Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat einen Strafbefehl gegen den Bischof von Limburg beantragt. Außerdem in der Presseschau: Aussage Carsten S. im NSU-Verfahren, Anwälte gegen Prism, das Swift-Abkommen im EU-Parlament, und wo auf dem Flughafen Schönefeld die deutsche Staatsgrenze verläuft.
Thema des Tages
Limburger Bischof droht Strafbefehl: Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat Strafbefehl gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst beantragt. Die Ermittler hielten es für erwiesen, dass der Kirchenmann zweimal falsche eidesstattliche Versicherungen zu den Kosten eines Erste-Klasse-Fluges nach Indien gemacht habe, berichten SZ (Stefan Braun/Matthias Drobinski) und die FAZ (Günter Bannas/Daniel Deckers) auf ihren Titelseiten. Online ähnlich die SZ (Felicitas Kock).
In seinem Leiterartikel untersucht Daniel Deckers (FAZ) die Konsequenzen für die Sanktionsmöglichkeiten auf der Basis des Kirchenrechts und stellt Reformkonzepte vor, die die Abgabe von Kontroll- und Sanktionsmitteln vom Papst auf regionale kirchliche Institutionen ermöglichen könnten. Matthias Drobinski (SZ online) meint, der Vorgang habe die katholische Kirche stark beschädigt.
SZ (Aktuelles Lexikon) und FAZ (Reinhard Müller) erläutern den Strafbefehl, der Sanktionen nach dem Strafgesetzbuch ohne Hauptverhandlung ermöglicht. focus.de (Linda Wurster) stellt die kirchenrechtlichen Voraussetzungen für ein Entlassungsverfahren dar, das nur der Papst durchführen könne.
Rechtspolitik
Kein Abi für Krankenschwestern: Das EU-Parlament hat eine Richtlinie zur Berufsausbildung angenommen, derzufolge eine zehnjährige Schulausbildung ausreicht, um einen Pflegeberuf zu erlernen, berichtet die SZ (Nina von Hardenberg). Die Entscheidung, das Abitur nicht zu einer zwingenden Voraussetzung für die Ausbildung zur Krankenschwester zu machen, wurde von Klinikbetreibern begrüßt. Sie hatten den Verlust des Nachwuchses befürchtet.
Welthandelsabkommen: Pia Eberhardt (taz), Mitarbeiterin der lobbykritischen Organisation Corporate Europe Observatory, kritisiert die Pläne für ein neues Welthandelsabkommen, das Unternehmen umfassende Klagerechte vor Schiedsgerichten sowie Schadensersatzansprüche wegen staatlicher (politischer) Entscheidungen ermögliche. Damit werde der staatliche Handlungsspielraum im Arbeitsrecht und Verbraucherschutz nachhaltig eingeschränkt.
Kirchliches Arbeitsrecht: Die Evangelische Kirche in Deutschland hat einen Entwurf für ein neues kirchliches Arbeitsrecht vorgelegt. Dazu veröffentlicht die SZ einen Bericht des Evangelischen Pressedienstes EPD. Der Entwurf berücksichtige das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom November 2012 und solle von der Synode Mitte November verabschiedet werden. Die Gewerkschaft ver.di plane Proteste.
EU-Parlament zu SWIFT: netzpolitik.org (Kilian Froitzhuber) berichtet über die Debatte zum SWIFT-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten im EU-Parlament. In zwei Wochen werde über eine Resolution abgestimmt, die eine Aussetzung des Abkommens wegen des NSA-Spionage-Skandals zum Ziel habe, entscheidungsbefugt sei aber die EU-Kommission.
Jan Philipp Albrecht vs. Facebook: Über den politischen Kampf um das "Recht auf Vergessenwerden" im Internet berichtet zeit.de (Martin Kotynek/Robert Levine). Der EU-Abgeordnete und Datenschützer Jan Philipp Albrecht kämpft für eine konsequente Europäische Datenschutzrichtlinie, die Facebook-Lobbyistin Erika Mann hält den alten Begriff der Privatheit für überholt.
Justiz
OLG München – Vernehmung von Carsten S.: Bei der Berichterstattung über den Prozess gegen Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München steht die Vernehmung des Mitangeklagten Carsten S. im Mittelpunkt. Dieser bleibe bei seiner Aussage, dass er die Ceska-Pistole, mit der die Morde begangen wurden, an Uwe Mundlos verkauft habe. Es berichten die SZ (Annette Ramelsberger), die FAZ (Karin Truscheit) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen).
Über bei einer Wohnungsdurchsuchung neu aufgefundenes neonazistisches Material berichtet spiegel.de (Gisela Friedrichsen) in einem separaten Beitrag. Die Todeslisten, auf denen unter anderem Ignaz Bubis und Joschka Fischer geführt worden seien, bestätigten das gefestigte rechtsextreme Weltbild des Angeklagten Ralf Wohlleben.
Der NSU-Blog (Mirjam Schmitt) auf zeit.de beschäftigt sich unter anderem mit der Anreise der Täter mit dem Wohnmobil zum Tatort in Nürnberg.
LG Karlsruhe – Deutsche Bank: Vor dem Landgericht Karlsruhe klagt der mittlerweile in Insolvenz befindliche Vermögensverwalter Bardusch & Gehrsitz, der sich durch Fehlberechnungen der Deutschen Bank im Zusammenhang mit Sicherheitserfordernissen um sechs Millionen Euro geschädigt sieht. Die FAZ (Markus Frühauf) berichtet darüber und weist darauf hin, dass es bei einer Klage des norwegischen Großinvestors Alexander Vik in London wegen möglicher "Rechenfehler" der Deutschen Bank um einen Schaden von acht Milliarden Euro gehe.
VG Köln – Entschädigung NSU-Opfer: Über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, die Klage des NSU-Opfers Abdulla Ö., auf eine höhere Entschädigung für die Folgen des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße abzuweisen, berichtet spiegel.de (Jörg Diehl).
BVerfG zu Ramelow: zeit.de (Ursula Knapp/Christian Tretbar) beschäftigt sich mit den allgemeinen Folgen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die Überwachung des Abgeordneten der Linkspartei, Bodo Ramelow, für verfassungswidrig erklärt hatte. Es sei abzusehen, dass auch die Überwachung anderer Abgeordneter der Linkspartei oder der NPD gar nicht mehr oder nur noch in sehr engen Grenzen zulässig sei.
VG Schleswig – Facebook-Fanseiten: Über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig, die Bescheide des unabhängigen Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein zum Betrieb von Facebook-Fanseiten durch Unternehmen aufzuheben, berichtet jetzt auch juwiss.de (Sönke E. Schulz/Christian Hoffmann).
ArbG Stuttgart – Lohn Betriebsräte: Das Handelsblatt (mwb) bringt eine Vorschau zu einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Stuttgart am 16. Oktober. Unabhängige Betriebsräte im Daimler-Werk Untertürkheim klagen dagegen, dass Betriebsräte der IG Metall eine Lohnaufstockung um 50 Prozent erhielten. Die Kläger vermuteten "politische Landschaftspflege".
Im Leitartikel beschäftigt sich Dieter Fockenbrock (Handelsblatt) mit der starken Position der Betriebsräte und fragt, warum diese bei zusätzlichen Zahlungen anders behandelt werden als Aufsichtsräte in großen Unternehmen.
BVerfG – Klagen gegen Drei-Prozent-Hürde: Unter anderem die taz bringt eine Agenturmeldung, derzufolge mehrere Parteien Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl eingereicht haben. Geklagt hätten die ÖDP, der Verein Mehr Demokratie und die Freien Wähler.
Landessozialgericht NRW zu Hartz IV für Rumänen: Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat einem in Deutschland Arbeit suchenden Rumänen einen Anspruch auf Hartz IV zugesprochen. Diese Entscheidung betrifft bis zu 130.000 in Deutschland Arbeit suchende Bürger anderer EU-Länder. Es berichtet spiegel.de (mia).
Sonstiges
Voßkuhle über Kohlhaas: Über einen Vortrag von Andreas Voßkuhle zu Michael Kohlhaas im Karlsruher Prinz-Max-Palais berichtet Janina Reibold im Feuilleton der FAZ. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts sehe die Eigenmacht des Rosshändlers als gerechtfertigt im Sinne der Gesellschaftstheorie John Lockes an, habe zugleich großes Vertrauen in die rechtstaatlichen Instrumentarien des modernen Verfassungsstaates.
Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung: lto.de (Claudia Kornmeier) führt ein Interview mit dem Rechtsanwalt Oliver Sahan, einem der Mitinitiatoren der Initiative "Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung". Die 3.600 Unterzeichner, darunter 500 Anwälte richten sich sowohl gegen die Kontrolle des Datenverkehrs als auch gegen die schikanösen Kontrollen auf Flughäfen, denen Sahan anderthalb Jahre in den USA und Deutschland ausgesetzt gewesen sei.
Das Letzte zum Schluss
Staatsgrenze in Schönefeld: Boris Herrmann berichtet im Feuilleton der SZ über die Vielschichtigkeit bei der Festlegung der deutschen Staatsgrenze. Die ursprünglich als Aufnahmeeinrichtung gemäß Paragraph 18a Asylverfahrensgesetz vorgesehene Baracke im noch nicht fertig gestellten Flughafen Berlin-Schönefeld diene im Moment als Heim für reguläre Asylbewerber des Landes Brandenburg, da die entsprechende Einrichtung in Eisenhüttenstadt überfüllt sei. Sofern auf dem alten Provinzflughafen Schönefeld jemand lande, der im Schnellverfahren wieder zurückgeschickt werden solle, weil er keinen gültigen Pass besitze oder sein Asylantrag "offensichtlich unbegründet" sei, könne einer der 30 Plätze in der Baracke wie ursprünglich vorgesehen zum exterritorialen Gebiet erklärt werden, damit eine Einreise nach Deutschland nicht erfolge.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 11. Oktober 2013: Limburger Bischof droht Strafbefehl – Kirchliches Arbeitsrecht – Voßkuhle über Kohlhaas . In: Legal Tribune Online, 11.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9783/ (abgerufen am: 29.04.2024 )
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