Heimliche Mithörer bringen nichts – jedenfalls nicht vor Gericht. Das hat das AG München klargestellt. Außerdem in der Presseschau: EU will Fluggastdaten speichern, Reform der Vorstandshaftung, Albrecht-Erben verklagen Kunsthändler auf fast 20 Millionen, Plädoyer für Sterbehilfe – und ein Sex-Gewürz, das wegen seiner mangelnden Wirkung vor Gericht landet.
Thema des Tages
AG München zu heimlichem Mithören: Das Amtsgericht München hat entschieden, dass ein heimlich von einem Dritten mitgehörtes Telefonat das Persönlichkeitsrecht verletzt und so gewonnene Beweise außer zum Nachweis schwerwiegender Rechtsgutsverletzungen nicht verwendet werden dürfen. Das berichtet lawblog.de (Udo Vetter); bei internet-law.de (Thomas Stadler) findet sich auch ein Link auf die Pressemitteilung des Gerichts.
Rechtspolitik
EU-Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten: Laut netzpolitik.org (Matthias Monroy) haben die EU-Regierungschefs den Rat und das Europäische Parlament aufgefordert, noch vor Jahresende Arbeiten zur Einrichtung einer Vorratsdatenspeicherung von sogenannten PNR-Daten (Passenger Name Records) abzuschließen. Die Maßnahme stehe im Zusammenhang mit der Bekämpfung "ausländischer Kämpfer", deren Einreise eingedämmt werden solle. Es sei die fünfjährige Speicherung der umfangreichen Datensätze geplant.
Selbstanzeige im Steuerrecht: Im "Finanzen"-Teil der FAZ beschäftigt sich der Rechtsanwalt Karsten Randt mit dem nun vorliegenden Referentenentwurf des Finanzministeriums zur Änderung der Selbstanzeige im Steuerrecht. Die Strafbarkeit werde erweitert und die Möglichkeit zur Selbstanzeige weiter eingeschränkt.
Reform der Vorstandshaftung: Im Handelsblatt plädiert der Rechtsprofessor Klaus J. Hopt für eine Reform der Vorstandshaftung im Aktienrecht, mit der sich auch der Deutsche Juristentag im September befassen wolle. Hopt macht verschiedene konkrete Vorschläge, darunter eine Beweislastregelung jedenfalls zugunsten ausgeschiedener Vorstände, eine Möglichkeit zur Begrenzung der Haftungssumme, die Abschaffung der Sonderverjährung sowie einer Haftung unmittelbar gegenüber den geschädigten Anlegern.
Kontrolle der Schufa: Das Handelsblatt (Frank Drost/Susanne Metzger) berichtet über Forderungen der Bundestagsfraktion der Linken nach einer stärkeren Regulierung der Auskunftei "Schufa" und Überlegungen beim Verbraucherzentrale Bundesverband in dieselbe Richtung. Insbesondere solle das Scoring-Verfahren offengelegt werden müssen. Nach einem abweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs sei dazu aktuell eine Verfassungsbeschwerde anhängig.
Michael Maisch (Handelsblatt) schlägt eine Fachaufsicht durch die Finanzaufsichtsbehörde BaFin vor.
Rehabilitierung von Schwulen: Innen- und Rechtspolitiker der Grünen fordern zum 45. Jahrestag der Liberalisierung des erst 1994 völlig abgeschafften § 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte, eine Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer. Die Vorschrift sei "von Anfang an grundgesetzwidrig" gewesen, zitiert die taz (MARE) das Papier.
Landesverfassungsrichter ohne Amtszeit-Beschränkung: Laut einem Bericht von lto.de will Sachsen-Anhalt per Verfassungsänderung die bislang geltende Amtszeit-Beschränkung für Richter des Landesverfassungsgerichts von zwei mal sieben Jahren aufheben. Hintergrund sei die schwierige Nachfolgersuche.
Justiz
LG Düsseldorf – Albrecht gegen Achenbach: Während die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, soll laut FAZ (Andreas Rossmann) bereits am 11. November vor dem Landgericht Düsseldorf zivilrechtlich über den Rückzahlungsanspruch der Erben des Aldi-Gründers Theo Albrecht gegen dessen Kunstberater Helge Achenbach verhandelt werden. Es gehe um 19,4 Millionen Euro angeblich zu viel gezahlter Provisionen für Kunst- und Oldtimerkäufe. Auch spiegel.de berichtet knapp.
StA Leipzig – Mord an deutschem Ehepaar in der Türkei: Im Fall des im türkischen Alanya ermordeten deutschen Ehepaars hat die Staatsanwaltschaft Leipzig einem Bericht der SZ (Christian Kufer) zufolge ein Rechtshilfeersuchen an die Türkei gerichtet. Die türkische Polizei habe inzwischen einen in Deutschland aufgewachsenen türkischen Tatverdächtigen festgenommen. Über die Festnahme berichtet auch spiegel.de.
JVA Bruchsal – Häftlinge verweigern Nahrung: Nach einer Meldung der SZ verweigern in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal fünf Häftlinge aus Protest gegen Verpflegung und Telefongebühren die Nahrungsaufnahme. In der JVA war Anfang August ein Häftling nach einem Hungerstreik gestorben.
Recht in der Welt
Großbritannien – Verschärfte Anti-Terror-Gesetze: Die britische Regierung will die Anti-Terror-Gesetze des Landes verschärfen und potentiellen britischen Dschihadisten im Inland die Pässe entziehen und solchen im Ausland die Wiedereinreise verweigern. Das berichtet die SZ (Christian Zaschke). In einem gesonderten Kommentar beschreibt Zaschke das Vorgehen als Profilierungsmanöver des konservativen Regierungschefs Cameron.
Sonstiges
Plädoyer für Sterbehilfe: In der SZ stellt Matthias Drobinski als "Das politische Buch" die "passionierte Streitschrift" des an Parkinson erkrankten Theologen Hans Küng für eine aktive Sterbehilfe, "Glücklich sterben?", vor.
Gefängnis-Ökonomie: Die SZ (Kim Björn Becker) beschäftigt sich mit der Arbeit, die von Gefängnisinsassen verrichtet wird. Viele Unternehmen ließen hier preisgünstig fertigen, redeten aber nur ungern darüber. In einem gesonderten SZ-Interview kritisiert Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie die geringe Bezahlung und fordert einen Mindestlohn für Häftlinge.
Das Letzte zum Schluss
LG München I – Sex-Gewürz: Die Handelskammer des Landgerichts München I darf sich auf die Klage des Verbands "Sozialer Wettbewerb e.V." mit der Frage auseinandersetzen, ob die als "Sex-Gewürz" angepriesene Gewürzmischung des Sternekochs Alfons Schuhbeck wegen Irreführung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Wie die SZ (Ekkehard Müller-Jentsch) auf ihrer München-Seite berichtet, zeigte sich die Vorsitzende Richterin skeptisch – sowohl hinsichtlich der Wirkung als auch hinsichtlich der möglichen Irreführung durch die Bezeichnung.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie in der Printausgabe oder im jeweiligen E-Paper.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 2. September 2014: Heimliche Mithörer unbrauchbar – EU will Fluggastdaten speichern – Sex-Gewürz vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 02.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13055/ (abgerufen am: 08.05.2024 )
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