Einführung des Teilzeit-Referendariats

Schafft das Teil­zeit-Ref wir­k­lich Ent­las­tung?

von Katharina UharekLesedauer: 5 Minuten

Stationsarbeit, AGs, Probeklausuren und nebenbei das Kind oder die Eltern versorgen. Um das zu ermöglichen, müssen die Bundesländer ab Januar 2023 ein Referendariat in Teilzeit anbieten. Wie weit sind sie mit der Umsetzung?

Die Forderung nach flexiblen Arbeitszeitmodellen wird auch im juristischen Bereich lauter. Nach Änderung des DRiG müssen die Bundesländer ab dem 1. Januar 2023 ein Referendariat in Teilzeit ermöglichen. Die Regelung gilt aber nicht für jeden und nur für besondere Umstände.

So soll es insbesondere für Referendar:innen, die Kinder unter 18 Jahren betreuen oder Familienangehörige pflegen, möglich sein, die Zeit des Referendariats auf zweieinhalb Jahre zu verlängern und sich die Ausbildungszeiten flexibel einzuteilen. Was sich bahnbrechend anhört, bringt für Eltern und pflegende Familienmitglieder im Grunde nur einen geringen Mehrwert.

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Der lange Weg zur Teilzeitregelung

Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzten sich schon 2017 die Länder Brandenburg und Niedersachsen im Bundestag für die Einführung einer Teilzeitregelung ein. Weil eine Änderung des Deutsches Richtergesetzes (DRiG) nicht bis zum Ende der Legislaturperiode 2017 umgesetzt werden konnte, verzögerte sich das Vorhaben um etliche Jahre.

Um das Referendariat in Teilzeit zu ermöglichen, wurde schließlich im Jahr 2021 der § 5b Absatz 1 DRiG geändert. Dieser sah für den juristischen Vorbereitungsdienst eine starre Laufzeit von 24 Monaten vor, die einer möglichen Teilzeitregelung entgegenstand.

Mit der im Juni 2021 beschlossenen Gesetzesänderung müssen die Länder bei Vorliegen der Voraussetzungen den Vorbereitungsdienst in Teilzeit anbieten. Eine Regelung des Teilzeit-Referendariats auf Bundesebene setzte sich aufgrund der verschiedenen Landesregelungen der Juristenausbildung nicht durch.

Somit liegt es an den Landesgesetzgebern, eine entsprechende Regelung in die Ausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen zu integrieren. Um den Bundesländern ausreichend Vorbereitungszeit zur Umsetzung der neuen Regelung zu geben, tritt § 5b DRiG erst am 1. Januar 2023 in Kraft.

Nicht jeder darf die Teilzeit-Option wählen

Das Referendariat in Teilzeit soll weiterhin eine Ausnahme bleiben. Die Sonderregelung ist nur im Falle der tatsächlichen Betreuung oder Pflege mindestens eines Kindes unter 18 Jahren oder eines laut ärztlichen Gutachtens pflegebedürftigen Ehegatten, Lebenspartners oder in gerader Linie Verwandten möglich. Eine weitere Ausnahme gilt für vergleichbare besondere persönliche Gründe sowie Personen mit Behinderung.

Die flexiblere Zeiteinteilung der Ausbildung soll für mehr Lebensqualität sorgen und in vielen Fällen eine Ausbildung zur Volljuristin oder zum Volljuristen erst ermöglichen. Nach dem Gesetzesentwurf aus NRW sei die Eingrenzung des Personenkreises zwingend notwendig, um "Missbrauch in Form von längerer Vorbereitungszeit auf die zweite juristische Staatsprüfung" zu verhindern.

Dass viele Referendar:innen bei einer Teilzeit-Option ohne Einschränkung des Personenkreises erwägen würden, ihre Vorbereitungszeit zu verlängern, ist naheliegend. Der Grund dafür dürfte wohl darin liegen, dass Lernphasen vor den Prüfungen im Ausbildungsplan nicht vorgesehen sind. Ein möglicher "Missbrauch" der Teilzeitregelung entspringt wohl eher dem Wunsch nach Entlastung.

Wie weit sind die Bundesländer?

Während Berlin, Brandenburg, Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen noch über die Umsetzung der Teilzeitregelung beraten, wird in NRW, Bayern, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Niedersachsen bereits über konkrete Gesetzesentwürfe diskutiert und die Gesetzesänderung vorbereitet. In Baden-Württemberg wird derzeit über die Änderung der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPrO) abgestimmt.

Das Saarland hat eine entsprechende Teilzeitregelung sogar schon verabschiedet. Auf Nachfrage von LTO im März teilte das Justizministerium Schleswig-Holstein mit, dass über einen Entwurf beraten werde.

Insgesamt sind in allen Bundesländern die Vorbereitungen für die Teilzeitoption in vollem Gange. Im Folgenden werden anhand einiger ausgewählter Gesetzesentwürfe die verschiedenen Modelle erläutert.

NRW: Verringerung der Dienstzeit um maximal 20 Prozent

NRW ist auf die kommenden Änderungen vorbereitet und stellt in seinem Gesetzesentwurf zur Einführung des juristischen Vorbereitungsdienstes in Teilzeit die neuen Regelungen vor. Danach sollen Referendarinnen und Referendare die Dienstzeit um maximal 20 Prozent verringern können. Es sind zwei verschiedene Modelle vorgesehen, um die Stationszeiträume möglichst frei gestalten zu können.

Das erste Modell sieht vor, dass nach Wunsch der Referendarin oder des Referendars beliebige Stationen anteilig verkürzt oder verlängert werden können. Um bei Verkürzung einer Station nichts zu verpassen, ist die Option zur Einzelausbildung vorgesehen. Die Gesamtzeit des Referendariats verlängert sich damit abhängig von der in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung. Allerdings kann das Referendariat maximal auf zweieinhalb Jahre verlängert werden. 

Das zweite Modell sieht eine vollständige Freistellung von bis zu sechs Monaten vor Anfertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten vor. Damit soll Eltern und Personen, die sich neben den Stationen familiären Pflichten gewidmet haben, ausreichend Vorbereitungszeit für die Klausuren eingeräumt werden.

In jedem Modell ist für die Teilzeit-Referendar:innen in NRW eine reguläre Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften vorgesehen. Ein Ausgleich soll dadurch geschaffen werden, dass während der Wunsch-Verlängerung einer Station oder der Freistellung keine Zuweisung zu einer Arbeitsgemeinschaft erfolgt.

Referendar:innen, die das Teilzeitmodell gewählt haben, erhalten in NRW über den gesamten Zeitraum eine jeweils um 1/5 gekürzte Unterhaltsbeihilfe. Soweit sie zusätzlich einer Nebentätigkeit nachgehen, kann die Unterhaltsbeihilfe entsprechend angepasst werden.

Auch Niedersachsen und Bayern setzen Regelung bereits um

Auch in Niedersachsen und Bayern hat die Debatte zur Umsetzung einer Teilzeitregelung bereits begonnen. Der neue Gesetzesentwurf für das Niedersächsische Gesetz zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen (NJAG) sieht nun eine Teilzeitregelung für den Vorbereitungsdienst nach Maßstäben des DRiG vor.

Die Regelungen in Niedersachsen gleichen dabei denen aus NRW. Auch hier wird der reguläre Vorbereitungsdienst um ein Fünftel reduziert. Der dazu gewonnene Zeitraum von sechs Monaten soll nach Wahl des Referendars oder der Referendarin auf die Pflichtstationen verteilt werden.

Bayern hat ein anderes Modell entwickelt. Die Gesamtdauer des Vorbereitungsdienstes wird zwar ebenfalls um sechs Monate verlängert, der Zeitraum schließt sich jedoch verpflichtend an das Ende der Rechtsanwaltsstation an. Die bayerische Regelung gleicht somit dem zweiten Modell aus NRW. Eine selbstbestimmte Wahl freier Zeiträume ist in Bayern wegen des festgelegten Zeitpunkts nach der Anwaltsstation nicht möglich.

Was bringt die Teilzeit-Regelung?

Die Möglichkeit, das Referendariat auch in Teilzeit absolvieren zu können, war längst überfällig. Auch der DAV begrüßt die Entwicklungen zum Teilzeit-Referendariat und bezeichnet es als wichtigen Baustein, um die juristische Ausbildung wieder attraktiver zu machen.

Erste Kritik speziell an dem niedersächsischen Entwurf äußerte der Deutsche Juristinnenbund (djb). Der Personenkreis, der ein Teilzeit-Referendariat für sich beanspruchen kann, sei deutlich zu begrenzt. Dazu könne eine Reduzierung um ein Fünftel keinen angemessenen Ausgleich schaffen. Wenn schon ein Referendariat in Teilzeit angeboten wird, müsse es auch einen Mehrwert bieten, meint der djb.

Viele Referendar:innen haben während des Vorbereitungsdienstes bereits eine Familie gegründet oder haben dies geplant. Ob mit dem Teilzeit-Modell tatsächlich eine freiere Zeitgestaltung möglich wird und die Verringerung auf achtzig Prozent ausreicht, ist fraglich. So ist gerade die verpflichtende Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften und das Schreiben fünfstündiger Klausuren zum Beispiel für Personen mit Kindern schwer einzurichten. Das Teilzeit-Referendariat in seiner jetzigen Form leistet kaum Abhilfe für die Zeiträume, in denen Arbeitsgemeinschaften, Stationsarbeit und Examensvorbereitung zusammenfallen.

Eine Möglichkeit, die AG-Teilnahme zu reduzieren, ist für das Teilzeit-Modell bisher in keinem Bundesland vorgesehen. Ebenso ist es ausgeschlossen, nach Beginn des Referendariats zwischen Teilzeit und Vollzeit zu wechseln. Der Personenkreis, der die Teilzeit-Regelung dringend benötigt, ist zur Entlastung größtenteils wohl weiterhin auf Freunde, Familie und wohlgesonnene Ausbilder:innen angewiesen.

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