Josef Ackermann hat laut einem Bericht der Bild-Zeitung eine Falschaussage im Kirch-Verfahren eingeräumt. Außerdem in der Presseschau: unbesetzte Richterstellen, Di Fabio lehnt gesetzliche Tarifeinheit ab, und warum Thomas Middelhoff auf der Suche nach der verlorenen Zeit ist.
Thema des Tages
Ackermann räumt Falschaussage ein: In einem vierseitigen Schreiben vom 30. Januar 2014 an die ermittelnde Oberstaatsanwältin beim Landgericht München hat der frühere Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann eine Falschaussage im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Kirch-Verfahren eingeräumt. Das berichtet Tanja Reiser (bild.de). Ackermann habe mitgeteilt, die Falschaussage sei durch Überlastung zustande gekommen, er habe sich auf die Empfehlungen seiner Rechtsabteilung verlassen. Die Montags-FAZ bringt eine Meldung ähnlichen Inhalts in ihrem Wirtschaftsteil.
In Berufung auf Ackermann nahestehende Personen schreibt das Handelsblatt von veränderten Erinnerungen Ackermanns, die kein Schuldeingeständnis darstellten. Die Bild-Kolumnistin bezeichnet den Brief als "peinlich".
Rechtspolitik
Arbeit und Asylrecht: Montags-SZ (Heribert Prantl) und Montags-FAZ (Johannes Leithäuser) skizzieren die Konfliktlinien bei der Suche nach einem neuen Asylrecht: Die Bundesregierung will Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien zu sicheren Staaten erklären, um Roma leichter dorthin abschieben zu können, die Grünen wollen Asylbewerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Informationen dazu gibt es auch auf spiegel.de.
In einem eigenen Bericht benennt spiegel.de die Vorbehalte der Grünen-Chefin Simone Peter, die anders als der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann wenig Chancen für eine schnelle Einigung mit der Union sieht.
Heribert Prantl (Montags-SZ) schreibt dazu von einer "Generalmobilmachung der Paragrafen", wahrheitswidrig sollen die drei Balkanländer zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden.
Di Fabio zu Tarifeinheit: Im Zusammenhang mit den Warnstreiks der Lokführer und der von manchen als zu groß kritisierten Macht der Berufsgewerkschaften stellt die Samstags-FAZ (Dietrich Creutzburg) die Stellungnahme des ehemaligen Verfassungsrichters Udo die Fabio vor. Dieser hält eine gesetzliche Festschreibung der Tarifeinheit für verfassungswidrig. Darüber berichtet auch blog.beck.de (Rechtsprofessor Markus Stoffels).
Prostitutionsgesetz: Anlässlich der Diskussion um die Reform der rechtlichen Grundlagen von Prostitution bringt die Samstags-taz (Heide Oestreich) ein Streitgespräch zwischen der Prostituierten Johanna Weber, dem Prostitutionskunden Olaf Forner und dem Streetworker Gerhard Schönborn, der ein Café für Straßenprostituierte in Berlin betreibt. Während Weber und Forner ein Recht auf Prostitution verteidigen, spricht Schönborn von Verharmlosung von Gewalt und Abhängigkeit, der vor allem Frauen aus Osteuropa in diesem Beruf ausgesetzt seien.
Mutual Legal Assistance Treaties: netzpolitik.org (Andre Meister) veröffentlicht eine interaktive Weltkarte, in der die Mutual Legal Assistance Treaties (MLAT) dargestellt werden. Die MLAT regeln, zwischen welchen Ländern Daten zum Zwecke der Kriminalitäts- und/oder Terrorismusbekämpfung oder Prävention weitergegeben werden dürfen.
Scharia-Polizei: spiegel.de und die Montags-FAZ (Johannes Leithäuser/Reiner Burger) befassen sich mit der sogenannten "Scharia-Polizei", einer dem Salafismus zugerechneten Gruppe selbsternannter Ordnungshüter. Diese waren am Freitag in Wuppertal für einige Stunden "Streife" gegangen und hatten versucht, Muslime unter anderem vom Besuch von Diskotheken und dem Konsum von Alkohol abzuhalten. In scharfen Reaktionen hatten unter anderem Bundesinnenminister de Maizière und Bundesjustizminister Maas zum Ausdruck gebracht, die Ordnung der Scharia in Deutschland nicht dulden zu wollen. Allerdings gebe es abgesehen vom Verbot, das Wort "Polizei" öffentlich zu nutzen, im Moment keine rechtliche Handhabe, gegen religiös motivierte Warnungen vor bestimmten Verhaltensweisen.
Justus Bender (Montags-FAZ) spricht von einer "kalkulierten Provokation". Es bestehe die Gefahr, dass durch die massive öffentliche Empörung Randfiguren in den Mittelpunkt gerückt würden.
Unbesetzte Richterstellen: Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) beschäftigt sich mit der großen Zahl unbesetzter Richterstellen. Beim Bundesgerichtshof seien beispielsweise im Mai acht neue Richter bereits gewählt, aber bis jetzt noch nicht ernannt worden. Grund sei die zunehmende Zahl von Konkurrentenklagen.
Neuwahl für den hessischen Staatsgerichtshof: Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) berichtet über die gescheiterte Wahl der sechs "nichtrichterlichen" Richter beim hessischen Staatsgerichtshof. Weil der im April 2014 vom Landtag gewählte Professor für Strafrecht Christoph Safferling seinen Wohnsitz nicht in Hessen hatte, muss die Wahl aller nichtrichterlichen Richter wiederholt werden. Dies könne beim Richterproporz der CDU einen Vorteil verschaffen.
Auslandsspionage BND: Laut spiegel.de speichert der Bundesnachrichtendienst in Bad Aibling den kompletten Datenverkehr aus Afghanistan, Somalia und verschiedenen Staaten des Nahen Ostens für sechs Wochen und leitet Informationen zum Teil direkt an die NSA weiter. Ergänzend berichten zeit.de und netzpolitik.org (Markus Beckedahl).
Otto Diederichs (Montags-taz) verweist darauf, dass auch Hans-Jürgen Papier, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, die Arbeit des BND in Teilen für verfassungswidrig hält, bezweifelt aber, dass sich deswegen etwas ändert.
EZB und Ramschpapiere: In einem Gastbeitrag für die Montags-SZ bezeichnet der Rechtsprofessor Gunnar Beck den geplanten Ankauf von Ramschpapieren ab Oktober als verfassungswidrig. Die EZB überschreite damit die Grenze zur direkten Unternehmensfinanzierung, Verluste könne die EZB nur durch Verlustzuweisungen an die Mitgliedsstaaten ausgleichen.
Justiz
OLG Düsseldorf – Marco G./Anschlag Bonn: Am heutigen Montag beginnt vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gegen Marco G. Ihm wird der Bombenanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof sowie zusammen mit drei anderen Männern die versuchte Tötung des Vorsitzenden der rechtspopulistischen Bürgerinitiative Pro NRW, Markus Beisicht vorgeworfen. Die Montags-taz (Sabine am Orde) und die Montags-FAZ (Reiner Burger) bringen Vorberichte.
LG Frankfurt/Main - Uber-Verbot: Die Welt vom Montag (Nikolaus Doll) berichtet, dass sich das Landgericht Frankfurt/Main am Montag mit der Aussetzung der Verbotsverfügung gegen Uber befassen wird.
In einem Gastbeitrag für Montags-FAZ warnt Pierre Dimitri Gore Coty, Ubers Generalmanager für Westeuropa davor, Deutschland könne bei der Entwicklung von "Smart Cities", in denen Bürger untereinander vernetzt seien, ins Hintertreffen geraten.
Bundesanwaltschaft – Wiederaufnahme Oktoberfest-Attentat: Wie die Montags-SZ (Florian Fuchs) berichtet, will der Opfer-Anwalt Werner Dietrich nach Durchsicht der Ermittlungsakten verschiedene Hinweise gefunden haben, dass der Oktoberfest-Attentäter kein Einzeltäter gewesen sei. Wenn die Bundesanwaltschaft Dietrichs Argumenten folge, könne es 34 Jahre nach dem Anschlag zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens kommen.
OLG München – NSU: Über den weiter schwelenden Konflikt zwischen Beate Zschäpe und ihren Verteidigern berichtet die Samstags-taz (KO). Zschäpe sei auf der Suche nach Verteidigern.
Generalbundesanwalt – Leonid K.: Wie Der Spiegel (Jörg Diehl/Matthias Gebauer u.a.) berichtet, steht das Ermittlungsverfahren gegen Leonid K. vor der Einstellung. Dem Mann sei wohl nicht nachzuweisen, dass er aus dem Bundesverteidigungsministerium sensible Informationen an die NSA weitergegeben habe.
BGH – Kohl-Tonbänder: Über den Streit zwischen Helmut Kohl und seinem Biografen Heribert Schwan muss jetzt der Bundesgerichtshof entscheiden. Schwan will die ablehnende Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln über die Herausgabe von Tonbändern nicht hinnehmen, berichtet spiegel.de.
NSU-Ausschuss: Anna Prizkau (FAS) liest den Bericht des NSU-Ausschusses als deutschen Roman, als "großes literarisches Werk volle Widersprüche und Lügen".
Arbeit im Strafvollzug: Das Handelsblatt (Anja Stehle) berichtet über die weit verbreitete Praxis von Unternehmen, im Gefängnis produzieren zu lassen. Stehle fordert, diese Aufträge zur Verbesserung der Transparenz ausschreiben zu lassen.
Recht in der Welt
USA – Todesstrafe: In einem Gastbeitrag für die Samstags-taz meint der Professor für nordamerikanische Geschichte Jürgen Martschukat, die USA seien dabei sich Schritt für Schritt von der Todesstrafe zu verabschieden. Der Mythos der kontrollierbaren, sauberen Hinrichtung sei nachhaltig zerstört worden.
Sonstiges
Interview Hans-Jürgen Papier: Die Welt (Jochen Gaugele) bringt am Montag ein Interview mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier.
Furchtbare Juristen: Micha Brumlik (Samstags-taz) stellt angesichts der Neuveröffentlichung das Buch "Furchtbare Juristen" von Ingo Müller und seine Wirkungsgeschichte in den letzten 30 Jahren noch einmal vor.
Das Letzte zum Schluss
Taschenpfändung bei Middelhoff: Wie die Montags-SZ in ihrem Wirtschaftsteil, FAZ und spiegel.de (Jürgen Dahlkamp u.a.) berichten, wurde beim ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff eine Taschenpfändung vorgenommen und eine Uhr im Wert von 20.000 Euro gepfändet. Die Montags-SZ erklärt im Aktuellen Lexikon, wie eine Taschenpfändung funktioniert.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. September 2014: Ackermann räumt Falschaussage ein – Arbeit und Asylrecht – Auslandsspionage lückenlos . In: Legal Tribune Online, 08.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13111/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag