Während die private Drohnennutzung kaum reguliert ist, verhindern strenge Regeln die Entwicklung neuer Technologien zur Nutzung unbemannter Luftfahrtsysteme. Julian Dust zum neuen Luftverkehrsrecht, das dieses Ungleichgewicht beheben soll.
In Kürze findet mit der Neufassung der §§ 19 ff. Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) ein Verfahren seinen Abschluss, mit dem grundlegend erneuerte Vorschriften für die Drohnennutzung eingeführt werden. Vorausgegangen waren mehre Gesetzesänderungen, die schrittweise die zivile Drohnennutzung in das Luftverkehrsrecht integrieren sollten, aber keine befriedigende Lösung brachten.
Dabei sind mangels einer klaren Rechtslage verstärkt Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bekannt geworden, wie beispielsweise Beinahe-Kollisionen von Drohnen mit Verkehrsflugzeugen. Dieses Regelungsdefizit hat gleichzeitig auch nachteilige Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft, die für die Entwicklung und den Ausbau neuer Technologien und Geschäftsmodelle (Postzustellung durch Drohnen, sogenannte Defikopter, etc.) auf einen klaren Rechtsrahmen angewiesen ist.
Deshalb haben sowohl Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt als auch die Europäische Kommission bereits vor Jahren angeregt, die Regeln für die Drohnennutzung zu vereinfachen.
Defizite des noch geltenden Rechts
Das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) unterscheidet in § 1 Abs. 2 Nr. 9 sogenannte Flugmodelle (hierunter fallen privat genutzte Drohnen) von unbemannten Luftfahrtsystemen, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden, entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 LuftVG (gewerblich genutzte Drohnen).
Die Begriffe des Flugmodells und des unbemannten Luftfahrtsystems werden wiederum in der LuftVO aufgegriffen. Dort sind die Pflichten geregelt, die insbesondere die Aufstiegsgenehmigung und Nutzungsbegrenzung betreffen. So gilt bisher, dass für Flugmodelle unter fünf Kilogramm Abfluggewicht weder eine maximale Flughöhe noch besondere Eignungsanforderungen (zum Beispiel ein Mindestalter) geregelt sind. Der Betrieb muss lediglich innerhalb der Sichtweite des Steuerers stattfinden ("Sichtflug") und von der Flugsicherung genehmigt werden, wenn es um die Nutzung des kontrollierten Luftraums geht.
Für die Nutzung unbemannter Luftfahrsysteme ist hingegen von vornherein eine allgemeine Aufstiegsgenehmigung erforderlich und der Flug muss ebenfalls in Sichtweite des Steuernden stattfinden.
Damit sorgen die derzeitigen Regelungen für ein widersprüchliches Ungleichgewicht: Nutzer privater Drohnen (Flugmodelle) sehen sich kaum einer Regulierung ausgesetzt. Diese liberale Regelung passt zwar auf den ebenso erfassten privaten Modellflugsport, nicht aber auf die stetig größer werdende Zahl von Hobbypiloten, die kaum Erfahrungen und Kenntnis über die Rechtslage haben. Zwar sind Missbrauchsfälle vom Verkehrsstrafrecht erfasst (§§ 315, 315a Strafgesetzbuch), doch sind die Verstöße von den Behörden nur schwer zu verfolgen, was häufig zur Verfahrenseinstellung führt.
Die wesentlich strengeren Regeln zur Nutzung unbemannter Luftfahrtsysteme, die allein wegen des gewerblichen Nutzungszwecks zur Anwendung kommen, behindern derweil – insbesondere wegen des Verbots des Flugs außerhalb der Sichtweite des Piloten – die Entwicklung neuer Technologien, die den Flug über größere Entfernungen und per Bildübertragung voraussetzen.
Deutsche und europäische Suche nach einer Lösung
Der vom Bundesverkehrsministerium zunächst entwickelte Ansatz für eine Neuregelung konnte nur teilweise überzeugen: Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments hatte nämlich bereits eine von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit vorgeschlagene Verordnung angenommen, nach der künftig – im Gegensatz zur noch geltenden Verordnung – die Rechtslage für Drohnen auch unterhalb von 150 KG Nutzungsgewicht vereinheitlicht werden soll.
Danach richtet sich die Intensität der Auflagen für sowohl die private als auch die gewerbliche Drohnennutzung nach den Risiken für Dritte (Personen und Güter). Dieser risikobasierte Ansatz sieht im Rahmen eines "geringen Risikos" eine Mindestflughöhe vor, bei "mittlerem" und "hohem Risiko" Zertifizierungspflichten und den Nachweis fliegerischer Kenntnisse. Damit war ein Teil der ursprünglich geplanten deutschen Regelungen bereits hinfällig.
2/2: Verabschiedung des geltenden Entwurfs für eine Novelle der LuftVO
Vor diesem Hintergrund wurde schließlich der aktuelle Entwurf der Bundesregierung zur Neufassung der §§ 19 ff. LufVO dem Bundesrat zugeleitet, der eine Gleichbehandlung von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen – als unbemannte Fluggeräte – vorsieht. Der Betrieb dieser wird künftig oberhalb einer Startmasse von fünf Kilogramm generell unter Erlaubnisvorbehalt gestellt.
Sowohl Flugmodelle als auch unbemannte Luftfahrtsysteme mit einem Gewicht von über 250 Gramm werden kennzeichnungspflichtig. Übersteigt die Startmasse zwei Kilogramm, so besteht eine allgemeine Pflicht zur Vorlage einer Bescheinigung über ausreichende Kenntnisse für den Betrieb (Drohnenführerschein von staatlichen Stellen oder Luftfahrtverbänden), wobei der Betrieb auf Modellfluggeländen ausgenommen ist.
Auch eine als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltete maximale Flughöhe von 100 Metern sowie die mit dem Nachweis fliegerischer Kenntnisse verknüpfte Vollendung des 16. Lebensjahres als Mindestalter sind vorgesehen. Besonders hervorzuheben ist die geplante Neufassung des § 21b Abs. 1 S. 2 LuftVO, die die Steuerung der Flugobjekte mit Hilfe eines visuellen Ausgabegeräts (in Grenzen) dem Sichtflug gleichstellt. Damit wird die Erprobung neuer Technologien ermöglicht.
Änderungswünsche des Bundesrates
Der Bundesrat hat der vorgelegten Rechtsverordnung unter Maßgabe bestimmter inhaltlicher Änderungen zugestimmt. Insbesondere soll die maximale Flughöhe von 100 Metern für Modellflugsportler nicht unbeschränkt gelten, damit diesen kein Quasi-Flugverbot auferlegt wird. Das ist gut zu vertreten, weil ohnehin die Sichtweitenregelung gelten wird, mit der die maximale Flughöhe faktisch bereits eingeschränkt ist. Maßgeblich ist aber, dass der Modellflugsport bereits besonders reguliert ist. Von ihm gehen die typischen Gefahren in der Regel ohnehin nicht aus.
Die kommende, grundlegende Regulierung privater Drohnennutzung ist vollumfänglich zu begrüßen. Dem vorzugswürdigen risikobasierten Ansatz der EU trägt die deutsche Umsetzung nun Rechnung, die neuen Vorschriften lassen einen besseren Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erwarten. Klare und eindeutige Kriterien bringen mehr Rechtssicherheit und können auch den akzessorischen Regelungen des Verkehrsstrafrechts zu stärkerer generalpräventiver Wirkung verhelfen. Insgesamt ist ein angemessener Ausgleich zwischen den Belangen privater und gewerblicher Nutzer gelungen und damit einhergehend ein vernünftiges Sicherheitskonzept.
Der Autor Julian Dust, LL. B. ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe Verbandsstrafrecht an der Universität zu Köln. Er promoviert bei Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel zur Täterschaft von Verbänden.
Julian Dust, LL. B., Neue Vorschriften zur Drohnennutzung: Nicht mehr völlig losgelöst . In: Legal Tribune Online, 24.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22466/ (abgerufen am: 29.04.2024 )
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