Zweites Staatsexamen wiederholen

Sch­lechten Tag gehabt

von Sabine OlschnerLesedauer: 5 Minuten

Das Zweite Staatsexamen lief nicht so wie erwartet – lohnt sich ein Verbesserungsversuch? Wie macht sich der im Lebenslauf? Und was tun, wenn es wieder nicht klappt?

Mit einem "Ausreichend" im Zweiten Staatsexamen war Malte Buch nicht zufrieden: "Meine vorherigen Studienleistungen waren besser gewesen, daher war ich enttäuscht, als ich die Ergebnisse des schriftlichen Examens in der Hand hielt", berichtet der Jurist aus Hessen. Für ihn stand schon vor den mündlichen Prüfungen fest, dass er einen zweiten Versuch starten wollte, um seine Examensnote zu verbessern.

"Ich habe mir drei Monate zum weiteren Lernen genommen und habe in dieser Zeit viele Klausuren geschrieben und gelöst – eine Sache, die ich vor dem ersten Versuch wohl zu wenig gemacht hatte", sagt Buch. Die zusätzliche Arbeit zahlte sich aus: Das Ergebnis des zweiten Versuchs war ein Vollbefriedigend.

Damit konnte er sich als Associate bei einer Großkanzlei bewerben. Den Fuß hatte er bereits in der Tür. "Ich habe schon vor der Bekanntgabe der Ergebnisse bei Taylor Wessing als Projektjurist angefangen – dafür sind die Notenanforderungen weniger hoch als bei der Bewerbung auf eine Anwaltsstelle", erklärt der Jurist. "Als ich dann meine neue Note hatte und sicher war, dass ich künftig Anwaltstätigkeiten übernehmen wollte, habe ich mich im Bereich Arbeitsrecht innerhalb der Kanzlei beworben und bekam die Anstellung als Asscoiate."

Buch ist nicht der Einzige, der sein Zweites Staatsexamen wiederholt hat, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Laut dem Bundesamt für Justiz haben im Jahr 2017 über 1100 Prüflinge in 13 Bundesländern die Prüfung wiederholt, um ihre Note zu verbessern (drei Bundesländer haben keine Zahlen geliefert). Das entspricht mehr als 15 Prozent aller Juristen, die 2017 in diesen 13 Bundesländern ihr Zweites Staatsexamen abgelegt haben.

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"Jedem ist klar, dass man beim Examen auch mal Pech haben kann"

Thomas Salomon, Personal Partner bei der Kanzlei Hogan Lovells, hat immer wieder Bewerber, die einen Verbesserungsversuch hinter sich haben. "Die konkrete Zahl der Bewerber mit einem Verbesserungsversuch erfassen wir nicht, weil bei uns am Ende nur das Ergebnis zählt: 18 Punkte aus dem Ersten und Zweiten Examen, wobei keines schlechter als acht Punkte sein sollte", erklärt Salomon die Einstellungsvoraussetzungen. Wenn also jemand die acht Punkte erst im zweiten Anlauf erreicht hat, ist das Kriterium erfüllt.

Für den Hamburger Partner ist ein erfolgreicher Verbesserungsversuch eine Bestätigung dafür, dass jemand tatsächlich in der Lage ist, überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. "Jedem ist klar, dass man beim Examen auch mal Pech haben kann. Wenn sich der Bewerber beim zweiten Mal verbessert hat, ist das für uns ein positives Signal."

Die Gründe, warum ein Jurist sich erneut dem Zweiten Examen aussetzt, sind vielfältig. Aus Spaß macht es sicherlich keiner, denn Wiederholungstäter müssen sämtliche Prüfungsanteile erneut durchlaufen, aus dem ersten Versuch wird nichts angerechnet. "Bei einigen fällt das Ergebnis des Zweiten Examens im Vergleich zu den Klausuren in der Vorbereitungsphase aus dem Rahmen – das ist ein Zeichen, dass es beim zweiten Mal besser laufen könnte", sagt Dr. Joachim Gores, Partner bei der Kanzlei Kümmerlein Simon & Partner. "Bei anderen passt der erste Versuch nicht zu den Studienleistungen und den Ergebnissen aus dem Ersten Examen."

In solchen Fällen findet Gores eine Wiederholung durchaus angebracht. "Wenn die Prüflinge es schaffen, die Fehlerquelle zu finden und sich bei der erneuten Vorbereitung zum Beispiel mehr auf Klausuren konzentrieren oder vernachlässigte Inhalte nachlernen, kann das auf jeden Fall zu besseren Ergebnissen führen." Sollte der zweite Versuch wider Erwarten schlechter ausfallen als der erste, sind Bewerber trotzdem nicht direkt aus dem Rennen. "Für uns zählt am Ende der Gesamteindruck", betont Gores.

Und wenn es beim zweiten Versuch schlechter läuft?

Dass Bewerber eine schlechtere Note aus dem zweiten Versuch tatsächlich kommunizieren, dürfte allerdings ohnehin selten vorkommen. Je nach Prüfungstermin liegen zwischen dem ersten und dem zweiten Versuch oft nur ein paar Monate. Diese kurze Lücke im Lebenslauf lässt sich zum Beispiel durch einen längeren Urlaub begründen.

Manche Absolventen – so wie Buch – bewerben sich auch schon mit der Note aus dem ersten Versuch auf Stellen, bei denen ein Prädikatsexamen nicht zwingend notwendig ist. Oliver Bertram, Head of Human Resources bei Taylor Wessing, weiß von einigen, die als Projektjuristen oder als Assistenten für Anwälte einsteigen. "Für den zweiten Prüfungsversuch nehmen sie sich dann Urlaub – und wenn sie erfolgreich sind, bewerben sie sich als Associate."

Bertram ist davon überzeugt, dass nach einer gewissen Zeit die Noten aus den Examen ohnehin keine so große Rolle mehr spielen. "Nach einigen Jahren im Beruf sind die Praxisleistungen viel wichtiger als Noten aus dem Studium." Salomon ist ebenfalls der Ansicht, dass die Berufserfahrung, insbesondere die Art der bearbeiteten Projekte, die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse oder der gute Name eines Arbeitgebers irgendwann in den Vordergrund und die Noten in den Hintergrund rücken.

Ob jemand versuchen sollte, seine Note zu verbessern, hängt seiner Meinung nach vor allem von seinen späteren Zielen ab: "Will ich auf Dauer in einer Großkanzlei arbeiten oder in die Justiz gehen, ist eine gute Note sicherlich längerfristig wichtig. Sehe ich mich hingegen später eher in einem Wirtschaftsunternehmen oder in einer mittelständischen Kanzlei, könnte dieses Kriterium vielleicht weniger wichtig sein." Schließlich sei der Arbeitsmarkt derzeit für Juristen so günstig, dass ein Prädikatsexamen nicht immer zwingend notwendig ist.

Gores betont: "Ein Sprung über die Notengrenze sollte schon in greifbarer Nähe sein, damit sich ein neuer Versuch lohnt." Bertram fügt hinzu: "Wer nicht davon überzeugt ist, dass der zweite Versuch besser wird, sollte sich den Frust nicht antun." Daher sollte jeder ganz ehrlich für sich beantworten, ob die Note seinen Leistungsstand widerspiegelt oder nicht. "Wenn man mit sich im Reinen ist, besteht meiner Ansicht nach kein Grund dafür, sich die Arbeit nochmal zu machen", so Bertram.

Würde Buch sich wieder so entscheiden? "Für mich hat sich die Wiederholung des Zweiten Staatsexamens auf jeden Fall ausgezahlt", sagt der Associate. "Ich habe nur wenige Monate verloren, aber dafür ein Ergebnis erhalten, mit dem ich nun zufrieden bin. Das macht sich nicht nur auf dem Papier besser, sondern ist auch gut fürs Selbstwertgefühl." Und wenn es mit der Verbesserung nicht geklappt hätte? "Dann wäre ich wohl in ein Unternehmen gegangen – das war mein Plan B."

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