lisa Lohfink geht in Sprungrevision und Geert Wilders wurde verurteilt.
Thema des Tages
Ungemach für Thailands König: Bayerische Steuerbehörden prüfen, ob sie Erbschaftsteuer vom thailändischen König Maha Vajiralongkorn verlangen. Der designierte Thronfolger hat ein Haus am Starnberger See bei München, in dem er mehrere Monate im Jahr verbringen soll. Jetzt wartet möglicherweise ein Steuerbescheid über drei bis vier Milliarden Euro auf ihn, da er seinen Wohnsitz oder zumindest den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben könnte und damit in Deutschland steuerpflichtig wäre, so die Montags-SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo). In einem gesonderten Beitrag befasst sich die Montags-SZ (Hans Leyendecker) mit den Schwierigkeiten, die bei Erbschaften mit Auslandsbezug auftreten können.
Erhält der thailändische König einen Steuerbescheid, wäre es nicht das erste Mal, dass er Probleme mit Fiskus und Justiz in Deutschland hat. Erst kürzlich ist ein langjähriger Rechtsstreit zwischen Thailand und einem deutschen Unternehmen zu Ende gegangen, wie die FAS (Corinna Budras) und die Montags-Welt (Gerhard Hegmann) schreiben. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Thailand 30 Millionen Euro an die Walter Bau AG zahlen muss. Das Unternehmen hatte eine Mautautobahn gebaut, die keine Einnahmen abwarf, weil Thailand eine kostenlose Umgehungsstraße baute. Daraufhin verklagte es den Staat vor einem privaten Schiedsgericht auf Schadensersatz und gewann. Schließlich wurde in Bayern das Flugzeug des thailändischen Königs gepfändet.
Rechtspolitik
Bund-Länder-Finanzen: Bund und Länder haben sich auf die Details der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen verständigt. Dabei wurde unter anderem beschlossen, dass sowohl Autobahnen als auch die Betreibergesellschaft im unveräußerlichen Eigentum des Bundes bleiben. Die Samstags-SZ (Michael Bauchmüller u.a.) fasst die Ergebnisse zusammen.
Bayerisches Integrationsgesetz: Nach einer 16-stündigen Debatte hat der bayerische Landtag am Freitagmorgen das umstrittene Integrationsgesetz verabschiedet. Das meldet spiegel.de. Das Gesetz sieht unter anderem eine Verpflichtung zur Achtung der "Leitkultur" vor. Reinhard Müller (Samstags-FAZ) findet es gut, "dass über ein so wichtiges Thema ausführlich debattiert wird". Schlecht sei jedoch, "wenn nicht die Sache im Vordergrund steht, sondern das Filibustern".
Kohleausstieg: Im Interview mit der taz (Christian Rath) erläutert der auf Umweltrecht spezialisierte Rechtsanwalt Thorsten Deppner den verfassungsrechtlichen Rahmen eines möglichen Kohleausstiegs. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg erleichtere den Kohleausstieg. Der Gesetzgeber könne die Betriebserlaubnisse für Kohlekraftwerke nachträglich befristen, ohne Entschädigungen zahlen zu müssen.
Doppelte Staatsangehörigkeit: In einem Kommentar beschreibt Reinhard Müller (Montags-FAZ) die Staatsangehörigkeit als ein rechtliches Band, das den Schlusspunkt zur Integration darstelle. Die doppelte Staatsangehörigkeit sieht er skeptisch: "Integration bedeutet gerade nicht, sich möglichst viele Optionen offenzuhalten."
Kartellrecht für Forstbehörden: Dass die Forstämter mancher Bundesländer Bewirtschaftung, Vermarktung und Verkauf aus einer Hand betreiben, hat das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. Ein Verfahren ist inzwischen beim Oberlandesgericht Düsseldorf anhängig. Gleichzeitig soll das Waldgesetz reformiert werden. Ob die geplante Freistellung für "forstwirtschaftlichen Dienstleistungen" ausreicht, um die bisherige Praxis zu legalisieren, ist jedoch umstritten, so die Montags-FAZ (Helmut Bünder/Marcus Jung).
Richterinnen mit Kopftuch: Wolfgang Janisch (Montags-SZ) fordert, dass Richterinnen keine Kopftücher tragen. Das Kopftuch führe zwar nicht zur Voreingenommenheit, jedoch sei die Neutralität im Gericht von besonderer Bedeutung. Dies sei umso zentraler, je mehr sich die Gesellschaft polarisiere.
Strafbarkeit der Einreise: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Lorenz Bode erläutert auf verfassungsblog.de in einem englischsprachigen Beitrag das Verhältnis der Strafbarkeit der Einreise von Ausländern zur Genfer Flüchtlingskonvention und fordert eine Entkriminalisierung.
Justiz
BVerfG zum Atomausstieg: Der Spiegel (Frank Dohmen/Dietmar Hipp) analysiert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg. Kern des Urteils sei, dass die Bundesregierung nach Fukushima die Gefahrenlage neu bewerten und den Ausstieg beschleunigen durfte. Für die Atomkonzerne sei es daher eine krachende Niederlage.
Klagen von Atomkonzernen: Die Atomkonzerne haben 20 anhängige Klagen wegen des Atomausstiegs fallen gelassen. Im Gegenzug sollen sie gegen eine einmalige Zahlung von 23 Milliarden Euro aus der Verantwortung für die Lagerung des Atommülls entlassen werden. Es wurden jedoch nicht alle Klagen fallen gelassen. Die Energieriesen beharren auf Ansprüchen wegen der Laufzeitverkürzung der verbleibenden Kraftwerke. Auch das Verfahren von Vattenfall vor einem US-Schiedsgericht läuft weiter. Die Montags-FAZ (Manfred Schäfers) und spiegel.de (Stefan Schultz) berichten.
BAG zu Betriebsrente: Rechtsanwalt Norbert Pflüger stellt in der Samstags-FAZ ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vor, nach dem der ungekürzte Bezug der Betriebsrente erst mit Erreichen der erhöhten Altersgrenze möglich ist.
ArbG Berlin – Lohngleichheit beim ZDF: Eine ZDF-Reporterin verklagt ihren Arbeitgeber auf Entschädigung, weil sie sich gegenüber ihren männlichen Kollegen benachteiligt sieht. Die mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Berlin am Mittwoch vergangener Woche hat laut Spiegel (Ann-Kathrin Nezik) und Montags-SZ (Verena Mayer) gezeigt, wie schwierig es ist, eine Diskriminierung zu beweisen.
KG Berlin – Gina-Lisa Lohfink: Die Anwälte von Gina-Lisa Lohfink haben die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in die Revision zum Kammergericht Berlin umgewandelt. Das meldet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Es wird gemutmaßt, dass sich das Model eine erneute Verhandlung ersparen möchte.
LG Bochum – Werner Mauss: Die FAS (Reiner Burger) lässt den bisherigen Verlauf des Prozesses gegen Werner Mauss am Landgericht Bochum Revue passieren. Dem ehemaligen Agenten wird Steuerhinterziehung im großen Stil vorgeworfen.
LG Bremen – Motorradraser: Heute beginnt vor dem Landgericht Bremen der Prozess gegen den Motorrad-Videoblogger "Alpi". Dem 23-Jährige, der seine rasanten Fahrten mit einer Helmkamera aufnahm und ins Internet stellte, wird vorgeworfen, am 17. Juni zunächst ein Auto beschädigt und dann einen Rentner umgefahren zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat laut FAS (Reinhard Bingener) Anklage wegen Mordes erhoben. Sie argumentiert, dass die zweite Tat der Verdeckung der Fahrerflucht nach dem ersten Unfall diente.
LG Düsseldorf – Prozess gegen Uniklinik-Chef: Der Spiegel (Julia Jüttner) berichtet vom Prozess gegen den ehemaligen Chef der Uniklinik Düsseldorf. Ihm wird vorgeworfen, jahrelang einen wissenschaftlichen Mitarbeiter in einer Privatpraxis beschäftigt und die erbrachten Leistungen als eigene in Rechnung gestellt zu haben.
Strafanzeige gegen Facebook: Nachdem auf Facebook ein erfundenes Zitat von Renate Künast verbreitet worden war, hat die Grünen-Politikerin Strafanzeige und Strafantrag gegen Verantwortliche bei Facebook und gegen Unbekannt gestellt. Das berichtet der Spiegel (Melanie Amann u.a., spiegel.de-Zusammenfassung) in einem ausführlichen Artikel über den Umgang mit Falschinformationen auf Facebook. Heribert Prantl (Montags-SZ) begrüßt die Strafanzeige: Facebook müsse mit Strafanzeigen "zugeschüttet" werden. Das erhöhe den "offensichtlich notwendigen Druck auf die Staatsanwaltschaften, lügnerischen und hetzerischen Missbrauch des Internets zu ahnden".
Weniger Zivil-Klagen: Die zivilrechtlichen Klagen sind von 1995 bis 2014 um mehr als ein Drittel gesunken. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) fragt nach möglichen Ursachen und kommt zu dem Ergebnis, dass hinter den sinkenden Prozesszahlen "weniger die schwindende Streitlust, sondern das wachsende Kostenbewusstsein" stecke. In einem weiteren Artikel befasst sich die Samstags-SZ (Martin Zips) mit Nachbarschaftsstreitigkeiten.
Richterscore: lto.de (Constantin van Lijnden) stellt die Seite Richterscore vor, auf der Richter von Anwälten bewertet werden können. Das soll es Anwälten erleichtern, bei fliegendem Gerichtsstand den Klageort auszuwählen oder sich auf die Verhandlung vorzubereiten. Kritik kommt aus den Reihen der Richterverbände, die befürchten, dass sich Anwälte auf dem Portal anonym Luft machen.
Michael Mauck verlässt LG Berlin: Michael Mauck, Vorsitzender der Berliner Pressekammer, verabschiedet sich in den Ruhestand. In der Montags-taz beschreibt Johannes Eisenberg, Rechtsanwalt der "taz", Mauck als einen Richter, mit dem eine "sachbezogene, grundrechtsaffine und intelligente Rechtsprechung" in das Berliner Landgericht einzog.
Recht in der Welt
Niederlande – Wilders verurteilt: Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders ist wegen Beleidigung und Diskriminierung verurteilt worden. Eine Strafe verhängten die Richter jedoch nicht, da der Schuldspruch genügen würde. Wilders hatte bei einer Wahlparty die jubelnde Menge gefragt, ob sie "mehr oder weniger Marokkaner" wollten. Die Samstags-FAZ (Michael Stabenow) und die Samstags-taz (Tobias Müller) berichten.
Für Nikolas Busse (Samstags-FAZ) zeigt der Fall, dass Straftatbestände "stumpfe Schwerter in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten" sind. Thomas Kirchner (Samstags-SZ) hält Prozesse wie jenen gegen Wilders hingegen für notwendig: "Die Gesellschaft muss sich, selbst wenn das die Radikalen zunächst sogar stärkt, solchen Prozessen stellen, muss die Grenze des Sagbaren immer wieder verteidigen."
Griechenland – Auslieferungen an die Türkei: Zwei griechische Gerichte sind zu unterschiedlichen Urteilen gekommen, was die Zulässigkeit der Auslieferung von nach Griechenland geflohenen türkischen Soldaten betrifft. Jetzt muss der Oberste Gerichtshof entscheiden, wie spiegel.de (Giorgos Christides) schreibt.
Italien – Nach der Krise: In einem englischsprachigen Beitrag auf verfassungsblog.de befasst sich Rechtsprofessor Christian Joerges mit dem Verhältnis zwischen Deutschland und Italien und den Herausforderungen, die die Krise nach dem Referendum an beide Staaten stellt.
USA – Sexualverwaltungsrecht: lto.de (Martin Rath) schildert die in den USA zu beobachtende Entwicklung hin zu einem Sexualverwaltungsrecht, mit dem – so die Kritik zweier Harvard-Professoren – unverfängliche Sexualität einem bürokratischen Regime unterworfen wird. Kritisch wird auch der Einfluss US-amerikanischer Konzepte auf die deutsche Diskussion zum Sexualstrafrecht angemerkt.
Sonstiges
Diskussion nach Mord in Freiburg: Heribert Prantl (Samstags-SZ) warnt nach dem Mord in Freiburg vor Pauschalisierungen: "Der Mord in Freiburg wird ungerührt hineingerührt in die Debatten über die Integrations-, die Ausländer- und die Flüchtlingspolitik, als handele es sich bei dieser Straftat um eine Zutat zu einem politischen Gericht." Die WamS (Eva Marie Kogel, welt.de-Zusammenfassung) sprach mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer, der Gewalt als soziale Frage bezeichnet und vor verzerrten Polizeistatistiken warnt.
Börsenfusion: Der Rechtsprofessor Uwe H. Schneider beleuchtet in der Samstags-FAZ, welche Auswirkungen die Übernahme der London Stock Exchange durch die Deutsche Börse für die Börsenaufsicht hätte. Er befürchtet eine gelähmte Aufsicht, die noch nicht einmal eine Austrocknung der Frankfurter Börse verhindern könnte.
Bayerische Verfassung: Zum 70. Jahrestag ihres Inkraftretens stellt Rechtsprofessor Herbert Grziwotz auf lto.de die bayerische Landesverfassung vor. Diese sei "angesichts von Altersarmut, Wohnungsknappheit, zunehmender sozialer Ungleichheit und der Diskussion um eine Leitkultur aktueller denn je".
Religiös-weltanschauliche Neutralität: Rechtsprofessor Horst Dreier befasst sich in der Montags-FAZ mit dem Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität. Zunächst erläutert er dessen Herleitung aus verschiedenen Grundgesetzbestimmungen. Sodann legt er es als Begründungsneutralität aus. Jedoch komme es nicht darauf an, dass die Autoren von Normen diese neutral begründeten, sondern dass die Normen einer Begründung ohne Bezugnahme auf Glaubenssätze zugänglich seien. Schließlich setzt er sich mit Einwänden gegen das Prinzip auseinander.
Schieflage bei KWM: Die britische Bank Barclays verlangt weitere Sicherheiten von der in wirtschaftliche Schieflage geratenen internationalen Großkanzlei King & Wood Mallesons (KWM). Die Samstags-FAZ (Marcus Jung) berichtet und stellt Gerüchte über mögliche Übernahmen vor.
Das Letzte zum Schluss
Panne kostet Thierse die Wahl: Eine Panne bei der bei der Wahl der Delegierten für die Bundesversammlung im Berliner Abgeordnetenhaus kostet den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse die Teilnahme an der Bundespräsidentenwahl. Das meldet spiegel.de. Statt wie abgesprochen die Vorschläge der eigenen Partei anzukreuzen, wählte vermutlich ein Abgeordneter der SPD auch Kandidaten anderer Parteien. Für Frank-Walter Steinmeier wird es in der Bundesversammlung wohl trotzdem reichen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dw
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 10. bis 12. Dezember 2016: Probleme für Thailands König / Sprungrevision für Lohfink / Schuldspruch für Wilders . In: Legal Tribune Online, 12.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21425/ (abgerufen am: 29.04.2024 )
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