Universitäre Repetitorien

"Nie­mand sollte Geld bezahlen müssen, um das Examen bestehen zu können"

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Die meisten Jurastudenten besuchen zur Examensvorbereitung ein privates Repetitorium. Deren Anbieter bekommen jedoch zunehmend Konkurrenz: Viele Rechtsfakultäten haben interne Lernangebote, die sie immer weiter professionalisieren.

Repetitorien – kurz Reps – sind ein einträgliches Geschäft: Den meisten Schätzungen zufolge verlassen sich zwischen 80 und 90 Prozent aller Jurastudenten vor ihren Prüfungen auf die Hilfe von Fachleuten außerhalb der Universitäten. Je nachdem, wie lang die Kurse laufen, zahlen die Teilnehmer weit über 1.000 Euro für den Besuch eines Reps. Nicht jeder möchte sich das leisten, viele Examenskandidaten sparen sich das Geld dennoch vom Munde ab. Nicht zuletzt, weil "die anderen" das auch machen, und aus Angst, ohne den komprimiert aufbereiteten Stoff schlechtere Chancen zu haben. "An staatlichen Universitäten sollte keiner Geld dafür bezahlen müssen, um ein Examen bestehen zu können", ist Maximilian Weinrich überzeugt. Er ist einer von vier wissenschaftlichen Mitarbeitern in der Koordinations- und Informationsstelle für die Examensvorbereitung an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg. Auch vor dem Start dieser Einrichtung vor zehn Jahren gab es schon einzelne Examenskurse der Professoren, "aber durch das vom Studiendekanat organisierte Uni-Rep sind die Angebote in in einem größeren Gesamtangebot strukuriert worden", sagt Weinrich. Die Examenskurse sind nach wie vor der Kern der Examensvorbereitung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Angebote für Examenskandidaten, die es in kommerziellen Reps nicht gibt, darunter zum Beispiel Vorbereitungskurse durch weitere Lehrkräfte in der vorlesungsfreien Zeit. "Während viele kommerzielle Anbieter sich auf das Besprechen von Falllösungen konzentrieren, will unser Uni-Rep den Examenskandidaten vor allem das Wissen vermitteln, das sie befähigt, auch unbekannte Prüfungsfälle zu lösen", so Weinrich.

Weitere Vorbereitungsmöglichkeiten an der Würzburg sind das Schreiben von Klausuren und mündliche Prüfungen unter Examensbedingungen. In der sogenannten Klausurenwerkstatt bekommen Studenten zudem eine individuelle Einschätzung zu ihren Prüfungsergebnissen: War die Gliederung korrekt? Wurde der Gutachtenstil beachtet? Stimmte die Schwerpunktsetzung? Wie war das Zeitmanagement in der Klausur? Wie sind Korrekturbemerkungen zu verstehen?
Wer sich lieber in Kleingruppen statt in Repetitorien vorbereitet, kann sich in Würzburg auch mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern treffen, um relevante Fälle und Fragen zu besprechen. Und Studenten, die am liebsten ganz allein lernen, beraten Weinrich und seine Kollegen bei der individuellen Lernplanerstellung. "Mit diesem vielseitigen Angebot will unser Uni-Rep den Studenten Mut machen, ihren eigenen Weg des Lernens zu finden", so Weinrich. "Das kann, muss aber nicht zwangsläufig der Besuch eines Repetitoriums sein."

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Feste Professoren für wiederkehrende Examenskurse

Ebenfalls zu den Ersten, die ein internes Rep anboten, gehört die Universität Passau mit einem eigens gegründeten Institut für Rechtsdidaktik. Drei neue Professoren wurden 2008 eingestellt: einer für Öffentliches Recht, einer für Zivilrecht, einer für Strafrecht. "Die Examenskurse in den jeweiligen Gebieten werden also immer von den gleichen Professoren gehalten, sodass es bei der Vermittlung der Inhalte keine Reibungsverluste gibt", erklärt Prof. Dr. Urs Kramer. Zweimal im Jahr finden Probeklausuren und mündliche Probeprüfungen auf Examensniveau statt. Das Besondere an der Universität Passau sind die Einzelcoachings: Mit den Professoren oder auf Wunsch mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter können die Studenten über ihre Klausuren sprechen, wobei es dabei weniger um die Lösung als vielmehr um die Methodik geht. "Diese Einzelcoachings bedeuten für uns zwar viel zusätzlichen Aufwand", sagt Kramer. "Aber da mittlerweile 150 bis 180 Studenten den Hörsaal komplett füllen, wäre eine individuelle Förderung auf andere Art und Weise nicht mehr für alle Jurastudenten möglich." Das Einzelcoaching kommt bei den Eingeschriebenen gut an: "Allein, dass sich jemand Zeit für sie nimmt, empfinden viele schon als positiv", so die Beobachtung des Professors.
Den Unterschied zu kommerziellen Repetitorien sieht Kramer vor allem in der Methodenvermittlung: "Wir legen Wert darauf, dass die Studierenden den Stoff verstanden haben statt ihn bloß auswendig zu lernen." Hinzu komme, dass die Uni-Professoren im Gegensatz zu den Repetitoren wüssten, was im Examen tatsächlich geprüft wird, sodass sie realistischere Fälle aussuchen könnten. Das Angebot lockt auch andere Studenten an: Vor allem in den oberen Semestern, wenn es in Richtung Examen geht, verzeichnet die Universität regelmäßig Zuwächse bei den Studentenzahlen, was Kramer auch auf die Angebote zur Examensvorbereitung zurückführt. "Natürlich gehen eine ganze Reihe unserer Studenten nach wie vor auch zu den kommerziellen Anbietern", sagt der Professor. Darüber ist er sogar ein wenig froh: "Wir hätten vermutlich gar nicht die Kapazitäten, alle unsere Studenten selber zu betreuen. Aber es motiviert und bestärkt uns natürlich, wenn sich trotzdem der größte Teil jedes Jahrgangs uns anvertraut, indem er unsere Angebote nutzt."

E-Learning-Plattform für Studierende mehrerer Unis

Auch die Universität Münster füllt mit ihren Reps Hörsäle mit bis zu 300 Personen. "Die Zeiten, in denen man sich wegen des Geldbeutels und nicht wegen der Qualität für das Uni-Rep entscheidet, sind zumindest in Münster vorbei", meint Volker Reuschenbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Uni-Rep-Servicebüro. Dieses koordiniert nicht nur die auch hier angebotenen Examenskurse, sondern bereitet auch alle Examensmaterialien professionell auf. "Unser Redaktionsteam orientiert sich dabei an der Qualität von Verlagsprodukten", erklärt Reuschenbach. Die so entstehenden Lehrbücher werden als Printausgabe, aber auch als E-Book und auf einer E-Learning-Plattform angeboten und aktualisiert. Auf der Plattform finden sich zudem alle Kursunterlagen, eine Auswertung von Ausbildungszeitschriften, Online-Lektionen mit Examensthemen zur Kursvor- und -nachbereitung, ein Pool mit rund 500 original Examensklausuren sowie Examensvorträgen, ein E-Klausurenkurs, Podcasts, Urteilsregister sowie Selbsttests mit interaktiven Lernfragen.
Die Angebote können nicht nur Studenten von der Universität Münster nutzen, sondern auch ihre Kommilitonen aus Bielefeld, Bochum, Düsseldorf und Frankfurt an der Oder. "Die Prüfer dieser Hochschulen erarbeiten gemeinsam Materialien und die Unis kooperieren im halbjährlichen Online-Probeexamen", berichtet Reuschenbach. Er ist davon überzeugt: "Wir haben als Universitäten die Verantwortung für unsere Studenten – vor allem in ihrer wichtigsten Ausbildungsphase kurz vor ihrem Examen." Dementsprechend müsse auch die Qualität stimmen, das sei schließlich auch im Sinne der Universität selber, so Reuschenbach: "Wir wollen nicht nur einen akademischen Leuchtturm aufbauen, sondern auch mit guten Absolventen glänzen." 

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