Verwaltungsstation im Deutschen Bundestag

Referendariat unter der Glaskuppel

von Janina SeyfertLesedauer: 3 Minuten
Der Wissenschaftliche Dienst und die Sekretariate der Ausschüsse brauchen regelmäßig Referendare. Gesucht wird, wer nah dran sein will am politischen Geschehen, Lust auf Recherche in einer der größten Parlamentsbibliotheken der Welt hat und seine Freunde durch unterirdische Gänge vorbei an Dokumenten der deutschen Geschichte führen möchte.

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Als Besucherin war Anastasia Schreiber vorher schon einmal im Bundestag. Trotzdem war sie an ihrem ersten Tag beeindruckt. "Das ist schon imposant, so viel Raum und so viel Licht", beschreibt es die 29-jährige Referendarin. Foto: Anastasia SchreiberNachdem sie sich im Personalreferat gemeldet hatte, wurde sie durch die endlos scheinenden unterirdischen Gänge zu ihrem neuen Arbeitsplatz geführt. Im Paul-Löbe-Haus bekam sie ein eigenes Büro. Entsprechend ihrer Präferenz war sie im Sekretariat des Auswärtigen Ausschusses eingesetzt. Es ist einer der größten Ausschüsse des Bundestags, der gleichzeitig zu den wenigen gehört, welche mit Verfassungsrang ausgestattet sind. Bei der Bewerbung können Referendare angeben, welcher Bereich sie besonders interessiert. Neben den Ausschusssekretariaten kommen als Ausbildungsstellen die Fachbereiche der wissenschaftlichen Dienste sowie Referate der Abteilungen "Parlament und Abgeordnete", "Wissenschaft und Außenbeziehungen" sowie die Zentralabteilung in Betracht.

Einer der größten Parlamentsbibliotheken weltweit

An ihrem neuen Arbeitsplatz erwartete die Referendarin vor allem Recherchearbeit. Zur inhaltlichen Vorbereitung einzelner Ausschuss- oder Unterausschusssitzungen musste sie Gutachten zu unterschiedlichsten Themen erstellen. Dabei seien Fremdsprachenkenntnisse unerlässlich gewesen, erzählt die gebürtige Russin. Da viele Quellen auf Englisch sind, sei es eine Grundvoraussetzung, dass man ein sicheres Englisch beherrscht. Auch ihr Russisch konnte die Muttersprachlerin und Übersetzerin mehrfach einsetzen, vor allem im Zusammenhang mit der Analyse aktueller russischer Gesetzgebung. Daneben sollte man eine Affinität für wissenschaftliches Arbeiten mitbringen. Die Bibliothek des Bundestages bietet hervorragende Recherchemöglichkeiten. Sie gehört zu den größten Parlamentsbibliotheken weltweit und lässt keine Wünsche offen, erzählt Schreiber.

Nah am politischen Alltag

Allerdings hat die Referendarin die vier Monate in Berlin nicht nur am Schreibtisch verbracht. Beim Empfang und der Begleitung von Besuchern des Auswärtigen Ausschusses – darunter hochrangige Staatspersonen – wurde sie ebenso eingebunden wie bei der Erstellung von Gutachten und Vermerken. Auch gehörte zur Ausbildung der regelmäßige Besuch von Plenarsitzungen und öffentlichen Anhörungen. Als Referendar ist man nah dran am bundespolitischen Alltag. Schreiber war beispielsweise bei der Vereidigung der neuen Bildungsministerin dabei. Eine nette Nebensache ist, dass Mitarbeiter Privatführungen anmelden und für Freunde oder Familie eine ausgiebige Besichtigung der Gebäude des Bundestags durchführen führen können und so einen Einblick in ihren durchaus imposanten Arbeitsplatz gewähren dürfen. Bei einer Führung kann man regelrecht abtauchen in die unterirdischen Gänge, und unter dem Regierungsviertel und der Spree fast ein kleines Museum entdecken. Zahlreiche Ausstellungsstücke dokumentieren dort die deutsche Parlamentsgeschichte.

Weniger für die Klausuren als für das Leben lernen

Auch wenn es viele Referendare manchmal am liebsten vergessen würden: Am Ende des zweijährigen Vorbereitungsdienstes wartet ein erneuter Klausurenmarathon auf die Kandidaten. Und obwohl man inhaltlich auch juristische Fragen beantwortet, muss man sich als Referendar bewusst sein, dass man in der Verwaltung des Bundestages keine Vorgänge bearbeiten wird, die einen später in den Klausuren erwarten. Wem es hauptsächlich darauf ankommt, sich auf die Prüfung vorzubereiten, sollte seine Verwaltungsstation daher eher auf einer niedrigeren Ebene oder beim Verwaltungsgericht absolvieren. Beim Bundestag kann man sich auch noch für die Wahlstation bewerben – dann hat man die Klausuren bereits überstanden.

Einstellung ohne Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungsverfahren für Rechtsreferendare ist verhältnismäßig unkompliziert. Spätestens sechs Monate vor Beginn der Station sollte man seine Unterlagen an das Personalreferat schicken. Bewerbungsmappen sind ausdrücklich nicht erwünscht, es genügen ein tabellarischer Lebenslauf und Kopien der Zeugnisse über die erste juristische Prüfung, Abitur und die bisher absolvierten Stationen. Ein Bewerbungsgespräch wird nicht geführt. Auch interessant: Auf der Homepage des Deutschen Bundestags gibt es eine Dauerausschreibung: gesucht werden "Geprüfte Rechtskandidatinnen/ Geprüfte Rechtskandidaten". Junge Juristen mit erstem Staatsexamen haben also die Möglichkeit, eine Wartezeit für das Rechtsreferendariat zu überbrücken, indem sie als Sachbearbeiter in der Verwaltung arbeiten. Eingestellt wird nach Bedarf. Besonders interessant sind diese Stellen für Bewerber, die ihr Referendariat ohnehin in Berlin ableisten wollen. Die Hauptstadt rangiert nämlich weit oben, wenn es um Wartezeiten geht.

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