Wer adipös ist, kann sich nicht immer auf das berufliche Diskriminierungsverbot berufen. Außerdem in der Presseschau: Der EuGH erschwert den Beitritt der Union zur EMRK und definiert, was ein "menschlicher Embryo" ist, Middelhoff bleibt in Haft, Folgen des Erbschaftsteuer-Urteils, erste Konsequenzen der CIA-Anzeigen und mit 5,5 Promille immer noch nicht genug gezecht.
Thema des Tages
EuGH zu Adipositas als Behinderung: Der Europäische Gerichtshof entschied am gestrigen Donnerstag, dass Adipositas als solche nicht unter das allgemeine Verbot der Diskriminierung in der Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf falle. Unter bestimmten Bedingungen könnte die Krankheit allerdings als Behinderung gelten und dadurch den Schutz besagten beruflichen Diskriminierungsverbots beanspruchen. Dies wäre der Fall, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer Adipositas dauerhaft an der vollständigen und gleichberechtigten Teilhabe am Berufsleben verhindert sind. Ursprünglich hatte ein dänischer Kinderbetreuer gegen seine Kündigung geklagt. Er vermutete, dass diese wegen seiner Fettleibigkeit ergangen sei und berief sich auf den Schutz durch das dänische Anti-Diskrimierungsgesetz. Die Welt (Kathrin Gotthold) informiert ausführlich über das Urteil und arbeitsrechtliche Konsequenzen. Es berichten ebenso die SZ (Wolfgang Janisch), die Badische Zeitung (Christian Rath) und die FAZ (Helene Bubrowski).
Rechtspolitik
Erbschaftsteuer: Im neuen Jahr soll die Reform der Erbschaftsteuer ausgearbeitet werden. Das Handelsblatt (Donata Riedel) beschreibt, welche Änderungen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht zu erwarten sind. Eine Abschaffung der Erbschaftsteuer komme wohl nicht in Frage.
Justiz
BVerfG zu Erbschaftsteuer: Die FAZ (Manfred Schäfers) beantwortet einige Fragen, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer ergeben. Unter anderem, ob eine Übergabewelle zu erwarten sei oder, ob es weiterhin Sonderregeln für Unternehmen geben werde.
OLG Hamm zu Middelhoff: Thomas Middelhoff ist am gestrigen Donnerstag mit seiner Haftbeschwerde vor dem Oberlandesgericht Hamm gescheitert. Es bestehe weiterhin Fluchtgefahr, so das Gericht. Darüber informiert die FAZ (Christine Scharrenbroch). Dies melden ebenso die taz und die SZ.
BGH - Urheberrecht: Die Verwertungsgesellschaft Wort erhebt und verwaltet die Vergütungen für Zweitverwertungsrechte an Texten. Zwischen 30 und 50 Prozent dieser Erlöse gehen an die Verlage. Der Bundesgerichtshof muss darüber entscheiden, ob diese Erlöse nicht vielmehr den Autoren zustehen. Dies schreibt die taz (Christian Rath).
OLG Stuttgart - IS: Im Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen drei mutmaßliche Mitglieder beziehungsweise Unterstützer der Terrormiliz "Islamischer Staat" wurde der Salafist Sven Lau als Zeuge vernommen. Dieser macht jedoch von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Es bestünde die Möglichkeit sich selbst zu belasten. Dies berichtet jetzt auch die SZ (Josef Kelnberger).
LG Essen - Achenbach: Die taz (Anja Krüger) informiert ausführlich über den Fall Achenbach und über das Verfahren vor dem Essener Landgericht. Der Kunstberater Helge Achenbach ist wegen Betrugs zulasten der Aldi-Erben, Urkundenfälschung und Untreue angeklagt.
Anzeigen wegen CIA-Folter: George W. Bush hat eine Reise in die Schweiz abgesagt, wohl aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen wegen der CIA-Folter. Christian Bommarius (BerlZ) hält es zwar für unwahrscheinlich, dass Bush und andere hohe Folter-Unterstützer verurteilt werden, aber es sei wenigstens ein Anfang, wenn sie realisierten, dass sie als Verbrecher wahrgenommen werden.
Edathy: Heribert Prantl (SZ) hält viele Punkte im Fall Edathy für fragwürdig. So fragt er unter anderem, ob es rechtens sei, dass die Unschuldsvermutung für Sebastian Edathy (SPD) kaum Einfluss habe – denn der ehemalige Abgeordnete werde bereits vor Beginn seiner Strafverhandlung mit dem Verlust von Ehre, sozialer Existenz und bürgerlichem Leben bestraft.
Die FAZ (Helene Bubrowski) erklärt kurz die Voraussetzungen der Einstellung gemäß § 153a der Strafprozessordnung. Edathy gab an, das Landgericht Verden habe die Einstellung des Verfahrens angeboten.
Die BerlZ (Mira Gajevic/Karl Doemens) berichtet ausführlich über den Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Fall Edathy, welcher am gestrigen Donnerstag erste Vernehmungen durchführte. Insbesondere war zu klären, ob Michael Hartmann (SPD) Edathy über die Ermittlungen gegen ihn informiert habe.
Oktoberfestattentat: Anlässlich der erneuten Aufnahme der Ermittlungen zum Oktoberfestattentat durch Generalbundesanwalt Harald Range führt die taz (Sabine am Orde) ein Interview mit dem Journalisten Ulrich Chaussy. Dieser begrüßt die neuen Ermittlungen, weist auf Fehler im bisherigen justiziellen Vorgehen und auf offene Fragen hin.
Recht in der Welt
EuGH zu menschlichem Embryo: Die Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen sieht unter anderem vor, dass die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen und kommerziellen Zwecken nicht patentierbar ist. Der EuGH entschied am gestrigen Donnerstag, dass eine unbefruchtete menschliche Eizelle, welche nicht in der Lage ist, sich zu einem Menschen zu entwickeln, nicht als "menschlicher Embryo" gelte. "Daher ist die Verwendung eines solchen Organismus zu industriellen oder kommerziellen Zwecken grundsätzlich patentierbar", so das Gericht. Dies melden tagesschau.de und die FAZ (Helene Bubrowski).
EuGH zu EMRK-Beitritt der EU: Der Europäische Gerichtshof hält den Plan zum Beitritt der Union in die Europäische Menschenrechtskonvention für nicht vereinbar mit EU-Recht. Dies ergibt sich aus einem am gestrigen Donnerstag veröffentlichen Votum des EuGH. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hätte bei besagtem Beitritt der EU die Kompetenz die Unionsrechtsordnung und Urteile des EuGH auf Konformität mit der EMRK zu überprüfen. SZ (Wolfgang Janisch) und FAZ (Helene Bubrowksi) erklären Gründe und Folgen der Entscheidung. Ausführlich dazu auch der Europarechtler Tobias Lock für verfassungsblog.de.
Reinhard Müller (FAZ) bekundet sein Verständnis dafür, dass der Europäische Gerichtshof keinen Einfluss an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgeben will.
IStGH - Handlungsfähigkeit: Die taz (François Misser) beschäftigt sich mit der Handlungsfähigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs und dessen Anklage. Der Artikel geht insbesondere auf das Vorgehen der Chefanklägerin Fatou Bensouda und die verschiedenen Verfahren vor dem IStGH ein.
USA - Diren Dede: Markus Kaarma ist am vergangenen Mittwoch der vorsätzlichen Tötung von Diren Dede schuldig gesprochen worden. Er hat ihn im April in seiner Garage erschossen. Die SZ (Hans Holzhaider) und die Welt (Ansar Graw) berichten jetzt auch.
Hans Holzhaider (SZ) beschreibt kurz Vor- und Nachteile des Geschworenenprozesses. Er sieht in dem Urteil gegen Markus Kaarma ein ermutigendes Signal.
Kenia - Anti-Terror-Gesetze: Am gestrigen Donnerstag wurde in Kenia ein Anti-Terror-Gesetz verabschiedet. Die neue Regelung erlaube es unter anderem Terrorverdächtige bis zu 360 Tage in Untersuchungshaft zu halten sowie eine vereinfachte Anordnung von Telefonüberwachungen. Kritiker monierten einen Verstoß gegen Grundrechte. Dies meldet zeit.de.
Niederlande - Anklage gegen Wilders: Der niederländische Politiker Geert Wilders wurde von der Staatsanwaltschaft Den Haag angeklagt. Ihm wird vorgeworfen "eine Gruppe von Menschen wegen ihrer Ethnie beleidigt zu haben", melden die FAZ (Michael Stabenow), tagesschau.de und die SZ.
Das Letzte zum Schluss
Der liebe Alkohol: Ein Mann wurde mit einem Blutalkoholwert von 5,5 Promille vorübergehend in eine Klinik eingewiesen. Als er entlassen wurde, war er anscheinend der Ansicht immer noch nicht genug gezecht zu haben, denn er beschloss sich eine Flasche Branntwein im Supermarkt zu besorgen. Da er allerdings nicht vorhatte zu bezahlen, sah er sich mit der Polizei konfrontiert. Diese wollten den exakten Alkoholwert feststellen, mussten sich aber mit 5,5 Promille begnügen, denn weiter reichte der Messbereich des Geräts nicht. Dies meldet die Welt.
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Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 19. Dezember 2014: EuGH zu Adipositas – Middelhoff bleibt in Haft – der Fall Edathy . In: Legal Tribune Online, 19.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14165/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
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