Das BVerfG stärkt Informationsrechte des Bundestages. Außerdem in der Presseschau: Referentenentwurf zum Erbschaftsteuergesetz, BGH zu Mitverschulden, Kanada verurteilt Tabakkonzerne und warum Sex in Großbritannien mit Gefängnis bestraft wird.
Thema des Tages
BVerfG zu Informationsrecht des BT: Die Bundesregierung muss den Bundestag in eingeschränktem Umfang über Einsätze der Bundespolizei informieren, entschied gestern das Bundesverfassungsgericht. Die SZ (Wolfgang Janisch) und taz.de (Christian Rath) fassen das Urteil zusammen.
Die Bundestagsfraktion der Linken hatte mehrere parlamentarische Anfragen zu Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei gestellt und nach unzureichender Auskunft das BVerfG angerufen. Dieses habe nun entschieden, dass die Bundesregierung zwar nicht jede Frage beantworten muss, insbesondere nicht Fragen zum Einsatzkonzept der jeweils federführenden Landespolizei. Jedoch ist Auskunft innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs zu erteilen, insbesondere wenn Informationen über rechtswidriges Verhalten einzelner Polizisten vorliegen. In diesem Fall sei das parlamentarische Informationsinteresse besonders groß.
Rechtspolitik
Erbschaftsteuer: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat einen Referentenentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer vorgelegt. Wie unter anderem die FAZ (Manfred Schäfers), die taz (Malte Kreutzfeldt/Ulrich Schulte) und das Handelsblatt (Donata Riedel) berichten, will der Finanzminister den Unternehmenserben entgegen kommen. Die Bedürfnisprüfung für größere Betriebe solle wie bereits angekündigt erst bei einem Umsatz von 20 Millionen Euro einsetzen, neu ist die Grenze von 40 Millionen Euro Umsatz für Familienunternehmen. Darunter soll die Erbschaftsteuer entfallen, wenn das Unternehmen und die Arbeitsplätze nach dem Erbfall erhalten bleiben.
Gleichgeschlechtliche Ehe: Mehrere rot-grün regierte Bundesländer haben am gestrigen Dienstag eine Bundesratsinitiative zur Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften beschlossen. Im Entschließungsantrag wird die Bundesregierung gebeten, die verfassungswidrige Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu beenden und die Ehe zu öffnen. Die Länderkammer soll sich am 12. Juni mit dem Antrag befassen, meldet die FAZ.
Geldwäsche: Rechtsanwalt Jürgen Tuschke erklärt in der FAZ, welche Änderungen sich mit der Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie einstellen werden, die vor zwei Wochen beschlossen worden ist. Unter anderem sollen die Mitgliedsstaaten zentrale Register mit Eigentümern von Unternehmen und Trusts einführen, damit die Finanzinstitute ihre Geschäftspartner identifizieren können.
EU-Einheitspatent: Das Europäische Einheitspatent wird voraussichtlich 2016 in der EU eingeführt, welches einen einheitlichen Patentschutz in den EU-Staaten gewährleisten soll. Die Rechtsanwälte Matthias Meyer und Matthias Bornhäusser stellen auf lto.de die Regelungen zum neuen Patent und dem einheitlichen Patentgericht vor. Das EU-Einheitspatent bringe grundlegende Änderungen mit sich und werde alle auf dem europäischen Markt tätigen Unternehmen betreffen.
Justiz
BVerfG zu CGZP: Den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Gewerkschaft "Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen" (CGZP), die vom Bundesarbeitsgericht rückwirkend für tarifunfähig erklärten worden war, erläutert Rechtsanwalt André Zimmermann auf lto.de. Der Autor kritisiert die Argumentation des BVerfG, das in dem Urteil des BAG keinen Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz sehen wollte und gibt Ausblick auf mögliche Streitigkeiten wegen Nachforderungen der Sozialversicherungsträger.
BGH zu Mitverschulden: Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. April 2015 entschieden, dass eine vollständige Überbürdung des Schadens auf den Geschädigten im Rahmen des Mitverschuldens nur in Ausnahmefällen möglich ist, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Zudem sind vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung bei der Abwägung unbeachtlich.
LG Lüneburg - Auschwitz-Prozess: Im Auschwitz-Prozess vor dem Landgericht Lüneburg hat die Zeugin und KZ-Überlebende Angela Orosz-Richt ausgesagt und von den grausamen Menschenversuchen Joseph Mengeles berichtet, schreibt focus.de. Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten Joseph Gröning wird der heutige Verhandlungstag entfallen.
OVG M-V zu Zweigstellenverordnung: Wie lto.de meldet, hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern die Zweigstellenverordnung des Landes gekippt, die Teil einer Gerichtsreform zur Schließung und Umstrukturierung von Amtsgerichten war. Die Verordnung verstoße gegen das Gerichtsverfassungsgesetz, weil es die Zuständigkeit der Zweigstellen abschließend regelt, obwohl das Gerichtspräsidium für die Geschäftsverteilung zuständig ist.
VG München zu Protestcamp: Das Verwaltungsgericht München hat den Gegnern des G7-Gipfels erlaubt, in Garmisch-Partenkirchen einen Protestcamp zu errichten. Björn Hengst (spiegel.de) begrüßt die Entscheidung und kommentiert, es könne nicht sein, "dass Demonstranten pauschal zu möglichen Straf- und Gewalttätern abgestempelt werden."
Recht in der Welt
USA – Loretta Lynch: Die FAZ (Helene Bubrowski) führt ein Gespräch mit der US-amerikanischen Justizministerin Loretta Lynch. Themen des Interviews sind unter anderem die Korruption innerhalb der Fifa, Polizeigewalt in den USA und die Todesstrafe gegen den Boston-Attentäter, die die Ministerin für angemessen hält.
USA – Supreme Court zu Kopftuch: Der Supreme Court der USA hat zugunsten einer Muslimin entschieden, dass das Unternehmen Abercrombie&Fitch sie aufgrund ihrer Religion nicht eingestellt und damit diskriminiert hat. Das Unternehmen hatte die Bewerberin mit der Begründung abgelehnt, ein Kopftuch würde nicht zum Kleidungsstil des Unternehmens passen, berichtet spiegel.de.
Österreich – Adoptionsverbote: Der Wissenschaftliche Mitarbeiter Emmanuel Manolas erläutert auf juwiss.de die aktuelle Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zu Adoptionsverboten. Es habe eine Regelung zum Altersunterschied zwischen Adoptiveltern und -kindern und das Verbot der Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Paare aufgehoben. Dabei habe es insbesondere auf das Kindeswohl und das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern abgestellt.
Palästinensische Autonomiegebiete – Scharia-Richterin: Die FAZ (Hans-Christian Rößler) porträtiert die erste palästinensische Scharia-Richterin Kholud al Faqih, schildert ihren Werdegang und beschreibt ihren Alltag und ihre Aufgaben als Scharia-Richterin.
Kanada – Schadensersatz gegen Tabakkonzerne: Das oberste Gericht von Quebec hat drei Tabakhersteller im Rahmen einer Sammelklage zu insgesamt elf Milliarden Euro Schadensersatz verurteilt, berichten die FAZ (Roland Lindner) und die taz (Vincent Buss). Fraglich bleibe allerdings, ob die Summen in höheren Instanzen Bestand haben werden; in den USA seien die anfänglichen Schadensersatzurteile nach unten korrigiert worden.
Sonstiges
Fritz Bauer: Die SZ (Willi Winkler) stellt den Film "Der General" über den ehemaligen Staatsanwalt Fitz Bauer vor, der die Auschwitz-Prozesse der 60er Jahre vorbereitet und geleitet hatte. Der Staatsanwalt wurde während der NS-Zeit verfolgt und war aufgrund seines Engagements für die Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen innerhalb der Justiz zeitlebens Anfeindungen ausgesetzt.
Thomas Fischer zu Tierschutz: Bundesrichter Thomas Fischer widmet sich in seiner Kolumne auf zeit.de diese Woche dem Tierschutz und Umweltstrafrecht. Anhand der Thematik erläutert Fischer zudem den Begriff des Rechtsguts.
Geheimdienste und Grundrechte: Der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof) befasst sich mit dem Verhältnis von Grundrechten und geheimdienstlicher Tätigkeit. Geheimdienste und parlamentarische Kontrolle führten zu einem Grundwiderspruch, der kaum auflösbar sei: "Demokratische Kontrolle, die diesen Namen verdienen würde, kann hier nichts anderes bedeuten, als deren Befugnisse drastisch einzuschränken. Das aber will und kann sich niemand leisten."
Unternehmensnachfolge: Rechtsanwalt Tobias Hollerbach erklärt in der FAZ, wie Familienunternehmen die Firmennachfolge mithilfe der Gründung einer Stiftung & Co. KG regeln können, die gegenüber einer herkömmlichen Stiftung den Vorteil hat, dass die Familienmitglieder mittelbar Eigentümer verbleiben.
Das Letzte zum Schluss
Gefängnisstrafe für lauten Sex: In Großbritannien wird mit Gefängnis bestraft, wer zu lauten Sex hat. Wie spiegel.de meldet, wurde eine junge Frau von einem Gericht in Birmingham zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt, weil sie zehn Minuten lang laut gestöhnt und ihre Nachbarn gestört haben soll.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Freitag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 03. Juni 2015: Informationsrecht des Bundestags – Reform der Erbschaftsteuer – Kopftuch in USA . In: Legal Tribune Online, 03.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15734/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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