Studiengang "Law and Economics"

Morgens Recht, nachmittags Rechnen

von Anna K. BernzenLesedauer: 3 Minuten
Jura und die Wirtschaftswissenschaften: An einigen deutschen Universitäten sind sie unter dem Dach eine Fakultät vereint. In Bonn werden sie ab diesem Semester sogar in einem Studiengang kombiniert: Auf dem Weg zum Bachelor in "Law and Economics" erlernen Studenten dort klassische juristische Inhalte kombiniert mit ökonomischer Methodik. Anna K. Bernzen über einen Studiengang, der die Verbindung der beiden Zweige wagt.

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Den Unterschied zwischen Gefährdungshaftung und Verschuldenshaftung kennt der fleißigen Jurastudenten bereits aus der Anfängervorlesung im Deliktsrecht: Gefährdungshaftung? Da war doch etwas mit Luxustieren und Fahrzeughaltern. Verschuldenshaftung? Klar, dafür muss irgendjemand Schuld sein. Eines kennen die meisten angehenden Juristen aber noch nicht mal nach intensiver Examensvorbereitung: den Unterschied, den die Entscheidung eines Gesetzgebers für oder gegen das Gefährdungs- oder das Verschuldensprinzip für die heimische Volkswirtschaft machen kann. Auch mit Begriffen wie "Pareto-Effizienz", "Coase-Theorem" oder "Learned-Hand-Formel" können die meisten nur wenig anfangen. Den 30 Erstsemesterstudenten, die in diesen Wochen als erster Jahrgang des neu eingerichteten Studiengangs "Law and Economics" die Hörsäle der Universität Bonn bevölkern, soll es bald anders gehen: Ihre Ausbildung, die etwa zu zwei Dritteln aus juristischem Stoff und zu einem Drittel aus wirtschaftswissenschaftlichen Inhalten besteht, soll sie befähigen, an der Schnittstelle zwischen dem Recht und der Ökonomie zu denken und zu arbeiten. "Es ist schwierig, ausgebildeten Juristen nachträglich ökonomisches Handwerkszeug beizubringen. Für fertige Wirtschaftswissenschaftler ist es dagegen mühsam, die rechtlichen Strukturen in der nötigen Fundiertheit zu erlernen. Ziel unseres Studiengangs ist es daher, diese Kompetenzen von Anfang an zu vereinen", so erklärt es Professor Daniel Zimmer.

"Den Fokus auf Rechtsetzung und Rechtsanwendung legen"

Der geschäftsführende Direktor des Centers for Advanced Studies in Law and Economics der Universität Bonn, an dem der neue Studiengang angesiedelt ist, war zusammen mit zwei Kollegen – einem weiteren Juristen, einem Ökonomen – maßgeblich an der Konzeption der doppelten Ausbildung beteiligt. Ähnlich, wie die meisten interdisziplinären juristischen Studiengänge an deutschen Universitäten, ist auch "Law and Economics" auf eine Regelstudienzeit von sechs Semestern angelegt, an deren Ende ein Bachelorabschluss steht. Ähnlich, wie viele der neuartigen Studiengänge, vermittelt auch dieser fundierte juristische Kenntnisse. Nach sechs Semestern des Bachelorstudiums haben die Studenten en passant die Zwischenprüfung abgelegt. Als eines der ersten setzt das Bonner Konzept jedoch nicht auf praktisches betriebswirtschaftliches Wissen: "Wir wollen uns weniger auf das Einzelunternehmen konzentrieren und unseren Fokus stärker auf Rechtsetzung und Rechtsanwendung legen", so Zimmer. Die wirtschaftswissenschaftlichen Studieninhalte bieten daher in Veranstaltungen wie Mathematik und Statistik das methodische Rüstzeug für eine volkswirtschaftliche Betrachtung von Recht und Gesetzen. Brückenveranstaltungen mit Titeln wie "Mikroökonomische Analyse des Wettbewerbsrechts" vereinen die beiden Studienfächer. Auch die Bachelorarbeit, in der am Ende des Studiums ein juristisches Problem aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht analysiert wird, erfordert Wissen aus beiden Gebieten. Und: Der Anspruch an die Abschlussarbeit ist hoch, ist der Studiengang doch nicht nur interdisziplinär, sondern auch wissenschaftlich angelegt.

Kanzlei, Unternehmensberatung, Bundeskartellamt?

Nach dem Bachelor besteht für die Studenten daher die Möglichkeit zur Promotion, etwa in einem der Bonner Promotionsprogramme. Ebenso vielfältig wie die Weiterbildungsoptionen seien die Berufsmöglichkeiten der Absolventen, glaubt Zimmer: "Die Studenten können ihr Handwerkszeug in der Anwaltschaft anwenden, in Unternehmen, der Beratung oder der spezialisierten Verwaltung, etwa dem Bundeskartellamt oder der Finanzaufsicht." Spricht man mit Studenten des ersten Jahrgangs, scheint genau dies für viele den Reiz des Fachs auszumachen: "Durch die Zusatzqualifikation, die mich von normalen Jura-  oder VWL-Studenten unterscheidet, steht mir ein breiteres Spektrum an Berufen zur Verfügung", sagt eine Studentin. Denn für sie, wie für viele ihrer Kommilitonen, gilt: "Ich strebe ein Berufsfeld an der Schnittstelle zwischen Jura und VWL an." Mit ihrer Kombination aus Jura und Volkswirtschaftslehre, aus interdisziplinärem Lernen und wissenschaftlichem Arbeiten haben die Bonner offensichtlich einen Nerv getroffen. Das zeigt nicht nur die Einrichtung eines neuen Lehrstuhls für "Law and Economics", der ab Oktober von Professor Tim Friehe besetzt wird. Das zeigen auch die Bewerberzahlen: 1.412 Bewerbungen gingen bei der Zulassungsstelle der Universität für 30 Studienplätze ein. In den nächsten Jahren, so hofft man, soll diese Zahl noch wachsen.

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